
Quellen zur Geschichte der Juden in Hessen 1933-1945
Einführung
Diese in verschiedenen Praktikumsseminaren mit Studierenden der Universität Bielefeld erarbeitete Quellensammlung zur Geschichte der Juden 1933-1945 dokumentiert in annähernd 100 Ausstellungsräumen eine Auswahl wesentlicher Dokumente aus den Beständen des Staatsarchivs Marburg. Ausgewertet und online gestellt wurden Unterlagen aus den Akten verschiedener Gemeinden bzw. Städte (wichtig hier vor allem 330 Kirchhain), ausgewählter Landratsämter (insbesondere 180 Marburg sowie 180 Bad Wildungen, Biedenkopf, Frankenberg, Fritzlar, Wolfhagen), aus den Polizeiakten des Regierungspräsidenten Kassel im Bestand 165 sowie schließlich aus der Beständegruppe 274 Staatsanwaltschaften, die jeweils nach dem Provenienzprinzip gegliedert sind. Hierbei wurden die Strafverfahren vor dem Landgericht Marburg zur Marburger Synagogenbrandstiftung 1938 sowie zum Landfriedensbruch in Kirchhain 1938 annähernd vollständig digitalisiert und im Internet verfügbar gemacht.
Aus diesen Unterlagen können nunmehr die wichtigsten Etappen in der Ausgrenzung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung seit 1933 bis hin zu den Deportationen und zur Vernichtung ab 1941/42-1945 mit vielen Einzeldokumenten aus der nordhessischen Region in ihren wesentlichen Zusammenhängen rekonstruiert werden. Dies bezieht sich zugleich auf die justizielle Aufarbeitung der NS-Verbrechen in Hessen nach 1945, die breit dokumentiert ist.
Die vorliegende Quellensammlung war nicht zuletzt eine grundlegende Vorarbeit für die in wesentlichen Teilen darauf aufbauende Ausstellung des Staatsarchivs Marburg „Pogromnacht - Auftakt am 7. November 1938 in Hessen“ vom 5.11.2008 - 15.5.2009, deren Internet-Version in der gleichnamigen DigAM-Ausstellung abrufbar ist. Zahlreiche Online-Dokumente aus der Pogromnacht-Ausstellung sind im Katalogteil des im Januar 2011 erschienenen Tagungsbandes „Die Verfolgung der Juden während der NS-Zeit“ [siehe Abbildung links] abgebildet.
Mein besonderer Dank gilt den Teilnehmern der Praktikumsseminare der Universität Bielefeld, namentlich Robert Bache, Jan Hendrik Höltje, Nina Koch, Anne Lammers, Katrin Rack, Marcel Reck und Christian Siekmann sowie ferner Martin Platt von der Universität Jena und Jan Klingelhöfer von der Universität Marburg, die vom SS 2006 bis zum SS 2008 unter Anleitung des Unterzeichneten mit großem Engagement, besonderer Empathie und bemerkenswerter Sachkompetenz dazu beigetragen haben, dass dieser umfassende Dokumentenfundus aus dem Staatsarchiv Marburg zur Geschichte der Juden in Hessen 1933-1945 vorgelegt werden konnte.
Reinhard Neebe, Projektleiter DigAM

Judenangelegenheiten und Judenvermögen 1938 - 1939
Die Akte "StAM 180 Marburg, Nr. 2939: Judenangelegenheiten und Judenvermögen 1938-1939" enthält zahlreiche Dokumente, die sich primär mit der Arisierung der Wirtschaft und der Erfassung und dem Verkauf jüdischer Grundstücke auseinandersetzen. Ziel dieser Verordnungen war es, den deutschen Juden, und später auch den Juden ausländischer Staatsangehörigkeit, die Lebensgrundlage in Deutschland zu entziehen und ihr Vermögen in deutsche Hände übergehen zu lassen. Die Reichspogromnacht vom 09./10 November und die anschließenden Gesetze und Verordnungen hatten deutlich gemacht, dass die jüdische Bevölkerung sich nun nicht mehr nur der Diskriminierung und Ausgrenzung ausgeliefert sah, sondern dass es nun zu einer systematischen Verfolgung und Enteignung kommen sollte.
Die Ausstellung dokumentiert allgemeine Fallbeispiele, wie der Verkauf jüdischer Grundstücke/Häuser/Geschäfte vonstatten ging und welche Formalien eingehalten werden mussten. Es wurde ein Fall aufgenommen, bei dem die Transaktion "normal" ablief und es wurde ein Fall dokumentiert, bei dem sich der jüdische Verkäufer über den Ablauf des Verkaufes beschwert (in diesem Fall über die Herabsetzung des Kaufpreises).
Der Reichswirtschaftsminister Walther Funk (1937-1945) erließ zahlreiche Verordnungen "über die Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben" und über die Anmeldung und den Einsatz jüdischen Vermögens. Die "Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben" (RGBl. 1938 I, S. 1580) vom 12. November 1938 hatte das Ziel, den Juden ihre Existenzgrundlage in Deutschland zu entziehen und damit ihre Auswanderung zu forcieren. Wie systematisch die NS-Regierung hier vorging, zeigt sich in an der Fülle von Verordnungen und Formalien seitens des Reichswirtschaftsministers.
Die Dokumente sind zum einen chronologisch geordnet und zum anderen thematisch.
Bearbeitet von Marcel Reck, Jan Klingelhöfer und Christian Siekmann
Der Kreisbauernführer äußert Bedenken gegen die Genehmigung des Grundstückverkaufs von dem Juden Simon Ziegelstein an Johannes Wagner. Der Verkaufspreis sei nicht angemessen, da es sich bei dem Land um Fließsandboden handle und das Grundstück im Überschwemmungsgebiet der Lahn liege.
Das Schreiben verweist auf den Durchführungserlass des Reichswirtschaftsministeriums über den Einsatz jüdischen Vermögens vom 06.02.1939. Gesonderte Punkte werden vom Regierungspräsidenten näher erläutert. Dies betrifft u.a. die Differenz zwischen Verkaufspreis und Verkehrswert bei einem jüdischen Grundstück, die zu Gunsten des Reiches als Ausgleichszahlung anfallen sollte.
Das Schreiben geht an folgende Stellen:
die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks Kassel,
die Gauswirtschaftsberater der NSDAP in Kassel, Frankfurt/Main und Weimar
den Polizeipräsidenten in Kassel und den Polizeidirektor in Hanau,
den Oberpräsidenten (Landesklturabteilung) in Kassel
und diverse andere Stellen.
Erlass des Reichswirtschaftsministers Walther Funk betreffend die "Durchführung der auf Grund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden erlassenen Anordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan vom 26.04.38"
Es soll eine genaue Übersicht über den Umfang und die Einflussmöglichkeiten des jüdischen Kapitals auf die gesamte deutsche Wirtschaft ermittelt werden. Ferner soll die Möglichkeit ausgelotet werden, dieses Kapital im Interesse des deutschen Volkes zu lenken. Die geplante "Arisierung" des jüdischen Eigentums bedarf unter anderem der Zustimmung des zuständigen NSDAP Gauleiters. Veräußerungen eines Betriebes an Juden sind grundsätzlich nicht gestattet. Neugründungen (beinhaltet auch Umsiedlungen von bestehenden Geschäften) sowie Verpachtung an jüdische Geschäftsleute bleibt versagt.
Bezug auf den Erlass des Reichswirtschaftsministers vom 05. Juli 1938 III Jud. 2818/38 betreffend "Durchführung der auf Grund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden erlassenen Anordnung des Beauftragen für den Vierjahresplan vom 26. April 1938 (Reichsgesetzbl. I. S. 415)".
Rechtsanwalt Schilling bittet um Auskunft beim Landrat in Marburg über die Bestimmungen beim Grundstücksverkauf aus jüdischer Hand.
vgl. hierzu: Antwortschreiben des Landrates
Mit dem Schreiben informiert der Landrat in Marburg den Notar Koch in Marburg über die Bestimmungen beim Grundstücksverkauf aus jüdischer Hand (vgl. hierzu Dokument: "Meldepflicht bei Grundstücksverkäufen aus jüdischer Hand")
Der Regierungspräsident nimmt Bezug auf das Schreiben vom 09. November 1938. Eine Nachprüfung des Kaufpreises scheint nicht möglich.
Bl. 33 - 37: Der Kaufvertrag vom 09. November beinhaltet übliche Vertragsmodalitäten. Das Grundstück wird für 10.100 Reichsmark an das Ehepaar Kiesselbach verkauft.
Die Begründung dafür erfolgt u.a. mit Hinweis auf das öffentliche Interesse in diesem Zusammenhang.
Das Schreiben des Reichsministers mit dem Vermerk "Eilt sehr!", fordert eine genaue Übersicht über die vorhandenen landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Grundstücke in jüdischen Händen, in den jeweiligen Amtsbezirken.
Diesbezügliche Antworten sollen den Namen des jüdischen Eigentümers und der Gemeinde, als auch die ungefähre Größe des Grundstücks enthalten. Es soll anfänglich nur eine annähernd passende Bestandserfassung des ländlichen jüdischen Besitzes vorgenommen werden.
Auf Blatt 52 v: ein handschriftlicher Vermerk mit der Überschrift "Grundbesitz in jüdischem Eigentum".
"Durch die Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem Deutschen Wirtschaftsleben vom 12. November 1938 scheiden die Juden vom 1. Januar 1939 ab als Unternehmer aus dem Einzelhandel, dem Handwerk und dem Marktverkehr endgültig aus."
Aufgrund der Reichspogromnacht geschlossende jüdische Geschäfte sollen nicht wieder eröffnet werden. Ausnahmen nur, sofern der Besitz in nichtjüdische Hände übergegangen ist. Selbiger Erlass gilt für jüdische Gaststätten. Die Verordnung betrifft auch Juden ausländischer Staatsangehörigkeit.
Bei der Durchführung der "laufenden Entjudungsgeschäfte" sei "sorgfältig dauf zu achten, daß deutsche Exportinteressen, soweit irgendmöglich, berücksichtig werden."
Jüdische Großhandels- und Fabrikationsbetriebe werden in ihrer wirtschaftlichen Funktion vorläufig noch nicht vom Erlass betroffen.
Korrektur/Ergänzung der "Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem Deutschen Wirtschaftsleben vom 12. November 1938". Durch Versehen der Kanzlei wurde folgender Zwischensatz weggelassen: "2.) Auch jüdische Gaststätten, die nicht ausdrücklich mit der Beschränkung auf den Besuch von Juden zugelassen sind, ersuche ich in gleicher Weise geschlossen zu halten."
Ergänzung des Schreibens vom 30.12.1938. Die Anordnungen des Funkspruchs beziehen sich auch auf Handwerksbetriebe ausländischer Juden im Deutschen Reich.
Beim Erwerb jüdischen Vemögens ist eine "Geldbuße" zu Gunsten des Reiches zu zahlen, unter Berücksichtigung des aktuellen Einheitswertes und des tatsächlichen Verkehrswertes.
Bezug auf Reichsgesetzblatt I S. 1709 vom 03.12.1938.
Richtlinien für die weitere Entjudung des Grundbesitzes nach Ministerpräsident Göring und anderen: Primär "jüdische Fabriken und Geschäftshäuser und dann auch alle anderen Grundstücke" sollen zügig und unter Genehmigung der Landräte und Oberbürgermeister in "arischen Besitz" übergehen.
Die Kaufpreise sollen angemessen sein, da die jüdische Bevölkerung ohnehin durch andere Abgaben belastet sei. Bei Verkäufen sind Parteigenossen und "alte Kämpfer" zu bevorzugen. Bei der Durchführung der "Arisierung" wird um "ständige[r] Fühlungnahme" mit den Kreisleitern" ersucht.
Der Schnellbrief des Beauftragen für den Vierjahresplan Hermann Göring betrifft den Verkauf von jüdischen Grundstücken.
Das Schriftstück weist darauf hin, dass Juden auch in Zukunft in deutschen Geschäften kaufen sollen und es dementsprechend nicht förderlich sei, sollte der Verkauf an Juden durch irgendwelche Maßnahmen behindert werden. Auf diese Art sei es möglich, alle jüdischen Gewerbebetriebe zu schließen.
Der Kasseler Regierungspräsdent ersucht die Landräte und Oberbürgermeister von Fulda, Hanau, Kassel und Marburg, bei der Genehmigung von Grundstücksverkäufen Juden mit ausländischer Staatsanghörigkeit "besonders anzugeben." Bei Beteiigung eines Juden gehe die Entscheidungsbefugnis auf ihn über.
Der Schnellbrief verbietet den Ankauf von Edelmetallen durch Juden. Gleichzeitig wird diesen vorgeschrieben, im Falle des beabsichtigten Verkaufes von Edelmetallen aus ihrem Besitz, dies ausschließlich über staatliche Pfandleihstellen abzuwickeln.
Über die Regierungspräsidenten werden die Verfügungen des Schnellbriefes an die Landräte und Oberbürgermeister weitergeleitet.
Der Landrat in Marburg erbittet Stellungnahme des Bürgermeisters von Bürgeln, zur eingegangenen Klage Anna Klees, betreffend den Erwerb des Anwesens der Jüdin Bertha Hess durch den Ortsbauernführer Veit.
Der Bürgermeister verteidigt mit dem urschriftlichen Antwortschreiben das Vorgehen gegenüber Anna Klee, die laut seiner Aussage inzwischen auf das Erwerbsansinnen verzichtet hat.
vgl. hierzu: Dokument zum Verfahren beim Verkauf jüdischer Grundstücke
Die Dokumente enthalten u.a.:
- Verordnung über eine Sühneleistung der Juden deutscher Staatsangehörigkeit
- Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben
- Verordnung zur Wiederherstellung des Straßenbildes bei jüdischen Gewerbebetrieben
- Verordnung zur Durchführung der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben
- Zweite Verordnung auf Grund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden
- Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens
Das Gesetz enthält folgende Verordnungen:
- Verordnung über eine Sühneleistung der Juden deutscher Staatsangehörigkeit
- Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben
- Verordnung zur Wiederherstellung des Straßenbildes bei jüdischen Gewerbebetrieben
- Verordnung zum Schutz gefährdeten landwirtschaftlichen Grundbesitzes in sudetendeutschen Gebieten
- Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung über Fleisch- und Wurstpreise
- Verordnung über die Polizeiverordnungen der Reichsminister
Das Reichsgesetzblatt enthält:
- Verordnung zur Änderung der Verordnung des Führers und Reichskanzlers zum Wehrmachtversorgungsgesetz
- Gesetz über das Feuerlöschwesen
- Verordnung über den einheitlichen Anstrich der Fahrzeuge des Güterfernverkehrs
- Verordnung über die Schutzzeit für Rehwild und andere Wildarten
- Zweite Verordnung zur Überleitung des Reichsjagdrechts im Lande Österreich
- Fünfte Verordnung zur Durchführung der Deutschen Gemeindeverordnung
- Verordnung über ergänzende Vorschriften zur Wehrmachtfürsorge- und versorgungsgesetz für die Angehörigen der ehemaligen österreichischen Wehrmacht, die als Soldaten in die Wehrmacht übernommen oder eingesetellt worden sind, und deren Hinterbliebende
- Ergänzung der Verordnung über die Ernennung und die Beendigung des Beamtenverhältnisses der Beamten der Reichsfinanzverwaltung und der Finanzverwaltung der Länder ohne Preußen
- Zweite Verordnung auf Grund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden
Das Reichsgesetblatt enthält:
- Gesetz über die Wiedervereinigung der Sudetendeutschen Gebiete mit dem Deutschen Reich
- Verordnung zur Durchführung der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben
- Verordnung über die Einführung des Gesetzes über Wirtschaftswerbung in den Sudetendeutschen Gebieten
- Verordnung über die Verordnung des Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung des Außenhandels im Lande Österreich sowie über die Errichtung einer Außenhandelsstelle in Wien
Enthält:
3.12.38 Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens

Die Dokumente, die in diesem Ausstellungsraum zu sehen sind, stellen eine Auswahl aus der Landratsamtsakte 180 Marburg 3593 dar. In dieser Akte befindet sich Schriftwechsel des Landrats in Marburg aus den Jahren 1934-1943, der sich mit Juden und Fragen ihrer Rückkehr aus dem Ausland sowie ihrer Auswanderung bis hin zu den Deportationen befasst. Bei der Auswahl der Dokumente wurde darauf geachtet, sowohl die staatlichen Maßnahmen als auch Einzelschicksale aus dem Landkreis Marburg zu erfassen. Da nicht alle Dokumente im Rahmen dieser Einführung vorgestellt werden können, sollen einige zentrale Themen mit dazugehörigen und exemplarisch ausgewählten Dokumenten behandelt werden.
Ein erster Themenbereich ist die Rückkehr von Juden aus dem Ausland, welche ihnen zunehmend erschwert wurde. Im Jahr 1934 konnten sie, wie Ruth Spier nach ihrer Rückkehr aus Paris, vernommen werden, um festzustellen, inwieweit es sich um „Emigranten“ handelte (Dokumente 1, 1.1, 1.2, 1.3). Zwei Jahre später verfügte die Staatspolizeistelle für den Regierungsbezirk Kassel in einem Schreiben vom 8. April 1936, dass Juden bei ihrer Rückkehr in „Schutzhaft“ zu nehmen seien (Dokument 12).
Ein weiterer Themenbereich ist die Auswanderung von Juden. Als ein Fall aus dem Jahr 1938 kann die Auswanderung von Adolf Hess aus Wehrda genannt werden, dem die Eintragung seiner Haftstrafe in sein Führungszeugnis erlassen wurde, um in die USA einreisen zu können (Dokumente 23, 23.1, 23.2, 23.3, 23.4, 23.5) [1].
Des Weiteren wurde regelmäßig erfasst, wie viele Juden aus welchem Grund fortgegangen bzw. angekommen waren. Durch die Verfügungen des Regierungspräsidenten in Kassel vom 13. Februar 1937 und 7. September 1937 (Dokumente 22, 22.2) war der Landrat in Marburg verpflichtet, die Zahlen für seinen Landkreis zu melden. Diese Listen für die Jahre 1937-1939 wurden in diesen Ausstellungsraum aufgenommen (Dokumente 22.1, 22.3, 22.4, 22.5, 22.6, 22.7, 22.8).
Schließlich sind die Deportationen ein zentrales Thema. Vollständig aufgenommen wurden die Deportationslisten, in denen nach Gemeinden in alphabetischer Reihenfolge geordnet die aus dem Landkreis Marburg deportierten Juden erfasst sind (Dokumente 33, 33.1, 33.2, 33.3, 33.4, 33.6, 33.7, 33.8, 33.9, 33.10, 33.11, 33.12, 33.13, 33.14, 33.15). Insgesamt gab es drei Deportationen aus dem Landkreis Marburg. Am 8. Dezember 1941 erfolgte die erste Deportation in ein Ghetto in der lettischen Hauptstadt Riga, wobei die Juden aus dem Landkreis Marburg zuvor in ein Sammellager nach Kassel gebracht worden waren. Die zweite Deportation am 31. Mai 1942 führte über Lublin in die Vernichtungslager Izbica/Sobibor [2] und die dritte Deportation am 6. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt [3].
Zum Ablauf der zweiten Deportation am 31. Mai 1942 gibt auch ein Schreiben von SS-Sturmbannführer Lüdcke von der Staatspolizeistelle in Kassel vom 22. Mai 1942 Auskunft, dem darüber hinaus eine Namensliste der deportierten Juden beigelegt ist (Dokumente 38, 38.1). Des Weiteren finden sich Angaben über die Vorbereitungen der dritten Deportation aus dem Landkreis Marburg am 6. September 1942 in dem Ausstellungsraum mit Dokumenten aus der Landratsamtsakte 180 Marburg 4830 mit dem Titel "Verhandlungen über die dritte Judenevakuierung aus Marburg 1942-1944" (Einführung in den Ausstellungsraum mit Dokumenten aus der Akte 180 Marburg 4830).
Bearbeitet von Katrin Rack
[1] Vgl. auch Händler-Lachmann, Barbara, Händler, Harald, Schütt, Ulrich, Purim, Purim, ihr liebe Leut, wißt ihr was Purim bedeut? Jüdisches Leben im Landkreis Marburg im 20. Jahrhundert, Marburg 1995, S. 195.
[2] Gottwaldt, Alfred und Schulle, Diana, Die "Judendeportationen" aus dem Deutschen Reich 1941-1945, Wiesbaden 2005, S. 211-213
[3] Für die Angaben zu den drei Deportationen vgl. Händler-Lachmann, Barbara, Händler, Harald, Schütt, Ulrich, Purim, Purim, ihr liebe Leut, wißt ihr was Purim bedeut? Jüdisches Leben im Landkreis Marburg im 20. Jahrhundert, Marburg 1995, S. 227. Siehe auch Gottwaldt/Schulle, Die "Judendeportationen", 2005 (wie Anm. 2)
Bezugnahme auf den Erlass des Geheimen Staatspolizeiamtes vom 8. Juni 1934.
Ruth Spier habe Frankreich verlassen, weil sie keine Arbeitserlaubnis besass.
Es wird angeordnet, dass über v. a. die Staatsangehörigkeit, die Abstammung und die frühere politische Betätigung in Deutschland von aus dem Ausland zurückkehrenden "Emigranten" Bericht zu erstatten sei.
Weiterleitung des Schreibens durch den Landrat in Marburg an den Bürgermeister in Kirchhain.
Schreiben an das Auswärtige Amt und Weiterleitung an die Landesregierung und Regierungspräsidenten pp.
Bezugnahme auf ein Schreiben vom 7. Februar 1934.
Unterscheidung von vier Personengruppen und Angabe der jeweiligen Behandlung der Pässe.
Schreiben an alle Staatspolizeistellen und nachrichtlich an alle Ober- und Regierungspräsidenten.
Anfragen von "Emigranten", die zurückkehren wollen, seien laut Runderlass vom 15. Januar 1934 an das Geheime Staatspolizeiamt zu leiten. Einwohnermeldeämter seien verpflichtet, die Rückkehr von Juden der betreffenden Staatspolizeistelle zu melden.
Bezugnahme auf die Verfügung vom 8. April 1936.
Das Ehepaar Plaut aus Kirchhain werde nach ihrer Reise nach London in "Schutzhaft" genommen.
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörde in Fulda und Marburg und die Staatspolizeiaussenstelle in Hanau. Weiterleitung durch den Landrat.
Alle Juden, die ins Ausland reisen, seien "Emigranten". Wenn Juden aus dem Ausland zurückkehrten, seien sie in "Schutzhaft" zu nehmen.
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Staatspolizeiaussendienststelle in Hanau.
Weiterleitung durch den Landrat in Marburg an die Bürgermeister und die Gend.Beamten des Kreises.
Anfragen ausländischer Behörden zu "Emigranten" seien bei der Staatspolizeistelle für den Regierungsbezirk Kassel mit ausführlichem Bericht vorzulegen, um einheitlich zu verfahren und unerwünschte Rückkehr zu verhindern.
Der Bürgermeister beantragt die in "Schutzhaftnahme" der Familie Frenkel, da diese in Verdacht stünde, bei ihren Auslandsreisen zu schmuggeln.
Darüber hinaus findet sich ein Aktenvermerk zur Gültigkeit der Reisepässe des Ehepaars Frenkel.
Des Weiteren erfolgte die Weiterleitung an den Landrat in Marburg zur Kenntnisnahme.
Schreiben an das Marburger Finanzamt und den Gendarmerieposten in Niederwalgern.
Es wird im Auftrag der Geheimen Staatspolizeistelle in Kassel gebeten mitzuteilen, ob der jüdische Emigrant Höchster seinen steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen sei.
Die Angaben beziehen sich auf die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 1938.
Bezugnahme auf die Verfügung vom 7. September 1937.
Bezugnahme auf die Verfügung vom 7. September 1937.
Die Angaben beziehen sich auf die Zeit vom 1. April bis 30. Juni 1938.
Bezugnahme auf die Verfügung vom 7. September 1937.
Die Angaben beziehen sich auf die Zeit vom 1. Juli bis 30. September 1938.
Bezugnahme auf die Verfügung vom 7. September 1937.
Die Angaben beziehen sich auf die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 1939.
Bezugnahme auf die Verfügung vom 7. September 1937.
Die Angaben beziehen sich auf die Zeit vom 1. Okober bis 31. Dezember 1938.
Die Angaben beziehen sich auf die Zeit vom 1. April bis 30. September 1937.
Bezugnahme auf die Verfügung vom 7. September 1937.
Schreiben an den Polizeipräsidenten in Kassel, den Polizeidirektor in Hanau, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg, die Landräte des Bezirks und nachrichtlich an den Oberbürgermeister in Hanau.
Bezugnahme auf die Verfügung vom 13. Februar 1937.
Schreiben an den Polizeipräsidenten in Kassel, den Polizeidirektor in Hanau, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg, die Landräte des Bezirks und nachrichtlich an die Oberbürgermeister in Kassel und Hanau.
Weiterleitung durch den Landrat in Marburg an die Bürgermeister und Gend.Beamten des Kreises.
Der Regierungspräsident sendet ein Muster, nach dem die Aufstellung anzufertigen sei.
Bezugnahme auf den Bericht vom 25. März 1938.
Weiterleitung durch den Landrat in Marburg an den Bürgermeister in Wehrda.
Weiterleitung durch den Bürgermeister von Wehrda Wagner an den Landrat in Marburg und Weiterleitung durch den Landrat in Marburg an den Regierungspräsidenten in Kassel.
Hess bittet, die zuständige Stelle an seinen Antrag zu erinnern.
Weiterleitung durch den Landrat in Marburg an die Staatspolizeistelle in Kassel.
Hess wolle in die USA auswandern, konnte aber aufgrund seiner verbüßten Freiheitsstrafe noch keine Einwanderungsgenehmigung beantragen. Der Bürgermeister befürwortet den Antrag, da in Wehra nach der Auswanderung von Hess keine Juden mehr leben würden.
Da beabsichtigt werde den Juden David Buchheim und seine Familienangehörigen aus Cölbe "auszubürgern", sei ein Fragenkatalog zu beantworten.
Weiterleitung durch den Landrat in Marburg an den Gendarmerie-Amtsbereich in Cölbe mit Bitte um Bericht.
Schreiben an den Polizeipräsidenten in Kassel, den Polizeidirektor in Hanau, die Landräte des Bezirks und die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörde in Fulda und Marburg.
Weiterleitung durch den Landrat in Marburg an die Bürgermeister des Kreises.
Bezugnahme auf die Rundverfügung vom 17. Mai 1938.
Bezugnahme auf den Runderlass des Reichsministers des Innern vom 27. Juli 1938.
Im Landkreis Marburg gäbe es keine jüdischen Straßennamen.
Der Bürgermeister von Wetter erstattet Anzeige, weil er die Anschaffung eines Radioapparats durch den Juden Karl Baum für unangemessen halte. Er vermutet, dass der kurz vor der Auswanderung nach Amerika stehende Jude Karl Baum das Radio in Amerika sofort wieder verkaufen wolle.
Weiterleitung einer Abschrift an das Marburger Finanzamt und das Marburger Hauptzollamt durch den Landrat in Marburg.
In der Liste sind die in Roth wohnenden Juden mit dem jeweiligen Datum ihrer Deportation, die am 8. Dezember 1941 bzw. 6. September 1942 erfolgte, erfasst. In einem Fall ist das Todesdatum, der 16. Dezember 1941, vermerkt.
Für weitere Informationen zu den Deportationen aus dem Landkreis Marburg siehe den Einführungstext dieses Ausstellungsraumes.
In der Liste sind die in Fronhausen wohnenden Juden mit dem jeweiligen Datum ihrer Deportation, die am 8. Dezember 1941 bzw. 31. Mai 1942 erfolgte, erfasst.
Für weitere Informationen zu den Deportationen aus dem Landkreis Marburg siehe den Einführungstext dieses Ausstellungsraumes.
In der Liste sind die in Goßfelden wohnenden Juden mit dem jeweiligen Datum ihrer Deportation, die am 8. Dezember 1941 bzw. 31. Mai 1942 erfolgte, erfasst. In einem Fall wurde der Fortzug am 17. Juni 1942 vermerkt.
Für weitere Informationen zu den Deportationen aus dem Landkreis Marburg siehe den Einführungstext dieses Ausstellungsraumes.
In der Liste sind die in Lohra wohnenden Juden mit dem Datum der Deportation, dem 6. September 1942, erfasst.
Für weitere Informationen zu den Deportationen aus dem Landkreis Marburg siehe den Einführungstext dieses Ausstellungsraumes.
In der Liste sind die in Wohra wohnenden Juden mit dem Datum ihrer Deportation, die am 8. Dezember 1941 erfolgte, erfasst.
Für weitere Informationen zu den Deportationen aus dem Landkreis Marburg siehe den Einführungstext dieses Ausstellungsraumes.
Die Liste wurde am 24. November 1941 von einem Vertreter des Roßdorfer Bürgermeisters erstellt. Es sind darin die in Roßdorf wohnenden Juden mit dem Datum ihrer Deportation, die am 31. Mai 1942 erfolgte, erfasst.
Für weitere Informationen zu den Deportationen aus dem Landkreis Marburg siehe den Einführungstext dieses Ausstellungsraumes.
In der Liste sind die in Schweinsberg wohnenden Juden mit dem jeweiligen Datum ihrer Deportation, die am 31. Mai 1942 bzw. 6. September 1942 erfolgte, erfasst. In zwei Fällen sind die Todesdaten, der 21. Januar 1942 und Mai 1942, vermerkt.
Für weitere Informationen zu den Deportationen aus dem Landkreis Marburg siehe den Einführungstext dieses Ausstellungsraumes.
Die Liste wurde am 2. Dezember 1941 in der Gemeinde Rauischholzhausen erstellt. Es sind darin die in Rauischholzhausen wohnenden Juden mit dem Datum ihrer Deportation, die am 6. September 1942 erfolgte, erfasst.
Für weitere Informationen zu den Deportationen aus dem Landkreis Marburg siehe den Einführungstext dieses Ausstellungsraumes.
In der Liste ist ein in Oberwalgern wohnender Jude mit dem Datum seiner Deportation, die am 8. Dezember 1941 erfolgte, erfasst.
Für weitere Informationen zu den Deportationen aus dem Landkreis Marburg siehe den Einführungstext dieses Ausstellungsraumes.
In der Liste sind die in Momberg wohnenden Juden mit dem jeweiligen Datum ihrer Deportation, die am 8. Dezember 1941 bzw. 6. September 1942 erfolgte, erfasst. In einem Fall ist ein Fortzug vermerkt.
Für weitere Informationen zu den Deportationen aus dem Landkreis Marburg siehe den Einführungstext dieses Ausstellungsraumes.
In der Liste sind die in Mardorf wohnenden Juden mit dem jeweiligen Datum ihrer Deportation, die am 8. Dezember 1941 bzw. 6. September 1942 erfolgte, erfasst.
Für weitere Informationen zu den Deportationen aus dem Landkreis Marburg siehe den Einführungstext dieses Ausstellungsraumes.
In der Liste sind die in Josbach wohnenden Juden mit dem Datum ihrer Deportation, die am 8. Dezember 1941 erfolgte, erfasst. Drei Juden verzogen am 12. März 1942.
Für weitere Informationen zu den Deportationen aus dem Landkreis Marburg siehe den Einführungstext dieses Ausstellungsraumes.
In der Liste sind die in Wetter wohnenden Juden mit dem jeweiligen Datum ihrer Deportation, die am 31. Mai 1942 bzw. 6. September 1942 erfolgte, erfasst.
Für weitere Informationen zu den Deportationen aus dem Landkreis Marburg siehe den Einführungstext dieses Ausstellungsraumes.
In der Liste sind die in Kirchhain wohnenden Juden mit dem jeweiligen Datum ihrer Deportation, die am 8. Dezember 1941 bzw. 31. Mai 1942 erfolgte, erfasst. In einem Fall ist das Todesdatum, der 25. Januar 1942, vermerkt.
Für weitere Informationen zu den Deportationen aus dem Landkreis Marburg siehe den Einführungstext dieses Ausstellungsraumes.
Die Liste wurde am 20. November 1941 erstellt und vom Amöneburger Bürgermeister unterschrieben. Es sind darin die in Amöneburg wohnenden Juden mit dem jeweiligen Datum ihrer Deportation, die am 8. Dezember 1941 bzw. 31. Mai 1942 erfolgte, erfasst.
Für weitere Informationen zu den Deportationen aus dem Landkreis Marburg siehe den Einführungstext dieses Ausstellungsraumes.
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Marburg und Fulda, den Polizeidirektor in Hanau, die Stapo-Aussendienststelle in Fulda und nachrichtlich an den Oberpräsidenten in Kassel, den Regierungspräsidenten in Kassel und die SD.-Hauptaussenstelle in Kassel.
In dem Schreiben wird das anliegende Rundschreiben (siehe folgendes Dokument) erläutert.
Rundschreiben an die Jüdischen Kultusvereinigungen und die Bezirksstellen der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland zur Weitergabe an betroffene Juden.
Juden wird verboten über ihr "bewegliches Vermögen" zu verfügen.
Schreiben an den Landrat in Marburg und Weiterleitung durch den Landrat an die Bürgermeister.
Aufstellung betreffend Juden, deren Grundstücke in den Grundbüchern bei den Amtsgerichten Marburg, Wetter, Kirchhain, Neustadt, Gladenbach, Fronhausen und Gemünden eingetragen sind. In Bezugnahme auf die 11. Verordnung des Reichsbürgergesetzes vom 25. November 1941 sollen Angaben zu den Personen nachgeprüft werden, um ggf. die zwangsweise Übernahme durch das Deutsche Reich zu ermöglichen.
Bezugnahme auf ein Rundschreiben vom 20. März 1942.
In dem Schreiben werden Informationen zum Ablauf der Deportation am 31. Mai 1942 gegeben. Angelegt ist dem Schreiben eine Liste der zu deportierenden Juden (siehe folgendes Dokument).
Schreiben an den Landrat in Marburg und Abschrift an das Amtsgericht in Neustadt im Kreis Marburg. Weiterleitung durch den Landrat in Marburg an den Bürgermeister in Neustadt.
Bezugnahme auf das "Gesetz über die Einziehung kommunistischen Vermögens" vom 26. Mai 1933, das "Gesetz über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens" vom 14. Juli 1933, den "Erlass über die Verwertung des eingezogenen Vermögens von Reichsfeinden" vom 29. Mai 1941 und den Erlass des Reichsministers des Innern vom 4. Juli 1942.

Die Dokumente, die in diesem Ausstellungsraum zu sehen sind, sind der Landratsamtsakte 180 Marburg 3594 entnommen. Diese umfasst Schriftwechsel des Landrats des Landkreises Marburg Eckel aus den Jahren 1945-1948, der sich mit der jüdischen Bevölkerung befasst. In diesem Ausstellungsraum ist eine Auswahl an Dokumenten zu sehen, die im Folgenden exemplarisch vorgestellt werden soll.
Zum einen wurden Dokumente berücksichtigt, die Auskunft über die im Landkreis Marburg lebenden Juden geben und auf Verlangen der Militärregierung erstellt wurden. Beispielsweise bittet der Civil administration officer Gene Tedick in einem Schreiben vom 10. Januar 1946, Landrat Eckel ihm Angaben zu u. a. Juden im Landkreis zukommen zu lassen (Dokument 1).
Darüber hinaus wurden Einzelschicksale wie das von Hans Pulvermacher aufgenommen, der sich bei der Beschaffung von Holz benachteiligt fühlte und die Gründung einer eigenen Existenz anstrebte (Dokumente 3, 3.1, 3.2).
Des Weiteren findet sich in diesem Ausstellungsraum ein Plakat des Ministers für politische Befreiung in Wiesbaden vom 15. Januar 1948, das an den Landrat in Marburg zur Weitergabe an die Gemeinden mit Bitte um Aushang weitergeleitet wurde (Dokument 9.1). Dieses richtet sich an die Bürger und ruft auf, gegen Antisemitismus einzutreten.
Insgesamt ermöglicht es diese Akte, einen Einblick in den Umgang mit der jüdischen Bevölkerung nach der Herrschaft der Nationalsozialisten zu gewinnen.
Bearbeitet von Katrin Rack
Schreiben an den Regierungspräsidenten in Kassel.
Weiterleitung durch den Regierungspräsidenten in Kassel an die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks mit Bitte um Bericht.
Es sollen Angaben zu den nach den "Nürnberger Gesetzen als Volljuden Behandelten" gemacht werden. Anzugeben seien Name, Vorname, Geburtsdatum und -ort, Wohnort im Jahr 1938, jetziger Wohnort, Beruf und Religion. Darüber hinaus sei über die Bildung von jüdischen Vereinigungen, jüdischen Komitees oder Kultusgemeinden zu informieren.
Schreiben an den Oberbürgermeister, Erfassungsstelle für das jüdische Eigentum.
Nachdem Martin und Walter Spier aus dem Konzentrationslager Auschwitz nach Rauischholzhausen zurückgekehrt seien, benötigten diese eine Einrichtung, da ihr frühere Wohnungseinrichtung fehle. Weil die Erwerber der Einrichtung nicht zu ermitteln seien, soll den beiden Brüdern die Schlafzimmereinrichtung, die Jacob Schneider aus jüdischem Besitz erworben hatte, überlassen werden. Der Landrat bittet, dies zu veranlassen.
Das Plakat "Antisemitismus ist Dummheit und Barbarei" soll in allen Gemeinden ausgehängt werden.
Schreiben an die Landräte des Landes Hessen durch die Hand des Regierungspräsidenten.

Der Landrat beschwert sich über eine nichterstattete Meldung zum Tod eines jüdischen Gemeindeältesten, und verlangt diese umgehend.
Der Bürgermeister macht im Antwortschreiben aus seiner Freude über das Ableben des Gemeindeältesten keinen Hehl, lehnt jedoch eine polizeiliche Anzeige des Vorgangs ab.

Die Akte "180 Maburg 3935: Flucht des wegen Rassenschande verfolgten Juden Moritz Levi zu Lohra nach Amsterdam, 1935 - 1936" umfasst 27 Dokumente. Von diesen liegt die große Mehrheit digitalisiert vor.
Im Grunde handelt es sich um 2 Fälle: Am 13.08.1935 stellt der judische Kaufmann Isidor Levi im Auftrag seiner Mutter Ietschen Levi Anzeige wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch. Es kam zu mehreren Zerstörungen an jüdischen Häusern in Lohra. Als Täter konnten u.a. Iost Althaus und Walter Muth identifiziert werden. Im Zuge dieses Vorfalls wurde der Jude Moritz Levi von den Tätern aufgefordert, mit ihnen zu gehen. Am folgenden Tag ist er noch nicht wieder aufgetaucht. Das Urteil wird am 15.11.1935 gefällt und beinhaltet Freisprüche und Gefängnisstrafen.
In diesem Kontext steht die Hauptangelegenheit, die auch titelgebend für die Akte war: Laut den Angaben der Zeugin Anna Leimbach, seit 1930 verheiratet mit dem Schlosser Georg Meurer aus Lohra, hatte sie im Herbst 1933 Geschlechtsverkehr mit Moritz Levi. Gleichfalls sagt Meurer aus, dass Levi auch mit anderen Frauen Sex hatte. Der Übergriff auf das Haus der Levis im September steht in engem Zusammenhang mit dem öffentlich bekannten "rassenschänderische[n] Verhalten des Juden Schneider Moritz Levi". Anna Meurer wird aufgrund der zurückliegenden geschlechtlichen Beziehung auf das Schärfste verwarnt und belehrt.
Die weiteren Schriftstücke befassen sich mit dem Tatbestand, dass sich Moritz Levi ohne gültige Ausweispapiere nach Holland abgesetzt hatte und sich somit dem Strafverfahren wegen Rassenschande entzogen habe. Der Titel der Akte spricht von Flucht. Auf der Rückseite von Dokument 23 heißt es jedoch "[...] Moritz Levi, der im vorigen Jahr nach Amsterdam ausgewandert ist." Informationen über den weiteren Verlauf der Angelegenheit sind nicht bekannt. Levi plante nach Südamerika auszuwandern. Das Dokument 25, verfasst vom Marburger Landrat, spricht nur davon, dass sich solche illegalen Grenzüberschreitungen - respektive Flucht im Fall Levi - in Zukunt nicht wiederholen sollen.
Der Fall Levi steht im Kontext zu den Nürnberger Gesetzen vom 15. September 1935, insbesondere dem Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre ("Blutschutzgesetzes", RGBl. I S. 1146). Der Tatbestand der "Rassenschande" gegen Levi liegt also ca. 2 Jahre vor der Verkündung des sog. "Blutschutzgesetzes".
Bearbeiten von Christian Siekmann

Die Akte 180 Marburg 4174 enthält verschiedene Dokumente zu dem Progrom vom 8. November 1938 in Kirchhain, unter anderem die Aussagen der Beschuldigten zu diesem Vorfall. [Dokument 1] Die Synagoge in Kirchhain wurde erst geplündert und zerstört, danach machte sich ein von der SS angestachelter Mob durch die Stadt auf den Weg zum Haus des jüdischen Bürgers Adolf Plaut, und verwüstete und plünderte auch dessen Anwesen. Auch ein anderer jüdischer Bürger aus Kirchhain, Moritz Wertheim, wird an diesem Tag schwer misshandelt und zusammengeschlagen. Auffallend ist bei diesen Vorgängen die Haltung der Beschuldigten, die ihre Beiteiligung mehrheitlich nicht abstreiten. Eine weitere Besonderheit, die in der Akte erfasst ist, bildet ein Briefwechsel zwischen dem SS Obersturmführer Teichmann und dem Landrat in Marburg, Hans Krawilitzki, zwischen denen ein Streit über gestreute Gerüchte zu einer Rede des Landrats entbrennt [Dokument 2] , der vor dem Parteigericht endet. [Dokument 3]
Bearbeitet von Johannes Vogelgesang

"Wanderbewegung der Juden". Hinter dieser behördlichen Zustandsbezeichnung verbirgt sich das Ergebnis einer Politik, die die Entfernung der in Deutschland lebenden Juden zum Ziel hatte und seit 1934 systematisch geplant wurde [1]. Durch wirtschaftliche und soziale Repressalien sollte dabei die jüdische Bevölkerung zur Auswanderung ins Ausland genötigt werden. Diese Maßnahmen konnten dabei individuell als so hart empfunden werden, dass ein Weiterleben unter diesen Umständen aussichtslos erschien (vgl. hierzu den Selbstmord des Juden Meyer Stern).
Die Ghettoisierung setzte dabei erst relativ spät ein und zwar in direkter Folge des Novemberpogroms von 1938, zunächst angeregt durch einen geheimen Schnellbrief Görings vom 28. Dezember 1938, in dem unter anderem gefordert wurde, Juden in Judenhäusern zusammenzulegen [2]. Für die durch Wegzug in eine andere Stadt betroffenen Juden bedeutete dies i.d.R. den Abbruch des noch bestehenden sozialen Kontaktes in Form von gewachsenen Nachbarschaftsverhältnissen hin zu einer Anonymisierung im sozialen Gefüge des Zuzugsortes, die antijüdischer Propaganda Vorschub leistete.
Das dies im Einzelfall zu einer Odyssee führen konnte lassen entsprechende Dokumente (vgl. hierzu: Auswanderung und den Wegzug jüdischer Einwohner in Allendorf, sowie den Fall der Familie Woschinski) vermuten, endgültige Klarheit und Beweis dafür geben sie aber bezüglich dieser Fragestellung nicht. Sie verweisen aber auf einen anderen Sachverhalt, denn Auswanderung, Wegzug und Zuzug in andere deutsche Städte erfolgten unter strikter Kontrolle der zuständigen Behörde (vgl. hierzu: Auswanderung des Juden Manfred Nathan ll und den Fall Frieda Heching). Dahinter stand sowohl in der Planung als auch in der Überwachung und der letztendlichen Entscheidungsbefugnis der Apparat der Geheimen Staatspolizei [3] (beispeilhaft hierfür: Formalitäten zur Auswanderung des inhaftierten Juden Lielienstein).
Ziel war die Vollzugsmeldung, dass eine Ortschaft als judenfrei gelten konnte. Obwohl dies schon in einigen Fällen relativ früh gemeldet werden konnte, erreichte die Auswanderung nicht das Ausmaß, das sich die Planer wünschten [4]. Häufig lagen die Gründe für eine Nichtauswanderung an der wirtschaftlichen Verelendung der betroffenen Juden . Für diese Juden wurde der Schlusstrich im Landkreis Marburg u.a. am 09. Dezember 1941 gezogen: Sie wurden abtransportiert.
Bearbeitet von Marcel Reck
[1]Kropat, Wolf-Arno, Reichskristallnacht. Der Judenpogrom vom 7. bis 10. November 1938 - Urheber, Täter, Hintergründe, Wiesbaden 1997, S. 12 f..
[2]ebd., S. 137.
[3]ebd., S. 21 f..
[4]ebd., S. 27.
Das Schreiben meldet die polizeiliche Abmeldung des jüdischen Viehhändlers Adolf Hess nach Baltimore, USA. Der Vermerk "Wehrda Judenfrei" als Randnotiz auf dem Schreiben.
Vgl. hierzu auch das Schreiben des Gendarmerie-Amts Cölbe an den Landrat in Marburg betreffend die Abmeldung des letzten Juden in Wehrda, 28. Juli 1938.
Das Schreiben meldet die polizeiliche Abmeldung des jüdischen Viehhändlers Adolf Hess nach Baltimore, USA.
Vgl. hier auch das Schreiben des Bürgermeisters von Wehrda an den Landrat in Marburg betreffend die Abmeldung des letzten Juden in Wehrda, 28. Juli 1938.
Der Bürgermeister von Kirchhain teilt den Wegzug des italienischen Staatsangehörigen Lino Ventura nach Italien und der staatenlosen Anna Woschinski nach Allendorf mit.
Zu Anna Woschinski s.a.:
Schreiben des Gendarmerie-Posten in Allendorf an den Landrat in Marburg betr. die Auswanderung und den Wegzug jüdischer Einwohner in Allendorf, 29. März 1939 und Schreiben des Gendarmerie-Posten in Allendorf an den Landrat in Marburg betr. den Zuzug von Juden nach Allendorf, 19. Mai 1939
Der Wegzug wird für Anna Woschinski, Julius Woschinski und Willi Woschinski gemeldet.
Ebenfalls verhaftet wurde der Jude Germann Krämer. Der Gendarmerie - Posten wurde von der Festnahme durch die Zollfahndungsstelle nicht unterrichtet.
Der Landrat von Marburg fragt mit dem Schreiben bei der Geheimen Staatspolizeistelle in Kassel an, ob eine vorzeitige Hafteinigung für den eine einjährige Gefängnisstrafe verbüßenden Juden Salomon Lielienstein ausgestellt werden kann. Diese ist für die beschleunigte Einleitung der Verhandlung notwendig. Lielienstein beabsichtigt auszuwandern.
Schreiben des Landrates in Marburg an Ida Sara Li(e)lienstein betr. die Ausstellung eines Reisepasses für ihren Ehemann.
vgl. hierzu auch: Urschriftliches Korrespondenzschreiben zwischen dem Landrat in Marburg und der GeStapo-Stelle in Kassel betr. die Formalitäten zur Auswanderung des inhaftierten Juden Lielienstein, 14. - 25. August 1939.
Das Schreiben meldet den Zuzug diverser Juden von Neustadt nach Roth
Vgl. hierzu auch das Schreiben vom 22. Mai 1941.
Das Schreiben meldet den Wegzug diverser Juden von Neustadt nach Roth
vgl. hierzu auch: Schreiben vom 24. Mai 1941

Die in diesem Ausstellungsraum enthaltenen Dokumente entstammen der Landratsamtsakte 180 Marburg 4823. Sie ist die erste von drei Bänden und befasst sich mit „Judenangelegenheiten“ im Allgemeinen von 1933-1935 und deckt somit die Anfangszeit nach der nationalsozialistischen Machtsicherung ab. Anhand dieser Akte wird erkennbar, welchen Repressalien und Überwachungsmechanismen die Juden schon Jahre vor der Reichspogromnacht ausgeliefert waren. Mit Hilfe von exemplarisch ausgewählten Dokumenten soll diese kritische Situation wiedergegeben werden. So finden sich hier sowohl Dokumente mit kreisübergreifendem Charakter als auch solche mit lokalem Wert. Demnach berichtet ein Schreiben des Gestapa (Geheimes Staatspolizeiamt) vom 11. Juli 1933 von einer zentralen Überwachungseinrichtung in Berlin (Dokument 1). In dieser sollen Daten zu „staatsfeindlichen Einflüssen“ gesammelt werden. In einer vom Bürgermeister aus Schweinsberg aufgestellten Liste vom 31.07.1933 sollen sämtliche Juden der Gemeinde Schweinsberg mit Angabe von Namen, Stand und Wohnort erfasst werden (Dokument 2). Diese Dokumente sind Belege für die Überwachungspolitik des NS-Regimes. Doch auch Einzelschicksale finden sich in dieser Akte. So erstattet der Jude Simon Frenkel im März 1935 Anzeige , da er von einem SS-Mann auf offener Straße niedergeschlagen wurde (Dokument 15). Und obwohl es den Juden scheinbar in den ersten Jahren der NS-Zeit noch möglich war, sich gerichtlich gegen antijüdische Übergriffe zu wehren[1], wird die Klage Frenkels schon 1935 aus „fehlendem Interesse in der Öffentlichkeit“ abgewiesen (Dokument 15.1). Ähnlich wird mit einem Übergriff auf private Wohnhäuser in Wittelsberg verfahren. Die dort in einem Schreiben des Landrats erwähnten Hausbesitzer wurden im Jahre 1935 Opfer von Diskriminierungen, da sie Geschäftsbeziehungen zu jüdischen Bürgern pflegten. Von der Staatspolizeistelle in Kassel kommt der Beschluss, das Verfahren in diesem Fall einzustellen. Diese Vorfälle belegen die Existenz von so genannten „Einzelaktionen“ gegen Juden oder „judenfreundliche“ Deutsche.
Bearbeitet von Anne Lammers
[1] Händler-Lachmann Barbara, Händler Harald, Schütt Ulrich (Hgg.), Purim, Purim, ihr liebe Leut, wisst ihr was Purim bedeut? Jüdisches Leben im Landkreis Marburg im 20. Jahrhundert, Marburg 1995, S. 147
Das geheime Staatspoilizeiamt im Namen von Diels ersucht die einzelnen Polizeistellen des Landes Preußen in einem Schreiben, Daten über alle Angelegenheiten, den Einfluss marxistischer und staatsfeindlicher Elemente auf das Judentum und Logenwesen betreffend, zu erfassen. Diese Daten sollen dann in einer in Berlin eingerichteten Nachrichtensammelstelle zusammengeführt und ausgewertet werden.
Weiterleitung von Pfeffers des Schreibens aus Kassel an die Landräte und Oberbürgermeister des Regierungsbezirkes.
Anweisung Heydrichs, mitgeschicktes Mitteilungsblatt an die Vorstände der lokalen jüdischen Organisationen weiterzuleiten, welches vorher schon an in Berlin ansässige Vereine geschickt wurde. Die Namen und Adressen der jeweiligen Organisationen sind angegeben. In der Mitteilung an die Vorstände jüdischer Vereine geht es um die Umgehung der Anmeldepflicht jüdischer Versammlung und der Aufforderung, ab sofort jeden Versammlungsort rechtzeitig der zuständigen Polizeibehörde mitzuteilen.
Aus Kassel wurde angeordnet, die Mitteilung an die Landräte des Bezirks weiterzuleiten und jeden Verstoß gegen die Verordnung umgehend mitzuteilen.
Die von Simon Frenkel aufgegebene Anzeige erläutert den Vorfall vom 06.03.1935, bei dem der der 35. SS Standarte zugehörige Wilhelm Nau den Juden Frenkel auf seinem Weg mit dem Fahrrad nach Roßdorf mit einer Fahrradpumpe überfallen und Verletzungen am Kopf zugefügt habe. Er habe ihn außerdem an ein Weiterkommen nach Roßdorf gehindert und in Richtung Schröck zurückgejagt. Es wird darauf hingewiesen, dass ein Strafantrag und ärztliches Attest beigefügt sind.
Der Gendamerie Postenberich Roßdorf hat diese Anzeige an den Oberstaatsanwalt in Marburg durch die Hand des Landrats in Marburg geschickt.
Mitteilung des kommunalen Landrates an Kassel, wonach in Wittelsberg einige Wohnhäuser von Einwohnern, die in letzter Zeit in Geschäftsbeziehungen mit jüdischen Händlern gestanden hatten, mit roter Farbe beschmiert worden sind. Es wird um eine Vergügung zur weiteren Behandlung des Falles gebeten.
Es sind fünf Beschwerdeprotokolle mitgeschickt worden.

In diesem Ausstellungsraum ist eine Auswahl an Dokumenten aus der Landratsamtsakte 180 Marburg 4824 zu sehen. Diese Akte enthält vielfältige Schreiben an den Landrat in Marburg in Hinblick auf Juden aus den Jahren 1935-1938. Die Mehrzahl der ausgewählten Dokumente stellen Schreiben der Staatspolizeistelle für den Regierungsbezirk Kassel, die sich u. a. an die Landräte des Bezirks und somit auch an den Landrat in Marburg richteten, dar. Diese zeigen auf, wie Juden zunehmend aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen wurden. Beispielsweise wird in einem Schreiben vom 6. Januar 1935 geregelt, dass das Tragen des Reichssport- und Reichssportjugendabzeichens durch Juden verboten sei (Dokument 1). In einem weiteren Schreiben vom 20. November 1936 wird Juden die Betreuung durch das Winterhilfswerk verwehrt, sodass sie diese nur über die jüdische Zentral-Wohlfahrtsstelle erfahren (Dokument 17). Als drittes Beispiel kann die Auflösung des „Verein der Freunde Israels“ genannt werden, welche in einem Schreiben vom 29. Dezember 1937 angeordnet wird (Dokument 22).
Des Weiteren finden sich unter den ausgewählten Dokumenten geheime Anordnungen des Reichs- und Preussischen Ministers des Innern. Eine Anordnung vom 11. Oktober 1935 enthält das Verbot für Juden, Soldaten einzuquartieren (Dokument 8). Eine weitere Anordnung vom 20. August 1935 bestimmt, Ausschreitungen gegen Juden entgegenzutreten (Dokument 6).
Neben den genannten Schreiben, die nicht nur an den Landrat in Marburg gerichtet waren, sollen in diesem Ausstellungsraum auch Dokumente, die spezifische Angelegenheiten des Landkreises behandeln, berücksichtigt werden. Dazu zählt beispielsweise eine Zeugenaussage von SS-U.-Scharführer Wilhelm Rutz aus Kirchhain vom 3. August 1935, der sich als Versicherer von Fensterscheiben eines Juden darüber empört, dass der Versicherte befürchtet, dass seine Scheiben bei einem Umzug der Nationalsozialisten zerstört werden könnten (Dokument 3).
Insgesamt zeichnen die Dokumente in diesem Ausstellungsraum ein Bild von der Diskriminierung und der zunehmenden gesellschaftlichen Isolierung der Juden vor der Reichspogromnacht im November 1938.
Bearbeitet von Katrin Rack
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Aussenstelle in Hanau.
Einreichen einer Strafanzeige bei Missachtung des Gesetzes zum Tragen der Abzeichen durch Juden.
Rutz sagt aus, dass Plaut bei ihm als Versicherer seiner Fensterscheiben gewesen sei. Er wollte seine Versicherungsprämie für ein weiteres Jahr bezahlen und äußerte die Befürchtung, dass bei einem morgigen Nazi-Umzug in Kirchhain die Scheiben zertrümmert werden könnten. Diese Äußerung des Juden Plaut löste Empörung aus.
Schreiben an alle Staatspolizeistellen und Weiterleitung durch die Staatspolizeistelle für den Regierungsbezirk Kassel an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Staatspolizeiaussenstelle in Hanau.
Eingeschränkte Betätigung jüdischer Sportorganisationen möglich, um die Durchführung der olympischen Spiele in Berlin nicht zu gefährden.
Anordnung an die Landesregierungen und Weiterleitung durch den Regierungspräsidenten an die Landräte und Oberbürgermeister als Ortspolizeitbehörden in Fulda und Marburg.
Gegen Einzelaktionen gegen Juden ist rücksichtslos vorzugehen. Bei trotzdem auftretenden Ausschreitungen ist sofort zu berichten.
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Aussenstelle der Staatspolizeistelle Kassel in Hanau.
Bitte des Präsidenten des Landesfinanzamts Berlin alle Juden, v. a. Geschäftsleute, die die Ausreise vorbereiten an die Zentrale Nachrichtenstelle zu melden. Der Grund für diese Bitte ist, dass bei verspäteter Kenntnisnahme der Ausreise durch das Landesfinanzamt u. a. Steuerhinterziehung eintrete.
Anordnung an die Innenministerien der Länder, die Preussischen Ober- und Regierungspräsidenten, den Staatskommissar der Hauptstadt Berlin, den Polizeipräsidenten in Berlin, Verwaltungsbehörden der übrigen Länder und den Reichskommissar für die Rückgliederung des Saarlandes.
Weiterleitung durch den Regierungspräsidenten an den Polizeipräsidenten in Kassel, den Polizeidirektor in Hanau und die Oberbürgermeister und Landräte des Bezirks.
Die Anordnung beruft sich auf das "Gesetz zum Schutz des Deutschen Blutes und der Deutschen Ehre" vom 15. September 1935.
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Aussenstelle der Stapo Kassel in Hanau.
Es wird konstatiert, dass der Viehhandel fast ausschließlich von Juden betrieben werde und diese Schlachtvieh zu überhöhten Preisen aufkaufen sollen. Daher wird vermutet, dass es sich um einen planmäßigen Angriff der Juden handelt.
Es wird gebeten Ermittlungen anzustellen. Es findet sich der Vermerk, dass die Städte Amöneburg, Neustadt, Rauschenberg, Schweinsberg, Wetter sowie die Gendarmerie Ämter Niederklein, Ebsdorf, Caldern und Lohra Fehlanzeige erstattet haben.
Schreiben an die außerpreußischen Landesregierungen, den Reichskommissar für die Rückgliederung des Saarlandes in Saarbrücken, die Regierungspräsidenten und den Polizeipräsidenten in Berlin.
Bezugnahme auf das "Gesetz über die Reichsverweisung wegen Gefährdung der Sittlichkeit durch Rasseschändung".
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Stapo-Aussendienststelle in Hanau.
Verbot der Vertretung von Juden vor Gericht und der Erteilung von Bescheinigungen.
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Stapo-Aussendienststelle in Hanau.
Fahndung nach einem Motorradfahrer, Angabe des Kennzeichens, bei Auftauchen Festnahme und Beschlagnahmung des Fotoapparats und Filmen.
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Stapo-Aussendienststelle in Hanau.
Einschreiten bei Handel von Juden mit nationalen Symbolen wie Hakenkreuzflaggen und Abbildungen von Hitler oder anderen führenden Nationalsozialisten.
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortsbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Stapo-Aussenstelle in Hanau.
Unterbindung von "Tarnungsversuchen", Verkauf von Waren unter dem Namen "arischer" Angestellter, Versendung jüdischer Waren von Spediteuren unter eigenem Namen
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Stapo-Aussendienststelle in Hanau.
Unterscheidung zwischen Juden, jüdischen "Mischlingen" und Familien aus "Mischehen", Unterstützung von Juden nur durch die Zentral-Wohlfahrtsstelle der Juden.
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Stapo-Aussendienststelle in Hanau.
Auflösung des Bundes im gesamten Reichsgebiet, Überwachung der Auflösung
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Stapo-Aussendienststelle in Hanau.
Definition "nichtarischer Firmen", gültig für "Nichtarier" und "Mischlinge" ohne Reichsbürgerbrief
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Stapo-Aussendienststelle in Hanau.
Unterscheidung zwischen Juden und "Mischlingen"
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Stapo-Aussendienststelle in Hanau.
Entlastung der Fürsorgebehörden durch einmalige Zahlungen
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Stapo-Aussendienststelle.
Sofortige Auflösung und Verbot des Vereins


Titelbild: Auszug aus Blatt 65v
Die Akte "180 Marburg, Nr. 4826: Judenangelegenheiten 1941 - 1947" umfasst ca. 115 Dokumente, von denen ein guter Teil in diesem Ausstellungsraum in digitalisierter Form vorliegt (besonders ausführlich: der Fall Wetterau).
Die Akte dokumentiert primär den Schriftverkehr zwischen der Geheimen Staatspolizei, den Landräten und Bürgermeistern. Ein großer Teil der Dokumente befasst sich mit Anträgen zur Ausbürgerung , bzw. Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft von jüdischen Bürgern: Die Geheime Staatspolizei, Staatspolizeistelle Kassel, fordert persönliche Daten vom Landrat an, um zu prüfen, ob betreffende jüdische Person dem Reichs- und Preußischen Minister des Innern zur Ausbürgerung "vorgeschlagen" werden kann, bzw. zur Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft. Die Daten werden vom Landrat erhoben und an die Gestapo gesandt. Hier wurden beispielhafte Anträge erfasst, die einen Eindruck über den Wortlaut und Inhalt der Untersuchungen geben sollen. Das Frageraster enthält folgende Punkte:
Staatsangehörigkeit, Konfession, Lebenslauf, Politische Betätigung (vor und nach dem 30.01.1933), Angabe der Vermögenswerte, politische Einstellungen, Vorstrafen, Familie, sowie das mögliche Abonnement marxistischer Presse o.ä. Das Erkenntnisinteresse der Gestapo geht soweit, dass auch Daten über Familienangehörige explizit nachgefragt werden.
Weitere Dokumente beleuchten verschiedene Facetten von "Judenangelegenheiten". Ein Bericht der Gestapo ordnet die Festnahme der Juden Moses Schirling, Louis Israel Höxster, sowie Jeanette Sara Stern an. Diese stünden in zu enger Verbindung "mit den deutschen Volksgenossen". Sie sollen daher der Landesarbeitsanstalt Breitenau zugeführt werden.
Ein anderes Dokument bezieht sich auf die staatspolizeiliche Sicherstellung jüdischen Vermögens. In diesem Zusammenhang steht auch die Abgabe jüdischer Kleidungsstücke, Altkleider, Spinnstoffe und Pelze von 1942. Die Durchführung und Organisation obliegt dem Bevollmächtigten der Juden in Kassel, Hans Isreal Oppenheim.
Ein Schriftstück zeigt das Schreiben des Reichswirtschaftsministers Walther Funk betreffend die "Entjudung des nicht land- oder forstwirtschaftliche genutzen Grundbesitzes."
Ferner dokumentiert diese Akte auch die Ausgrenzung der Juden aus der Gesellschaft. In diesem Fall betrifft dies das Verbot an Juden, sich von deutschen Friseuren bedienen zu lassen.
Zur genauen Erfassung deutsch-jüdischer Mischehen wendet sich die Gestapo an die Landräte. In diesem Zusammenhang steht der "Fall Wetterau". Der Gendarmeriebeamte Hans Wetterau heiratete die "Vollblutjüdin" Ida Sara(h) Wetterau, geb. Kaiser. Dieser Fall schildert exemplarisch die Bandbreite der Judenverfolung: Die Jüdin Sara Wetterau stünde in zu engem Kontakt mit der deutschen Bevölkerung. Ihr Verhalten und Auftreten in der Öffentlichkeit sei zu dreist. Zahlreiche Deutsche würden sich mitschuldig machen. Sie habe negativen Einfluss auf ihren Ehemann, der ehemals ein aktives Mitglied der NSDAP gewesen sei, bereits schon vor der Machtergreifung. Auf Grund dieser Vergehen müsse sie in ein Konzentrationslager eingewiesen werden (Dieser Antrag wird abgelehnt). Ein Ausspruch aus einem Schreiben der NSDAP Ortsgruppe Lohen war titelgebend für das Buch "mit Rumpf und Stumpf ausrotten .. Zur Geschichte der Juden in Marburg und Umgebung nach 1933" von Günther Rehme und Konstantin Haase 1.
1. Günther Rehme/Konstantin Haase: mit Rumpf und Stumpf ausrotten ... Zur Geschichte der Juden in Marburg und Umgebung nach 1933, Marburger Stadtschriften zur Geschichte und Kultur 6., Marburg 1982.
Bearbeitet von Christian Siekmann
Mit einer obligatorischen Erfassung der persönlichen Daten des jüdischen Lehrers und Emigranten Levi Kaufmann, Halsdorf, soll geprüft und ggf. veranlasst werden, selbigem die deutsche Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Das Raster enthält: Personalien, Konfession, Lebenslauf, politische Zugehörigkeit, Unterstützung marxistischer Parteien o.ä., Schulden, Politische Einstellung vor der Machtübernahme der NSDAP, Vorstrafen, Familie, Vermögenswerte. Die Erfassung und Übermittlung der Daten erfolgte im April und findet sich in Bl. 35. Vgl. hierzu auch: Marburg Bl. 24 ff.: http://www.digam.net/dokument.php?ID=7877
Kontext: Gendarmeriebeamter Hans Wetterau heiratete die "Vollblutjüdin" Ida Sara(h) Wetterau, geb. Kaiser. Aus dieser Ehe gingen 3 Kinder hervor.
Vgl.
http://www.digam.net/dokument.php?ID=7904
http://www.digam.net/dokument.php?ID=7907
Wegen "abträglichen Verhaltens gegenüber der deutschblütigen Bevölkerung in Lohra" soll die Jüdin Ida Sara Wetterau verwarnt werden. Dieses geschieht im Anschluss. Bei erneutem Fehlverhalten müsse jedoch eine Festnahme vollzogen werden.
Kontext: Gendarmeriebeamter Hans Wetterau heiratete die "Vollblutjüdin" Ida Sara(h) Wetterau, geb. Kaiser. Aus dieser Ehe gingen 3 Kinder hervor.
Schreiben der NSDAP Ortsgruppe Lohra an den Kreisleiter der NSDAP, Lohra, 15. August 1941. Der Autor bemängelt unterlassene Aktionen seitens des Staates bezüglich Straffreiheit beim Umgang der deutschen Bevölkerung mit den jüdischen Deutschen. Deutlich gemacht wird dieses am Beispiel der Mischehe Hans Wetteraus mit der Jüdin Ida Sara(h) Kaiser. In diesem Fall müsse unterschieden werden "zwischen einem Wetterau in den letzten Kampfjahren und nach der Machtergreifung und dem selben Wetterau nach dem Jahre 1939." Der Autor verweist auf die Verdienste Wetteraus in der Vergangenheit. Auch habe er anfänglich einer oktroyierten Scheidung zugestimmt, diese dann aber doch nicht unternommen. Im Gegenteil, er versuchte zu beweisen, dass seine Frau Halbjüdin wäre. Auch habe Wetterau versucht, seinen Sohn Hugo, "der der schmierigste jüdische Charakter ist, den je Lohra erlebte [...]" in die Wehrmacht aufzunehmen. Nach einigen Monaten wurde er aber entlassen, genau wie später Hans Wetterau, aufgrund der jüdischen Mutter/Ehefrau. Der Autor bemängelt, dass der Kontakt Ida Wetteraus mit den Bewohnern Lohras parteisschädigend sei und dem Erziehungsauftrag der HJ widerspräche und konterkariere. Auch NSDAP Mitglieder würden Umgang mit ihr haben (diese müssten aus der Partei ausgeschlossen werden). "Um aber das Ansehen der Partei nicht noch weiter schädigen zu lassen, um weiter die Möglichkeit rassischer Erziehung und Beeinflussung unserer Volksgenossen und der Jugend zu haben und um der Jüdin ihr herausforderndes Wesen gegenüber dem Ortsgruppenleiter der NSDAP auszutreiben, muss ich darum bitten, dass sowohl von der Partei, wie von den Staatsdienststellen dieser Judenklüngel und seine Förderer mit Rumpf und Stumpf ausgerotten werden."
Kontext: Gendarmeriebeamter Hans Wetterau heiratete die "Vollblutjüdin" Ida Sara(h) Wetterau, geb. Kaiser. Aus dieser Ehe gingen 3 Kinder hervor.
Am 27. Oktober schreibt der Ortsgruppenleiter der NSDAP in Lohra an den Landrat in Marburg. Der Autor fordert, dass man Ida Wetterau "für immer" in ein Konzentrationslager bringen müsse. Die Verdienste, die Hans Wetterau in der Vergangenheit geleistet hat (aktives Mitgleid der NSDAP, auch bereits vor der Machtergreifung Hitlers) werden erwähnt, aber gleichzeitig mahnt der Autor dazu, Neutralität zu wahren, "um unsere übrigen Volksgenossen nicht noch weiter von dieser Pest ankränkeln zu lassen [...] Es ist eine Schande, dass ein Mensch, der ein durchaus brauchbares Glied in unserer Volksgemeinschaft gewesen wäre, sich von dieser schmierigen Jüdin in eine solche Gegnerschaft gegen den Staat heineinmanövrieren lässt." Alle Verwarnungen gegen Hans Wetterau wären fruchtlos geblieben. Ida Wetterau benähme sich in der Öffentlichkeit zu dreist und stünde in engem Kontakt zu der Bevölkerung. Daher fordert der Autor: "Ich habe in meinem Schreiben nicht nur den Antrag gestellt, den Judenklüngel auszurotten, sondern auch seine Förderer [...]"
Kontext: Gendarmeriebeamter Hans Wetterau heiratete die "Vollblutjüdin" Ida Sara(h) Wetterau, geb. Kaiser. Aus dieser Ehe gingen 3 Kinder hervor.
Vgl.:
http://www.digam.net/dokument.php?ID=7904
http://www.digam.net/dokument.php?ID=7907
Im weiteren Verlauf, wird der Antrag, Ida Wetterau in ein Konzentrationslager zu bringen, abgelehnt (vgl. B. 68 - 70). Das "dreiste Auftreten" Ida Wetteraus in der Öffentlichkeit wird scharf veruteilt. Die vorhergesehe Festnahme und Überweisung Ida Wetteraus wird jedoch verworfen: Es wäre unklar, ob Ida Wetteraus Vater wirklich Jude wäre. Auch werden die Verdienste Hans Wetteraus hervorgehoben. Da zusätzlich eine Heirat der gemeinsamen Tochter Irma mit dem "deutschblütigen" Wilhelm Hartmanns vom Reichsminster des Inneren erlaubt wurde (Bl. 67), ergäbe sich eine neue Sachlage. Dieser wird dadurch Rechnung getragen, dass Ida Wetterau lediglich streng verwarnt werden solle (siehe Bl. 73 und 73 v, sowie Bl. 74).
Die Geheime Staatspolizei fordert die genaue Erfassung der noch im Regierungsbezirk Kassel verbliebenen Juden an. Es soll ein Überblick über die in Kassel "vorhandenen" Juden verschafft werden. Bl. 79 zeigt den Sammelbogen bezüglich deutsch-jüdischer Mischehen in Kassel an. Vermerkt sind 3 Mischehen in Kirchhain und Lohra.
Bl. 84 zeigt die genaue Erfassung der deutsch-jüdischen Mischehen im Landkreis Marburg.

Kurzer Abriss der militärischen Karriere Josef Bergensteins im Ersten Weltkrieg

In diesem Ausstellungsraum sind Dokumente aus der Landratsamts- akte 180 Marburg 4830 zu sehen, welche fast vollständig auf- genommen wurde und Schrift- wechsel des Landrats in Marburg umfasst. Dieser gibt insbesondere über die Vorbereitungen der am 6. September 1942 erfolgten Deportation aus dem Landkreis Marburg Auskunft. Dabei handelt es sich um die dritte und letzte Deportation aus dem Landkreis Marburg, die über Kassel nach Theresienstadt führte [1].
Die Vorbereitungen zu dieser Deportation lassen sich anhand der Dokumente auf verschiedenen Ebenen nachvollziehen. Zum einen gibt es für den Regierungsbezirk Kassel zwei Rundverfügungen von Lüdcke von der Staatspolizeistelle Kassel vom 25. August und 28. August 1942, in denen u. a. Angaben zum Umfang des Gepäcks und zum Fahrplan sowie eine Namensliste der zu deportierenden Juden enthalten sind (Dokumente 3, 3.1, 5). Des Weiteren richtet der Landrat in Marburg zwei Verfügungen vom 28. August und 30. August 1942 an die Bürgermeister, in welchen er die Informationen aus den oben genannten Rundverfügungen weitergibt (Dokumente 4, 6). Schließlich wird die kommunale Ebene dadurch erfasst, dass die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden dem Landrat in Marburg Bericht erstatten, inwieweit die Vorgaben umgesetzt worden seien (Dokumente 6.1, 6.2, 6.3, 6.4, 6.5, 6.6, 6.7, 6.8, 6.9).
Des Weiteren geben die Dokumente nicht nur Auskunft über die Vorbereitungen zur dritten Deportation, sondern der Landrat in Marburg bestätigt auch der Staatspolizeistelle Kassel in einem Schreiben vom 7. September 1942, dass die Deportation reibungslos verlaufen sei (Dokument 7).
Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass vier Dokumente in diesem Ausstellungsraum die zwangsweise Umsiedlung von jüdischen Familien aus Schweinsberg und Mardorf nach Rauischholzhausen im August 1942, kurz vor der letzten Deportation, thematisieren (Dokumente 1.0, 1.1, 2.0, 2.1). Infolge dieser Ghettoisierung lebten im Landkreis Marburg Juden nur noch in Rauischholzhausen und Roth.
Insgesamt ermöglichen die Dokumente v. a. einen Einblick in die Planungen zu der Deportation am 6. September 1942 aus dem Landkreis Marburg. Weitere Dokumente zu allen drei Deportationen finden sich in dem Ausstellungsraum mit Dokumenten aus der Landratsamtsakte 180 Marburg 3593 mit dem Titel "Juden und Emigranten Bd. 3 1934-1943" (Einführung in den Ausstellungsraum mit Dokumenten aus der Akte 180 Marburg 3593).
Bearbeitet von Katrin Rack
[1] Für Angaben zu den drei Deportationen vgl. Händler-Lachmann, Barbara, Händler, Harald, Schütt, Ulrich, Purim, Purim, ihr liebe Leut, wißt ihr was Purim bedeut? Jüdisches Leben im Landkreis Marburg im 20. Jahrhundert, Marburg 1995, S. 227.
Der Landrat des Landkreises Marburg meldet die zwangsweise Übersiedlung jüdischer Familien aus Schweinsberg und Mardorf nach Rauischholzhausen. Infolge der Ghettoisierung würden im Landkreis Marburg Juden nur noch in den Gemeinden Rauischholzhausen und Roth leben. Der Landrat begründet dieses Verfahren mit einer "besseren Kontrolle" und "vereinfachtem Schriftverkehr".
Des Weiteren werden in dem Schreiben die beiden aus Mardorf zwangsweise umgesiedelten Juden namentlich genannt. Die betroffenden Schweinsberger Juden werden in einem Schreiben des Schweinsberger Bürgermeisters an den Landrat des Landkreises Marburg vom 30. Juli 1942 genannt, das dem Schreiben an die Staatspolizeistelle Kassel als Abschrift vorangestellt ist (siehe vorangehendes Dokument).
Schreiben an die Landräte in Eschwege, Frankenberg, Fritzlar-Homberg, Fulda, Gelnhausen, Hanau, Hersfeld, Hünfeld, Marburg, Melsungen, Rotenburg a. d. Fulda, Schlüchtern, Schmalkalden, Witzenhausen und Ziegenhain sowie die Staatspolizei-Aussendienststelle, den Polizeidirektor in Hanau, den Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörde in Marburg und nachrichtlich an den Oberpräsidenten in Kassel, den Regierungspräsidenten in Kassel und die SD.-Hauptaussenstelle in Kassel.
Die Verfügung enthält v. a. Informationen zum Ablauf der Deportation und zum Umgang mit Vermögen sowie Vorgaben zum Umfang des Gepäcks. Dem Schreiben ist eine Namensliste der betroffenen Juden aus dem Kreis Marburg-Land beigelegt (siehe folgendes Dokument).
Die Deportation nach Theresienstadt vom 7.9. 1942 (ab Kassel) schließt die am 8.12.1941 begonnenen "Evakuierungen" ab. Mit der Deportation vom 7.9. 1942 werden die letzten verbliebenen jüdischen Bürger aus dem Bereich des Regierungspräsidiums Kassel in die Vernichtungslager geschickt.
Der Landrat gibt die Anweisungen aus der Rundverfügung der Staatspolizeistelle Kassel vom 25. August 1942 an die Bürgermeister weiter.
Weiterleitung des Schreibens an den Vorsteher des Finanzamtes Marburg. Des Weiteren ergehen Anweisungen an den Bezirksleutnant Klawitter.
Schreiben an die Landräte in Eschwege, Frankenberg, Fritzlar-Homberg, Fulda, Gelnhausen, Hanau, Hersfeld, Hünfeld, Marburg, Melsungen, Rotenburg a. d. Fulda, Schlüchtern, Schmalkalden, Witzenhausen und Ziegenhain sowie die Staatspolizei-Aussendienststelle in Fulda, den Polizeidirektor in Hanau und den Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörde in Marburg/Lahn. Nachrichtlich an den Oberpräsidenten in Kassel, den Regierungspräsidenten in Kassel und der SD.-Hauptaussenstelle in Kassel.
Bezugnahme auf seine Rundverfügung vom 25. August 1942.
Das Schreiben enthält einen Fahrplan sowie Anweisungen u. a. zu der Beförderung von "zusätzlichen Ausrüstungsgegenstände der Juden".
Bezugnahme auf die Verfügungen vom 28. August und 30. August 1942.
Der Bürgermeister teilt mit, dass die notwendigen Vorbereitungen getroffen worden seien.
Bezugnahme auf die Verfügung vom 30. August 1942.
Der Bürgermeister teilt mit, dass das Erforderliche veranlasst sei.
Bezugnahme auf die Verfügung vom 30. August 1942.
Der Bürgermeister teilt mit, dass die notwendigen Vorbereitungen getroffen worden seien.
Bezugnahme auf die Verfügung vom 30. August 1942.
Der Bürgermeister teilt mit, welche Vorbereitungen für die Deportation von Ludwig Abt getroffen worden seien.
Bezugnahme auf die Verfügungen vom 25. August und 28. August 1942.
Der Landrat teilt mit, dass die Deportation reibungslos verlaufen sei.
Bezugnahme auf eine Verfügung vom 9. Oktober 1942.
Das Schreiben enthält eine Liste der "sichergestellten" Fahrräder und Schreibmaschinen im Landkreis Marburg.
Da festgestellt werden soll, ob Minna Hanauer die deutsche Staatsangehörigkeit "verloren" hat, wird um Beantwortung mehrerer Fragen zu ihrer Person gebeten.
Weiterleitung des Schreibens durch den Landrat in Marburg an den Bürgermeister in Kirchhain mit Bitte um Beantwortung der Fragen.

Mit der Verordnung des Regierungspräsidenten in Kassel vom 15. Juni 1940 (http://www.digam.net/?dok=7868), wurde ein administrativer Prozess in die Wege geleitet, der die bereits erfolgte Ghettoisierung der lebenden Juden auch auf die Toten ausdehnte. Dafür wurden im Landkreis Marburg die vorhandenen jüdischen Friedhöfe erfasst (http://www.digam.net/?dok=7906 Bl. 5) und bis auf einen Sammelfriedhof in Marburg (http://www.digam.net/?dok=7887) ausnahmslos polizeilich geschlossen (http://www.digam.net/?dok=7922).
Dieser behördliche Vorgang, angefangen beim Regierungspräsidenten in Kassel über den Landrat in Marburg bis hin zu den einzelnen Bürgermeistern und Gendarmeriestellen der jeweiligen Gemeinden (http://www.digam.net/?dok=7906 Bl. 4) ist gekennzeichnet durch seinen pragmatischen Wortlaut. Entweder bietet sich die Schließung eines jüdischen Friedhofes u.a. aufgrund der geringen Zahl jüdischer Familien an (http://www.digam.net/?dok=7899 Bl. 12) oder es bestehen vermeintliche Gründe für eine Verwendung für landwirtschaftliche Zwecke .
In diesem Zusammenhang werden zwei neue Begriffe eingeführt, die zur "Versachlichung" des Vorganges entscheidend beitragen: "Totenhöfe" (http://www.digam.net/?dok=7906 Bl. 5) und "Säkularisation" (http://www.digam.net/?dok=7919 Bl. 34). Der erstgenannte Begriff nimmt nicht nur eine Abgrenzung zur entsprechenden Wortbedeutung in der christlichen Bestattungskultur vor, sondern bietet auch den Vorteil mit den Toten aus ganz pragmatischen Gründen umgehen zu können (http://www.digam.net/?dok=7928 Bl. 50), ohne deren "Frieden" zu stören.
Mit dem Begriff "Säkularisation" wird dieser Vorgang in eine Reihe historisch - politischer Entscheidungen gestellt, die das Ende einer über Jahrhunderte gewachsenen kirchlichen Tradition und den Beginn einer neuen Zeit bedeuteten.
Für die jüdischen Friedhöfe im Landkreis Marburg bedeutete es größtenteils den Übergang in das Gemeindeeigentum und die Nutzung für landwirtschaftliche Zwecke.
Besiegelt wird das Ende von dieser Form jüdischer Kultur im Landkreis Marburg durch die "Sicherstellung" geeigneter Grabsteine für wissenschaftliche und geschichtliche Zwecke ( http://www.digam.net/?dok=7932).
Bearbeitet von Marcel Reck
Das Schreiben ist an den Polizeipräsidenten in Kassel, den Polizeidirektor in Hanau, die Landräte des Bezirks Kassel sowie die Oberbürgermeister der Städte Kassel, Hanau, Fulda und Marburg gerichtet.
Der Regierungspräsident sieht aufgrund der starken Abwanderung der Juden einen jüdischen Totenhof für den Landkreis Kassel als ausreichend an. Die überflüssigen Totenhöfe sollen sobald als möglich einer Säkularisation / Verweltlichung zugeführt und wirtschaftlich wieder nutzbar gemacht werden.
Das Antwortschreiben betreffend die Erfassung und Verwendung jüdischer Totenhöfe vom 21. Juni 1940. Blatt 5 gibt Auskunft über Größe, Frequentierung in den vorangegangenen 30 Jahren und aktueller Verwendung des jüdischen Totenhofes in Neustadt. Ausdruck des selbstverständlichen Interesses, den Totenhof wirtschaftlichen Zwecken zuzuführen.
Das Antwortschreiben betreffend die Erfassung und Verwendung jüdischer Totenhöfe vom 21. Juni 1940. Blatt 5 macht die geforderten Angaben über Größe, Frequentierung in den vorangegangenen 30 Jahren und aktueller Verwendung des jüdischen Totenhofes in Allendorf ll. Ausführliche Beschreibung warum die Zuführung des Totenhofes für wirtschaftlichen Zwecke gegeben ist. Betonung der Notwendigkeit des Entfernens der Grabsteine wegen der von diesen ausgehenden "Sicherheitsgefährdung" für die Öffentlichkeit. Es wird der Vorschlag gemacht, die Grabsteine des Totenhofes zu Schleifsteinen umzuarbeiten.
Der Landrat nimmt Bezug auf die Verfügung des Regierungspräsidenten vom 15.06.1940 und das Schreiben des Oberbürgermeisters von Marburg vom 08.07. 1940.
Die Bürgermeister der Gemeinden Kirchhain, Neutstadt, Rauschenberg,Schweinsberg, Wetter, Allendorf, Fronhausen, Halsdorf, Lohra, Nordeck, Rauisch - Holzhausen und Roth werden vom Landrat gebeten, bei ihm entsprechende Anträge, hinsichtlich der polizeilichen Schließung und Säkularisation der jüdischen Totenhöfe, für den Regierungspräsidenten vorzulegen.
Der Regierungspräsident veranlasst die Schließung der Totenhöfe in Kirchhain, Rauschenberg, Halsdorf, Fronhausen und Roth unter ausdrücklicher Betonung, dass die Verwendung der Totenhöfe für wirtschaftliche Zwecke erst nach einer positiven schriftlichen Stellungnahme des Staatlichen Gesundheitsamtes in dieser Angelegenheit erfolgen kann.
Weiterleitung der Veranlassung an die Bürgermeister über den Landrat in Marburg (s. Blatt 43).
Der Regierungspräsident ordnet die Freigabe des nicht belegten Teils des Totenhofes in Roth für wirtschaftliche Zwecke an. Die Juden in Roth sind davon in Kenntnis zu setzen.
Weitergabe der Verodnung über den Landrat an den Bürgermeister in der Gemeinde Roth (s. Blatt 46 v).

Die Dokumente in diesem Ausstellungsraum sind der Landratsamtsakte 180 Marburg 4837 entnommen. Es handelt sich bei den ausgewählten Dokumenten um Schriftwechsel des Landrats aus den Jahren 1938-1946, die sich v. a. auf den Umgang mit Synagogen, jüdischen Betsälen und Friedhöfen sowie Häusern in jüdischem Besitz nach der Reichspogromnacht beziehen. Der Landrat in Marburg trat in diesem Zusammenhang als mittlere Instanz zwischen dem Regierungspräsidenten in Kassel und den Bürgermeistern des Landkreises auf. Beispielsweise verfügte der Regierungspräsident in Kassel in einem Schreiben vom 17. Oktober 1939, dass ihm über den Zustand von Synagogen, jüdischen Betsälen und Friedhöfen Bericht erstattet werde (Dokument 3). Dieses Schreiben leitete der Landrat in Marburg an die Bürgermeister weiter, deren Antwortschreiben (Dokumente 3.1, 3.2, 3.3, 3.4, 3.5) er in seinem Schreiben vom 25. November 1939 im Ergebnis zusammengefasst dem Regierungspräsidenten sendete (Dokument 3.6). Dieser Schriftwechsel findet sich in seinem ganzen Umfang in diesem Ausstellungsraum wieder, da er ungefähr ein Jahr nach der Reichspogromnacht einen Einblick in das Ausmaß der Zerstörung jüdischen gemeinschaftlichen Lebens und Besitzes im Landkreis Marburg gewährt sowie ggf. die weitere Nutzung durch die Nationalsozialisten dokumentiert. Zudem gibt eine Aufstellung vom 28. Mai 1946 einen Überblick über die im Landkreis Marburg vorhanden gewesenen und noch vorhandenen Synagogen, Betsäle und jüdischen Friedhöfe nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft (Dokument 7.1).
Des Weiteren umfasst dieser Ausstellungsraum mehrere Schreiben aus den Jahren 1941 und 1942 zum Verkauf des Hauses von David Strauss in Kirchhain, um anhand eines Beispiels zu zeigen wie die „Arisierung“ jüdischen Besitzes verlaufen konnte (Dokumente 6, 6.1, 6.2, 6.3, 6.4).
Wenngleich im Rahmen dieser Einführung nicht alle Dokumente vorgestellt werden konnten, decken die bisher genannten Dokumente zwei zentrale Bereiche dieses Ausstellungsraums ab.
Bearbeitet von Katrin Rack
Bezugnahme auf ein Schreiben vom 20. Juli 1938.
Schreiben an den Rechtsanwalt und Notar Georg Pfeiffer in Kirchhain und an den Landrat in Marburg.
Weiterleitung durch den Landrat in Marburg an die Bürgermeister in Wittelsberg und Rauischholzhausen.
Eine Genehmigung zur Veräußerung des Grundbesitzes der israelitischen Gemeinde Holzhausen-Wittelsberg sei nicht erforderlich. Die grundlegenden Bestimmungen seien das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der jüdischen Kultusvereinigungen vom 28. März 1938 und die Anordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan aufgrund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26. April 1938.
Die Staatspolizeistelle Kassel ordnet an, den jüdischen Gemeinden mitzuteilen, dass sie Luftschutzräume selbst einzurichten hätten und der Ausgang nach 20 Uhr für Juden verboten sei. Diese Anordnungen dürften laut Befehl des Reichsführers SS nicht in Zeitungen und öffentlichen Erlassen bekanntgegeben werden.
Weiterleitung des Funkspruchs mit jeweiliger Angabe der Uhrzeit an den Oberbürgermeister Pol. Hauptwachtmeister Wild, die Landratsämter in Ziegenhain und Frankenberg und die Gendarmeriemeister, wobei die Gendarmeriemeister den Auftrag erhalten, das Erforderliche zu veranlassen.
Bezugnahme auf die Verfügung vom 30. Oktober 1939.
Der Kirchhainer Bürgermeister berichtet über den Zustand und die Nutzung der dortigen Synagoge. Diese sei äusserlich völlig unversehrt und die Inneneinrichtung teilweise demoliert. Das Gebäude sei abgeschlossen und die Schlüssel verwahrt worden. Seit dem 12. Dezember 1938 sei die Synagoge städtisches Eigentum und werde seit dem 14. Oktober 1939 von der Reichsstelle für Getreide für die Getreidelagerung genutzt. Wenn das Gebäude nicht mehr benötigt werde, soll der Abbruch erfolgen.
Bezugnahme auf die Verfügung vom 17. Oktober 1939 über die Ruinen der Synagogen jüdischer Kultusvereinigungen.
Der Landrat in Marburg teilt dem Regierungspräsidenten in Kassel mit, dass die Ruinen der Synagogen in Neustadt und Schweinsberg inzwischen beseitigt seien. Die übrigen Synagogen würden meist zur Getreidelagerung verwandt.
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister des Bezirks und die Bürgermeister in Eschwege und Hersfeld.
Weiterleitung durch den Landrat in Marburg an die Bürgermeister in Kirchhain, Neustadt, Wetter, Schweinsberg, Roth und Momberg.
Bezugnahme auf die Verfügung vom 4. April 1939.
Angaben zu Material und baulichem Zustand, Berechnung des Grundstückwertes
Die Lage des Hauses stelle eine Verkehrsbehinderung und eine Gefährdung dar, weshalb empfohlen wird das Haus auf Abbruch zu veräußern.
Bezugnahme auf Anfrage von Gonther.
Der Landrat teilt Gonther mit, dass das Haus zur Zeit nicht verkauft werden könne, da David Strauss "ausgewandert" sei und niemandem eine Vollmacht überlassen habe. Daher müsse erst das Ausbürgerungsverfahren abgeschlossen sein. Gonther wird zugesichert, dass er als Erwerber in Frage käme, da sein Antrag vom Präsidenten der Reichspostdirektion in Kassel unterstützt werde und der Ortsgruppenleiter der NSDAP Kirchhain, der Bürgermeister Metzler in Kirchhain und die zuständige Kreisleitung der Veräußerung zugestimmt hätten.
Schreiben an die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks.
Weiterleitung durch den Landrat an die Bürgermeister.
Bezugnahme auf einen Erlaß des Ministers des Innern vom 23. April 1946 betreffend jüdische Kultstätten.
Angaben über Kirchhain, Neustadt, Rauschenberg, Schweinsberg, Wetter, Allendorf, Fronhausen, Halsdorf, R.-Holzhausen, Josbach, Lohra, Mardorf, Momberg, Niederklein, Nordeck, Roth und Wohra.
In folgenden Gemeinden befanden sich weder Synagoge noch Betsaal noch ein jüdischer Friedhof: Amöneburg, Betziesdorf, Bürgeln, Cölbe, Ebsdorf, Elnhausen, Gossfelden, Himmelsberg, Oberwalgern, Rossdorf, Sterzhausen, Wehrda und Wittelsberg.

Titel: siehe Blatt 54
Die Akte "180 Biedenkopf, Nr. 5645" befasst sich ausgiebig mit der Straftat „Isenberg“ vom 05. September 1939 in Buchenau. Sie umfasst 56 Dokumente. Ein großer Teil liegt in diesem Ausstellungsraum in digitalisierter Form vor.
Am Spätabend des 05. September 1939 gegen 23.00 wurde das Geschwisterpaar Bert(h)a Sara und Jakob Israel Isenberg in Buchenau von einigen Männern und Burschen aus dem Haus getrieben, zusammengeschlagen, verhöhnt und verfolgt. Jakob Isenberg konnte sich schließlich in seinem Haus verstecken. Nachdem man seine Schwester aus ihrem Versteck getrieben hatte, wurde sie erneut verprügelt, bis man sie für tot hielt. Der Bürgermeister nahm sich schließlich ihrer an. Weiter kam es im Zuge des Übergriffs zu Diebstahl. Im weiteren Verlauf wurden beide Geschwister ins Krankenhaus gebracht. Die Geschwister versuchen als Folge des Übergriffs von Buchenau nach Marburg zu ziehen und schließlich auszuwandern.
Jakob und Berta Isenberg konnten einige Täter identifizieren, gegen diese wurde Strafantrag gestellt. Die Aussagen liegen vor. Etwa die Hälfte gesteht die Tat, der andere Teil leugnet.
Der Oberstaatsanwalt Lautz in Marburg kritisiert Anfang Dezember 1939 die oberflächliche Bearbeitung der Straftat und verlangt nach einer gründlichen Ermittlung. Diese Kritik ist beachtlich und eindeutig im Zusammenhang mit dem Beginn des 2. Weltkrieges zu sehen. In den Vorkriegsjahren kam es kaum zu nennenswerten Verurteilungen nach Verbrechen an jüdischen Bürgern und jüdischem Eigentum. Vorangehende Interventionen, wie die im Dezember 1939, sind in dieser Form nicht bekannt. Dieser Kritik scheint also ein Wandel der NS-Führung im Umgang mit Verbrechen an Juden im Deutschen Reich voraus gegangen zu sein. Durch den Kriegsbeginn hatte die NS-Führung die Absicht, dass es an der Heimatfront möglichst ruhig blieb. Eine Tolerierung und Forcierung der Übergriffe, wie in den Vorkriegsjahren, war nicht mehr vorgesehen. Nach der Reichspogromnacht vom 09. auf den 10. November hatte die Judenverfolgung in Deutschland eine neue "Qualität" erreicht und die deutschen Juden waren de facto entrechtet und enteignet. Nachfolgende Übergriffe seitens der SA und/oder anderen Organisationen waren - vor allem im Kontext der außenpolitischen Zuspitzung und dem Kriegsbeginn am 01. September 1939 - dysfunktional. Mit dem Überfall auf Polen und besonders mit dem Beginn des Russlandfeldzuges am 22. Juni 1941 begann die systematische Judenvernichtung.
Bereits im Vorfeld hatte sich die Staatsanwaltschaft Marburg sehr negativ über die Vorfälle in Buchenau geäußert (Bl. 1 oben). Diese Ansicht steht in deutlichem Gegensatz zu der Bewertung von Dr. Burghof. Dieser befasst sich in einem Schreiben des Landrates in Biedenkopf an den Oberstaatsanwalt in Marburg ausführlich mit den Hintergründen und Motiven der Tat. Außerdem nennt er einen zweiten, ähnlichen Fall des Julius Isreal Katz. In diesem Schreiben bezieht sich der Autor explizit (Bl. 46) auf das Attentat an dem Legationssekretär vom Rath in Paris vom 07. November 1938. und nennt dieses als Grund für die wachsende Empörung der nationalsozialistischen Gemeinde Buchenau gegen ihre jüdischen Einwohner. Weiter hätte sich Jakob Isenberg geweigert (im Gegensatz zu den übrigen Buchenauer Juden) auszuwandern. Dr. Burghof stellt fest, dass das Scheitern der Friedensbemühungen im Jahre 1938 dem Weltjudentum zuzuschreiben sei. Dieses hätte sich wiederum auf die Stimmung in Buchenau ausgewirkt. Dementsprechend habe es keinen direkten Auslöser für die Tat am 05. September gegeben, sondern diese war vielmehr das Ergebnis vorangehender Taten, Gesten, marxistischer Weltanschauung und Angriffen gegen die NS-Ideologie. Die nationalsozialistische Gemeinde Buchenau wäre in einen Zustand der Volksnotwehr geraten - gegen den Terror Isenbergs. Die Angreifer wären Vollstrecker eines allgemeinem Volkswillens gewesen und hätten keinerlei persönlichen Vorteil gesucht. Ferner hätten die Juden geäußert, dass ein möglicher Krieg ihnen Erlösung bringe.
Der Autor zieht die Schlussfolgerung, dass die Verfahren einzustellen seien. Die Gesetze müssten so angewendet werden, dass sie dem nationalsozialistischen Rechtsempfinden entsprächen.
Das Schreiben endet mit der expliziten Aufforderung an die Kreisleitung der NSDAP in Dillenburg, die Fortführung des Verfahrens zu unterbinden. Ferner eine Aufforderung an die Polizeidienststelle in Frankfurt, das Verfahren einzustellen. Diese teilt die Ansicht Burghofs.
Am Bericht Burghofs (Bl. 43) wird die von der NS-Führung proklamierte "Arisierung" der Wirtschaft deutlich. Der jüdische Besitz soll in "arische" Hände übergehen. Die jüdische Bevölkerung soll nur so viel behalten, wie sie für eine baldige Auswanderung benötigt. Die Aktionen gegen die Juden Katz und Isenberg dienen dem Interesse der NS-Führung, die (Zwangs-)Auswanderung der Juden zu forcieren. Die Dokumente 29 und 29v verstärken diesen Eindruck.
Bearbeitet von Christian Siekmann
Vorangehend die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Marburg betreffend den schweren Körperverletzungen gegen Berta Sara und Jakob Israel Isenberg in Buchenau am 05. September 1939 gegen 23.00. Seitens der Staatsanwaltschaft heißt es, dass dieser Übergriff eine Schande sei und nicht gutgeheißen werde.
Nachfolgend der Bericht des Gendarmeriemeisters Ebling an den Oberstaatsanwalt in Marburg. Der Verfasser schildert den gewaltsamen Übergriff zahlreicher Buchenauer Burschen und Männer gegen das jüdische Geschwisterpaar. Diese seien aus ihrem Haus herausgeholt und dann wiederholt schwer geschlagen worden. Ein Fluchtversuch in die nahe gelegene Wirtschaft "Nassauer" endet erfolglos und sie müssen sich erneut auf die Straße begeben, wo sie immer noch verfolgt werden. Jakob Isenberg versteckt sich schließlich in seinem Haus. Derweil wurde Berta Isenberg auf offener Straße erneut schwer zusammen geschlagen, bis man sie für tot hielt. Ferner habe es nachfolgend einen Diebstahl im Hause Isenberg gegeben.
vgl. hierzu besonders: http://www.digam.net/dokument.php?ID=7950
Aussage Jakob Isenbergs zum Tathergang des Übergriffs am Spätabend des 05. Septembers 1939 in Buchenau. Isenberg identifiziert zahlreiche Täter, deren Aussagen im Folgenden dokumentiert werden.
Am späten Abend des 05. September 1939 wurden in Buchenau die Geschwister Berta und Jakob Isenberg von einigen Männern und Burschen aus dem Haus gezerrt, verfolgt und auf der Straße zusammengeschlagen. In diesem Zusammenhang werden im Folgendem einige Aussagen der (vermeintlichen) Täter dokumentiert: Johannes Engel (Bl. 2), Willi Schlimme (Bl. 2v), August Lehberger (Bl. 3), Waldemar Damm (Bl. 4, 4v), Peter Acker (Bl. 5), Hermann Messerschmidt (Bl. 6, 6v) und Karl Dersch (B. 7).
Punkt 1: Bert(h)a Isenberg erscheint beim Oberbürgermeister in Marburg. Sie bittet, dass sie und ihre beiden Geschwister nach Marburg ziehen dürfen. Ausschlaggebend hierfür ist augenscheinlich die Gewalttat vom 05. September 1939. Außerdem hätten sie zwangsweise ihre Wohnung aufgeben müssen. Sie vermerkt, dass sie hinreichende Mittel hätten, nicht der öffentlichen Fürsorge zur Last zu fallen. Der Oberbürgermeister weist darauf hin, dass "nichts dem entgegenstände, in Buchenau weiter zu wohnen, bis die von ihr vorgesehene Auswanderung stattfinden könne."
Der Bürgermeister stellt unter Punkt 2 fest, dass Marburg nicht das Sammelbecken für Juden werden solle, "die die Landstädte nicht mehr haben wollen". Ferner würde eine gewisse Wohnungsnot herrschen. Die Juden sollen nach Möglichkeit - bis zu ihrer Auwanderung - in anderen Orten des Landkreises Biedenkopf eine Wohnung finden.
Gegen folgende Personen wird in der Strafttat Isenberg (http://www.digam.net/dokument.php?ID=7924&lput=1128&all) Strafanzeige gestellt:
Johannes Engel, Willi Schlimme. August Lehberger, Waldemar Damm, Peter Acker, Fritz Schwarz, Hermann Messerschmidt, Reinhard Kehlinger, Otto Dönges, Hermann Brössel, Karl Dersch.
Diese hätten gegen die Geschwister Isenberg und deren Eigentum Gewalttätigkeiten begangen. Die ersten 5 gestehen die Tat. Der Beschuldigte Peter Acker reduziert seine Tat auf einen Fußtritt gegen den Hintern. Letztere streiten die Tat ab.
Der Bürgermeister teilt mit, dass es beim Hause des Juden Katz in Niederweidbach zu mehrmaligen Zerstörungen gekommen ist. Verhandlungen hätten bisher keine Täter ermittelt. Der Oberstaatsanwalt legt fest, dass derartige Ausschreitungen für die Zukunft unterbleiben sollen. Besonders die Jugend solle durch Belehrung von weiteren Übergriffen abgehalten werden.
Bl. 37 und 37 v dokumentieren die Aussage von Julius Israel Katz.
Vgl. hierzu: http://www.digam.net/dokument.php?ID=7950
Die Blätter 40 und 40 v dokumentieren die Zeugenaussage von Elsa Keßler.
Blatt 41 beinhaltet eine ergänzende Mitteilung des Bürgermeisters an den Landrat in Biedenkopf. Der Verfasser stellt Spekulationen an, woran die mehrmaligen Übergriffe gegen Julius Israel Katz liegen könnten. Er bezieht sich auf den Ortsgrupenleiter Kessler, der festgestellt habe, dass es "einzig und allein an dem frechen Benehmen der Familie Katz" läge.
Der Verfasser Dr. Burghof bezieht sich mit seinem Schreiben auf die Fälle Isenberg und Katz. (das 6-seitige Schreiben liegt in 2-facher Form vor. Blatt 53 enthält jedoch wichtige Zusätze, die auf Blatt 46 fehlen. Daher ist dieses Dokument doppelt aufgenommen).
Dr. Karl Burghof (Landrat des Kreises Biedenkopf von 1937-1945) geht detailliert auf die o.g. Fälle und dessen Hintergründe ein. Er stellt fest, dass sich aufgrund der vergangenen Ereignisse in Buchenau (Isenberg habe die Gemeinde jahrelang wirtschaftlich und geistig beherrscht) eine schärfste Gegnerschaft gegen Isenberg entwickelt habe. Das fortwährende "freche Benehmen" im Umgang mit seinen Mitbewohnern wird angefügt ("als ob der Jude in Deutschland dem Staatsbürger völlig gleichberechtig sei"). Auch stünde das Attentat an dem Legationssekretär vom Rath in Paris vom 07. November 1938 in engem Zusammenhang mit den beiden Fällen und habe die Empörung in den Gemeinden vergrößert. Weiter habe sich Jakob Isenberg geweigert (im Gegensatz zu den übrigen Buchenauer Juden) auszuwandern. Dr. Burghof stellt fest, dass das Scheitern der Friedensbemühungen im Jahre 1938 dem Weltjudentum zuzuschreiben sei. Dieses hätte sich wiederum auf die Stimmung in Buchenau ausgewirkt. Dementsprechend habe es keinen direkten Auslöser für die Tat am 05. September gegeben, sondern war diese viel mehr das Ergebnis vorangehender Taten, Gesten, marxistischer Weltanschauung und Angriffen gegen die NS-Ideologie. Die nationalsozialistische Gemeinde Buchenau wäre in einen Zustand der Volksnotwehr geraten - gegen den Teror Isenbergs. Die Angreifer wären Vollstrecker eines allgemeinem Volkswillens gewesen und hätten keinerlei persönlichen Vorteil gesucht.
Weiter bezieht sich Dr. Burghof auf Blatt 46 auf den Fall Katz und argumentiert ähnlich. In Niederweidbach hätten die Juden geäußert, dass ein möglicher Krieg ihnen Erlösung bringe.
Der Autor zieht die Schlussfolgerung, dass die Verfahren einzustellen seien. Die Gesetze müssten so angewendet werden, dass sie dem nationalsozialistischen Rechtsempfinden entsprächen.
Das Schreiben endet mit der expliziten Aufforderung an die Kreislietung der NSDAP in Dillenburg, die Fortführung des Verfahrens zu unterbinden. Ferner eine Aufforderung an die Polizeidienststelle in Frankfurt, das Verfahren einzustellen.
Die Geheime Staatspolizeistelle in Frankfurt a. M. fordert einen Leumunds- und Führungsbericht über Julius Israel Isenberg an. Es soll ferner geklärt werden, ob er trotz eines Leides haftfähig wäre.
Das Antwortschreiben des Gendarmerie Einzelpostens Friedensdorfm, Kreis Biedenkopf vom 08. Mai 1940, dokumentiert den entsprechenden Bericht.

Die Akte 180 Frankenberg 2043 beinhaltet Dokumente aus der Korrespondenz des Landrats in Frankenberg von 1938 bis 1939. Inhalt dieser Akte ist die Verfolgung jüdischer Bürger sowohl durch bürokratische Erfassung als auch Überwachung und Repression vor und nach den Novemberpogromen von 1938.
Die "Ausschreitungen" lassen sich durch die in dieser Akte enthaltenen Dokumente teilweise nachvollziehen. Bereits am 8. November gab es eine Anfrage des Regierungspräsidenten in Kassel zu möglichen Ausschreitungen [Dokument 7] . Obwohl in Kassel am Abend des 7. November Pogrome stattfanden, ereigneten sich in Frankenberg erst am 9. und 10. November [Dokument 8] [1].
Nach dem 8. November 1938 ist eine andere Qualität der antisemitischen Verfolgung erkennbar. So genannte "Maßnahmen" während der "Ausschreitungen" gegen Juden werden von der Obrigkeit kanalisiert und zeitweilig angeordnet [Dokument 11] [Dokument 12] . Einen detaillierten Einblick in die Vorgänge der Pogrome ermöglichen Zeugenaussagen und Polizeiberichte, welche trotz ihrer teilweise erkennbaren perspektivischen Verzerrung Rückschlüsse zulassen [Dokument 13] [Dokument 18] .
Nach den Nürnberger Gesetzen definierte Straftaten wurden statistisch erfasst [Dokument 1], verschiedene Wirtschaftszweige wie Pfandleihen für Juden verboten [Dokument 23]. Eine Auswanderung jüdischer Bürger aus eigener Initiative wurde von der lokalen Obrigkeit meistens unterstützt, wie die Dokumente eines Falls zeigen [Dokument 5].
Bearbeitet von Jan Hendrik Höltje
[1] siehe auch Kropat, Wolf-Arno, Reichskristallnacht, Wiesbaden 1997, S. 56 folgende

Dieser Austellungraum beinhaltet Akten aus den Beständen 180 Frankenberg 3954, 1947, 4062, 4007 und 3559. Die Dokumente werden nach Beständen und Seitenzahl geordnet aufgeführt.
Die Akte 180 Frankenberg 3954 beinhaltet Dokumente aus der Korrespondenz des Landratamts in Frankenberg. Das ausgewählte Dokument bezieht sich auf die Einschränkung der Archivbenutzung durch Juden [Dokument 1]. Die Nutzung zu "familiengeschichtlichen Zwecken" wird weiter gestattet, wenn auch stark eingeschränkt durch das Verbot, andere als unbedingt notwendige Akten an jüdische Archivbenutzer auszuhändigen. Interessant ist diese Erlaubnis vor dem Hintergrund der 1935 erlassenen Nürnberger Gesetze, welche "Ariernachweise" für jüdischstämmige Personen vorsah.
Die Akte 180 Frankenberg 1947 beinhaltet Dokumente aus der Korrespondenz des Landratamts in Frankenberg von 1942 bis 1944. Inhalt dieser Akte ist die Enteignung von Pelzen aus jüdischem Besitz. Im Vorfeld der im August durchgeführten Deportationen der jüdischen Bürger aus dem Raum des Regierungsbezirks Kassel sollten "jüdische Sachwerte" wie Pelze enteignet werden. Für diese gab es zu diesem Zeitpunkt einen akuten Verwendungszweck: die mangelhaft mit Winterkleidung ausgerüsteten Soldaten an der Ostfront. Die Enteignung wurde systematisch durch bürokratische Instanzen vorangetrieben [Dokument 1]. Nach einer statistischen Erfassung wurden die Pelze gesammelt und weiter verwendet [Dokument 2] . Bei diesen Aktionen halfen auch jüdische Vertrauenspersonen bei der Erfassung und Sammlung auf einer lokalen Ebene. [Dokument 3] . Diese Repression ist in den Gesamtkontext der bürokratischen Verfolgung einzuordnen, deren Ziel die "Verwertung" jeder jüdischen Existenz und des gesamten Eigentums war.
Die Akte 180 Frankenberg 4062 beinhaltet Dokumente aus der Korrespondenz des Landratamts in Frankenberg. Inhalt dieser Akte ist das Verbot für Juden, öffentliche Hotels und Bäder zu benutzen. Dieser sogenannte "Judenbann" galt nicht für jede Gaststätte, sondern nur für repräsentative, von den "Parteigenossen" frequentierte Einrichtungen. Es wurde in einem Rundschreiben des Landesfremdenverkehrverbands Kurhessen in Kassel an den Kreisausschuß in Frankenberg vom 22. März 1939 festgelegt [Dokument 1] .
Die Akte 180 Frankenberg 4007 beinhaltet Dokumente aus der Korrespondenz des Landratamts. Inhalt dieser Akt ist der repressive Umgang mit jüdischen Schülern nach den Novemberpogromen. Obwohl die jüdischen Kinder schon vor 1938 gerade in der Schule öffentlicher Anfeindung und Diskriminierung ausgesetzt waren, setzt hier eine neue Qualität der Verfolgung ein. Nach den Erlassen vom 1. Dezember 1938 sollte nicht nur getrennt unterrichtet werden, sondern durch aus den Schulen entfernt werden [Dokument 1] . Der Erziehungsminister handelt ambivalent - auf der einen Seite plant er neue jüdische Schulen und möchte "die schulpflichtigen Juden [...] nicht ganz ohne Unterricht lassen", auf der anderen streicht er am 17 Dezember 1938 die staatliche Unterstützung für jüdische Privatschulen und Lehrer [Dokument 2] . Auf einer lokalen Ebene zeigen sich die Auswirkungen dieser repressiven Entschlüsse - durch die Deportation ihres Privatlehrers Amsterdam können jüdische Schüler nicht mehr unterrichtet werden, der Unterricht fällt ersatzlos aus [Dokument 3] .
Die Akte 180 Frankenberg 3559 beinhaltet Dokumente aus der Korrespondenz der Landrats in Frankenberg von 1935 bis 1937. Der thematische Schwerpunkt dieser Akte ist die Beschäftigung weiblicher Hausangestellen in jüdischen Haushalten. Nach den Nürnberger Gesetzen von 1935 wurden solche Arbeitsverhältnisse aus ideologischen Gründen reguliert und sanktioniert. Wie aus den Dokumenten sichtbar wirkten gleichgeschaltete Instanzen der Obrigkeit mit Instanzen der NSDAP zusammen, um Verbote durchzusetzen. Am 5. Dezember 1935 erfolgte ein Verbot durch den Reichs- und Preußischen Minister des Innern, weitergeleitet durch den Regierungspräsidenten in Kassel, zur Durchsetzung der neuen Gesetze [Dokument 1] . Dieses Verbot beschränkte sich aufgrund des rassischen Charakters der ihm zugrundeliegenden Nürnberger Rassegesetze nicht nur auf deutsche Staatsangehörige, sondern auf alle sogenannten "Deutschblütigen". Weitere Ausnahmen waren Sondernfälle, "Mischlinge", deren Behandlung und Status für lokale Instanzen wie Gendarmerie noch im Januar 1937 teilweise unklar war [Dokument 4].
Bearbeitet von Jan Hendrik Höltje
Dieser Austellungraum beinhaltet Akten aus den Beständen 330 Frankenberg 2994, 3707 und 3817. Die Dokumente werden nach Beständen und Seitenzahl geordnet aufgeführt.
Die Akte 330 Frankenberg B 2994 enthält Dokumente aus der Korrespondenz des Bürgermeisters in Frankenberg von 1932 bis 1937. Thematische Schwerpunkte der mit "Sicherheitspolizei. Allgemein." beschrifteten Akte sind Probleme der öffentlichen Sicherheit im weitesten Sinne. 1934 findet in am Amtsgericht in Frankenberg ein Prozess statt, welcher durch die Tatsache, dass der Angeklagte jüdischen Glaubens ist, politisiert wird und daher nur noch unter schwerem Begleitschutz stattfinden kann [Dokument 3] . 1937 wird am Bahnhof in Frankenberg ein "Sowjetabzeichen" gefunden, welches als Schlüsselanhänger benutzt wurde. Obwohl die Person keine Kommunistin ist, muss sie sich einem Verhör stellen [Dokument 8]. Alle Schriftstücke unterstreichen den Eindruck einer politisch aufgeladenen und paranoiden Atmosphäre in Frankenberg, welches als Beispiel für den nordhessischen Raum als repräsentativ gelten kann.
Die Akte StAM 330 Frankenberg B 3707 beinhaltet Dokumente aus der Korrespondenz des Bürgermeisters in Frankenberg von 1921 bis 1935. Inhalt der Akte sind politische Veranstaltungen jeglicher Art. Aus den hier gezeigten Schriftstücken lassen sich Entwicklungen der Behörden, aber auch der lokalen politischen Stimmungen ablesen. Bereits 1930 gibt es auf politischen Veranstaltungen der NSDAP antisemitische und rassistische Vorfälle, bei denen die Polizei partizipiert war [Dokument 1] . Es folgt eine Ermahnung des Regierungspräsidenten, antisemitische Tendenzen seien seitens der Polizei einzudämmen. Bereits 1935 werden bestimmte Veranstaltungen jüdischer Organisationen verboten [Dokument 3] , speziell "deutsch-jüdische Organisationen", also Organisationen dessen jüdische Mitglieder deutsch-nationale Standpunkte vertreten, sind bei diesem Erlass berücksichtigt.
Die Akte StAM 330 Frankenberg B 3817 beinhaltet Dokumente aus der Korrespondenz des Bürgermeisters in Frankenberg von 1939 bis 1942. Inhalt dieser Akte ist Weiterbenutzung der Synagoge als Mietwohnung. Nachdem diese die Novemberpogrome 1938 überstanden hatte, wurde sie von ihren ursprünglichen Besitzern enteignet. Das in dieser Akte befindliche Dokument vom 16. Februar 1942 trifft Aussagen über eine Festsetzung der Mietpreise in den in der alten Synagoge neu eingerichteten Wohnungen [Dokument 1] .
Bearbeitet von Jan Hendrik Höltje



Die Akte StAM 180 Fritzlar 2747 beinhaltet Dokumente aus der Korrespondenz der Landrats in Fritzlar von 1937 bis 1947. Die Zusammenstellung der Akten scheint willkürlich und lässt sich nicht zu thematischen Schwerpunkten zusammenfassen. Für die Novemberpogrome relevant ist die Anordnung Görings, "selbstständige Aktionen gegen Juden" zu unterlassen und sich mit höheren Dienststellen zu koordinieren [Dokument 4] . Diese am 14. dezember 1938 verfasste Anordnung hatte offenbar den Zweck, weitere lokal organisierte Ausschreitungen zu verhindern, um die allgemeine Verfolgung effizienter zu gestalten. Relevant ist auch eine vom Landrat in Fritzlar 1947 erstellte Liste über 1938 in Fritzlar ansässige jüdische Bürger, da sie weitere Aussagen zu den Pogromen ermöglicht [Dokument 5]
Bearbeitet von Jan Hendrik Höltje


Die Akte 180 Fritzlar 2749 enthält Dokumente aus der Korespondenz des Landrats in Fritzlar von Februar bis April 1947. Inhalt der Akte ist eine Anfrage des UNRRA Area Team 1024 in Fritzlar zu Synagogen, jüdischen Geschäften und "Gütern" [Dokument 1] . Diese statistische Erfassung von vor der NS-Zeit vorhandenen Immobilien und Geschäften diente der Aufarbeitung als auch juristischen Zwecken wie der Durchsetzung von Wiedergutmachungen. Die Antworten aus den Kommunen geben daher eine statistische Auflistung über den Zustand vor der nach der Machtergreifung einsetzenden systematischen Verfolgung der jüdischen Bevölkerung [Dokument 3] .
Bearbeitet von Jan Hendrik Höltje



In diesem Ausstellungsraum ist eine Auswahl an Dokumenten aus der Landratsamtsakte 180 Wildungen 1231 zu sehen. Es handelt sich um Schriftwechsel des Landrats des Kreises der Eder in Bad Wildungen, der einen Einblick in den Enteignungs- und Aneignungsprozess jüdischen Grundbesitzes in den Jahren 1938-1940 gewährt.
Der überwiegende Teil der Dokumente sind Schreiben des Regierungspräsidenten in Kassel und des Reichswirtschaftsministers, die u. a. an den Landrat in Bad Wildungen weitergeleitet wurden. Darin werden beispielsweise Preise und „Ausgleichszahlungen“ für jüdischen Grundbesitz thematisiert (Dokumente 4, 5). Des Weiteren ist der Durchführungserlass des Reichswirtschaftsministers zur Verordnung über den "Einsatz des jüdischen Vermögens" vom 6. Februar 1939 zu nennen (Dokument 3).
Um darüber hinaus die Kreisebene zu berücksichtigen, wurde ein Schreiben des Landrats an die Bürgermeister des Kreises vom 21. November 1938 aufgenommen, in dem dieser um eine Aufstellung der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke im Eigentum von Juden deutscher Staatsangehörigkeit bittet (Dokument 1). Zudem wurde exemplarisch das Antwortschreiben des Bürgermeisters von Freienhagen vom 23. November 1938 ausgewählt (Dokument 1.1).
Insgesamt wurde mehrheitlich die Reichs- und Bezirksebene berücksichtigt, wobei einzelne Dokumente das Geschehen auf der Kreisebene wiedergeben.
Bearbeitet von Katrin Rack
Schreiben an die Landräte des Bezirks und die Oberbürgermeister in Fulda, Hanau, Kassel und Marburg.
Bezugnahme auf die Verordnung über den "Einsatz jüdischen Vermögens" vom 3. Dezember 1938. Bei Juden ausländischer Staatsangehörigkeit sei die Staatsangehörigkeit besonders anzugeben.
Schreiben an die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks.
Abschriften zur Kenntnisnahme an die Gauwirtschaftsberater der NSDAP in Kassel, Frankfurt/Main und Weimar, den Polizeipräsidenten in Kassel, den Polizeidirektor in Hanau, den Oberpräsidenten der Landeskulturabteilung in Kassel, die Landforstmeister in den Regierungsforstämtern Kassel-West und Kassel-Ost, die Industrie- und Handelskammer Kassel-Mühlhausen, die Bezirksstellen Fulda und Hanau der Industrie- und Handelskammer für das Rhein-Mainische Wirtschaftsgebiet und das Dezernat A VII Preisüberwachung im Regierungspräsidium Kassel.
Der Regierungspräsident hebt seine Verfügung vom 9. August 1938 auf.
Schreiben an die Preußischen Regierungspräsidenten.
Um die Vorschriften zur Erhebung von "Ausgleichszahlungen" einheitlich zu handhaben, werden Grundsätze festgelegt. Dem Schreiben ist eine Formular für die Preisberechnung angelegt.
Bezugnahme auf die Zweite Durchführungsverordnung zur Verordnung über den "Einsatz des jüdischen Vermögens" vom 18. Januar 1940.
Der Reichswirtschaftsminister bestimmt in dem Runderlass, wie die Vorschriften der Zweiten Durchführungsverordnung anzuwenden seien.
Schreiben an die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks mit Ausnahme des Landrats in Frankenberg.
Bei der Beschwerdesache wurde die Frage behandelt, in welchen Fällen ein "Kaufvertrag" nicht genehmigt werde. Laut der Entscheidung seien die Nichtmitgliedschaft in der NSDAP oder die kirchliche Einstellung des "Käufers" kein Hinderungsgrund, einen "Kaufvertrag" abzuschließen.
Eine Abschrift des Runderlasses wird vom Regierungspräsidenten in Kassel an die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks gesendet.
Da während des Krieges eine erhöhte Anzahl an Anträgen privater Interessenten für jüdischen Grundbesitz gestellt würden, sei darauf zu achten, inwieweit tatsächlich öffentliche Interessen vorlägen. Es soll verhindert werden, dass während des Krieges versucht werde, günstig an jüdischen Grundbesitz zu kommen.

Dieser Ausstellungsraum enthält eine Auswahl an Dokumenten aus der Landratsamtsakte 180 Wildungen 1234, welche den Schriftwechsel des Landrats des Kreises der Eder in Bad Wildungen aus den Jahren 1938-1941 zu Zwangsmaßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung enthält. Einige ausgewählte Dokumente sollen im Folgenden exemplarisch vorgestellt werden.
Schreiben von Reichsministern, die u. a. an den Landrat in Bad Wildungen weitergeleitet wurden, zeigen wie wenige Monate vor der Reichspogromnacht und danach die Juden umfassend gesellschaftlich isoliert und entrechtet wurden. Der Reichsminister des Innern verbot beispielsweise in einem vertraulichen Schreiben vom 11. Oktober 1938 die Annahme jüdischer Schenkungen durch öffentliche Einrichtungen (Dokument 2). In einem vertraulichen Schreiben des Reichsverkehrsministers vom 22. Februar 1939 wird die Einziehung der Führerscheine, Kraftfahrzeugscheine und Anhängerscheine von Juden bestimmt (Dokument 4). Des Weiteren sind in diesem Ausstellungsraum mehrere Schreiben des Reichswirtschaftsministers zu sehen, in denen u. a. die weitere Betätigung von jüdischen Friseuren und Bestattungsunternehmern verfügt wird, um nichtjüdischen Gewerbetreibenden in diesen Branchen den Kontakt mit Juden nicht zuzumuten (Dokument 9).
Neben diesen Schreiben, die die Reichsebene betrafen, ist unter den ausgewählten Dokumenten auch ein Schreiben der Staatspolizeistelle in Kassel vom 17. September 1939, in dem für Juden die Zuweisung besonderer Lebensmittelgeschäfte angeordnet wurde (Dokument 10). Darüber hinaus lässt sich die Kreisebene dadurch erfassen, dass der Landrat des Kreises der Eder in Bad Wildungen auf das Schreiben der Staatspolizeistelle am 6. Oktober 1939 antwortet, zu welchen Lebensmittelgeschäften und Uhrzeiten Juden einkaufen gehen dürfen (Dokument 10.1).
Insgesamt lässt sich die gesellschaftliche Isolierung und Entrechtung ausschnittsweise anhand der ausgewählten Dokumente auf Reichs-, Bezirks-, und Kreisebene nachvollziehen.
Bearbeitet von Katrin Rack
Schreiben an die Regierungspräsidenten.
Weiterleitung durch den Regierungspräsidenten in Kassel an den Polizeipräsidenten in Kassel, den Pol. Direktor in Hanau, die Landräte des Bezirks und die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörde in Fulda und Marburg.
Weiterleitung durch den Landrat in Bad Wildungen an die Ortspolizeibehörden des Kreises.
Bezugnahme auf die Verordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26. April 1938. Da in dieser Verordnung nicht vorgeschrieben wurde, wo Anmeldepflichtige, die ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt im Ausland haben, ihr Vermögen anmelden müssen, setzt der Reichswirtschaftsminister fest, dass diese ihr Vermögen beim Polizeipräsidenten in Berlin anzumelden haben. Er bezieht sich dabei auf eine von ihm erlassene Durchführungsverordnung vom 18. Juni 1938. Diese galt im Gegensatz zur Verordnung vom 26. April 1938 nur für deutsche Staatsangehörige.
Schreiben an die Regierungspräsidenten pp.
Bezugnahme auf die aufgrund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden erlassene Anordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan vom 26. April 1938.
Schreiben an die preußischen Regierungspräsidenten pp.
Weiterleitung durch den Regierungspräsidenten in Kassel an die Landräte des Bezirks und die Oberbürgermeister in Kassel, Hanau, Fulda und Marburg.
Weiterleitung durch den Landrat in Bad Wildungen an den Kreisausschuß Abteilung IV, der das Schreiben nach Kenntnisnahme wieder zurücksendet.
Schreiben an die Regierungspräsidenten pp.
Weiterleitung durch den Regierungspräsidenten in Kassel an die Polizeipräsidenten in Kassel, den Polizeidirektor in Hanau, die Landräte des Bezirks und die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörde in Fulda und Marburg.
Bitte um schriftliche Mitteilung an die Fachgruppe Private Leihhausbetriebe, wenn jüdische Gewerbetreibende im Pfandleihgewerbe tätig sind.
Schreiben an die preußischen Regierungspräsidenten pp.
Weiterleitung durch den Regierungspräsidenten in Kassel an die Polizeipräsidenten in Kassel, den Polizeidirektor in Hanau, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörde in Fulda und Marburg und die Landräte des Bezirks.
Es handele sich laut des Reichsverkehrsministers nicht um eine Entziehung der Fahrerlaubnis, sondern um eine Einziehung der Führerscheine.
Schreiben an die Oberfinanzpräsidenten und die Devisenstelle in Kassel.
Bestimmungen zur Schätzung von Gegenständen an die Reichswirtschaftskammer.
Abschriften an die Kommunale Pfandleihanstalt, das Landesleihhaus Kassel, die Landesleihbank Hanau, die Überwachungsstelle für Edelmetalle und die Regierungspräsidenten.
Weiterleitung durch den Regierungspräsidenten an die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks.
Schreiben an die Preisüberwachungsstellen und Weiterleitung an den Polizeipräsidenten in Kassel, den Polizeidirektor in Hanau, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörde in Fulda und Marburg und die Landräte des Bezirks.
Bezugnahme auf den Erlaß vom 23. März 1939. Das Silber aus jüdischem Besitz soll in Schmelz- und Gebrauchssilber getrennt werden, wobei das Schmelzsilber von der Industrie und dem Handwerk und das Gebrauchssilber vom Handel weiterverwendet werden soll. Göring ermahnt, die Silberpreisvorschriften einzuhalten und die Arbeit der öffentlichen Pfandleihanstalten zu überwachen.
Schreiben an den Polizeipräsidenten in Kassel, den Polizeidirektor in Hanau, die Landräte des Bezirks und die Oberbürgermeister in Fulda, Marburg, Kassel und Hanau.
Weiterleitung durch den Landrat in Bad Wildungen an die Ortspolizeibehörden des Kreises.
Der Regierungspräsident in Kassel verfügt, dass Bescheinigungen über z. B. im Rahmen der Reichspogromnacht zerstörtes Mobiliar nicht an Juden ausgehändigt werden, sondern an die Behörden direkt übersandt werden.
Bezugnahme auf das Schreiben des Reichsführers SS und Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern vom 8. Juli 1939.
Laut des Landrats in Bad Wildungen gäbe es im dortigen Kreis keine polnischen Juden.
Schreiben an die Regierungspräsidenten pp.
Weiterleitung durch den Regierungspräsidenten in Kassel an den Polizeipräsidenten in Kassel, den Polizeidirektor in Hanau, die Landräte des Bezirks und die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg.
Laut des Reichsführers SS und Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern sei die polnische Grenzüberwachung verschärft worden, weshalb die Abschiebung von Juden polnischer Staatsangehörigkeit eingeschränkt werden müsse. Der Runderlass vom 8. Mai 1939 wurde dahingehend abgeändert, dass die Abschiebung einiger Personengruppen zurückgestellt wurde.
Schreiben an die preußischen Regierungspräsidenten und Weiterleitung durch den Regierungspräsidenten in Kassel an die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks, den Polizeipräsidenten in Kassel, den Polizeidirektor in Hanau, die Industrie- und Handelskammern in Kassel, Hanau und Fulda, die Handwerkskammer in Kassel, das Dezernat A. II Jud (Feld) im Regierungspräsidium Kassel und die Gauleitung der NSDAP in Kassel.
Bezugnahme auf die Verordnung zur "Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben" vom 12. November 1938. Da sich Unzuträglichkeiten sonst nicht vermeiden ließen, sei die Betätigung jüdischer Friseure und Bestattungsunternehmer weiterhin erlaubt.
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Stapo-Aussendienststelle in Hanau sowie nachrichtlich an den Oberpräsidenten in Kassel, den Regierungspräsidenten in Kassel und den SD.-Unterabschnitt in Kassel.
Weiterleitung durch den Landrat in Bad Wildungen an die Bürgermeister in Bad Wildungen, Sachsenhausen, Mehlen und Züschen.
Da eine Wiedereinführung jüdischer Geschäfte nicht in Betracht käme, sollen Juden zu bestimmten Stunden die Möglichkeit haben ausgewählte Lebensmittelgeschäfte zu betreten. Darüber hinaus sollten ggf. Durchsuchungen auf Hamsterwaren bei Juden durchgeführt werden.
Schreiben an die Regierungspräsidenen und Weiterleitung durch den Regierungspräsidenten in Kassel an die Landräte des Bezirks, den Polizeipräsidenten in Kassel, den Polizeidirektor in Hanau, den Oberbürgermeistern des Bezirks, die Industrie- und Handelskammer Kassel-Mühlhausen, die Industrie- und Handelskammer für das Rhein-Mainische Wirtschaftsgebiet Bezirksstelle in Hanau und Fulda, die Handwerkskammer in Kassel, das Dezernat A II Jud im Regierungspräsidium Kassel und die Gauleitung der NSDAP in Kassel.
Bezugnahme auf die Verordnung zur "Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben" vom 12. November 1938.
Neben jüdischen Friseuren und Bestattungsunternehmern soll der Kreis der jüdischen Gewerbetreibenden auf Schneiderinnen und Näherinnen von Damenunterwäsche und weitere Berufe, die in direkten körperlichen Kontakt mit ihren Kunden kommen, erweitert werden.
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Stapo-Aussendienststelle in Hanau, Bad Wildungen und Bad Orb sowie nachrichtlich an den Oberpräsidenten in Kassel, die Regierungspräsidenten in Kassel, den höheren SS- und Polizeiführer SS-Obergruppenführer Erbprinz zu Waldeck in Kassel und den SD.-Abschnitt in Kassel.
Weiterleitung durch den Landrat des Kreises der Eder in Bad Wildungen an die Bürgermeister in Bad Wildungen und Sachsenhausen sowie die Gendarmerie-Dienststelle in Waldeck.
Bezugnahme auf ein Rundgespräch vom 10. September 1939.
Es wird ein Ausgeh-Verbot für Juden, das vom 1. April bis 30. September von 21 Uhr bis 5 Uhr und vom 1. Oktober bis 31. März von 20 Uhr bis 6 Uhr gilt, festgesetzt.
Schreiben an den Polizeipräsidenten in Kassel, den Polizeidirektor in Hanau, die Landräte des Bezirks und die Oberbürgermeister in Kassel, Hanau, Fulda und Marburg.
In diesem Schreiben regelt der Regierungspräsident den Umgang mit jüdischen Friedhöfen. Er bestimmt die "Arisierung jüdischer Totenhöfe" und die Beschränkung auf einen jüdischen Friedhof pro Kreis.

Dieser Ausstellungsraum enthält Dokumente aus der Landratsamtsakte 180 Wolfhagen 2258 mit dem Titel "Ein- und Auswanderungswesen (v. a. allgemeine Verfügungen, Flüchtlinge, Auswanderungsberatung und -werbung, Rückwanderung aus abgetrennten Ostgebieten, Emigration aus dem Kreise) 1926-1939". Darin befinden sich Dokumente zum Thema "Auswanderungswesen" im Allgemeinen sowie Rückwanderungen und Emigration in der Zeit von 1933 bis 1939. Dabei geht es nicht nur um die jüdische Bevölkerung, sondern auch um deutsche Staatsangehörige, die den Versuch unternahmen, wieder im deutschen Reich Fuß zu fassen.
Als "Emigranten" galten nach nationalsozialistischer Auffassung „alle Personen […], die das Reich nach der nationalsozialistischen Erhebung aus politischen Gründen verlassen haben, und zwar sowohl Arier wie Nichtarier. Bei Nichtariern kann grundsätzlich unterstellt werden, dass sie aus politischen Gründen ausgewandert sind, auch wenn sie angeben, sie hätten sich im Ausland eine neue Existenz gründen wollen. Männliche Emigranten werden in das Konzentrationslager Dachau eingewiesen; zurückkehrende Frauen kommen in das Konzentrationslager Moringen.“ [1]
Die aus dieser Akte exemplarisch ausgewählten Dokumente veranschaulichen unter anderem den harten Umgang der Nationalsozialisten mit zurückkehrenden "Emigranten". Besonders in der Anfangszeit des nationalsozialistischen Regimes kehrten viele aus dem Ausland zurück, die es nicht schafften, sich dort eine Existenz aufzubauen. So verloren etwa auch deutsche Reichsangehörige ihren Anspruch auf Rentenzahlungen, wenn sie das Reichsgebiet verließen. Davon zeugt eine Anordnung der Staatspolizeistelle Kassel vom 12. Dezember 1934 (Dokument 3). Während es allerdings für deutsche Staatsangehörige noch die Möglichkeit gab, legal zurückzuwandern, war dies für die Juden und andere „Staatsfeinde“ schon bald nicht mehr möglich. Davon berichtet zum Beispiel eine Verordnung des Preußischen Ministerpräsidenten vom 15. Januar 1934 (Dokument 6). Um eine rigorose Überwachung dieser Migrationsbewegungen möglich zu machen, wurden unter anderem Listen erstellt, die nicht nur die ausgewanderten Personen erfassen (Dokument 7), sondern auch solche, die nach einem Aufenthalt im Ausland wieder zurückgekehrt sind (Dokument 8). Dies kann in dieser Akte am regionalen Beispiel Wolfhagen nachgelesen werden.
Bearbeitet von Anne Lammers
[1] Benz, Die Juden in Deutschland 1933-1945, Leben unter nationalsozialistischer Herrschaft, München 1988, S.498
Schreiben des Ministers des Innern Frick aus Berlin, das den Briefwechsel zwischen deutschen, polnischen und litauischen Behörden enthält. Darin befindet sich eine Anordnung des Ministers des Innern aus Berlin vom 19.09.1933 bezüglich derjenigen Rückwanderer aus Polen und Litauen, die die nötigen Passpapiere nicht besitzen. Auch enthalten ist das Schreiben des Deutschen Generalkonsulats aus Posen vom 23.11.1933, in dem die Abwanderungsbereitschaft jugendlicher Deutsche aus Polen beklagt wird. Darüber hinaus ist ein Schreiben des Deutschen Konsulats in Thorn vom 7.12.1933 enthalten, welches ebenfalls die Leichtigkeit beklagt, mit der Abwanderer über die Grenze gelangen können.
Diese Schreiben gehen jeweils an die Vertreter der in den östlichen Gebieten ansässigen Oberpräsidenten und Regierungspräsidenten.
Das Geheime Staatspolizeiamt weist darauf hin, dass immer mehr jüdische Flüchtlinge, die sich im Ausland aufhalten, wieder in das Reichsgebiet zurückwandern, um ihre alten Berufe wieder aufzunehmen. Um diese Einwanderung überwachen zu können, müssen diese Personen erfasst und polizeilich untersucht werden.
Das Schreiben geht aus Berlin an alle Staatspolizeistellen und alle Ober- und Regierungspräsidenten.
Anordnung des Preußischen Ministerpräsidenten aus Berlin in der er sich auf seinen Runderlass vom 15.1.1934 beruft und bestimmt, dass in den bis zum 15.2.1934 einzureichenden Berichten die Emigranten betreffend, die Staatsangehörigkeit, Abstammung, frühere politische Betätigung und jetzigen Verhältnisse im Ausland mit anzugeben sind.
Aus Kassel wird das Schreiben an die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks weitergeleitet.
Die Verordnung des Preußischen Ministerpräsidenten behandelt das "Problem" der nach dem Sieg der "nationalsozialistischen Revolution" ins Ausland geflüchteten Personen, die durch ihr "vaterlandsloses" und gegen den nationalsozialistischen Staat gerichtetes Verhalten eine "der wesentlichsten Quellen der unausgesetzten Vergiftung der internationalen Politik und der teilweise noch immer festzustellenden feindseligen Haltung des Auslandes gegenüber dem neuen Deutschland" seien. Allerdings sei es mitlerweile so, dass die von den Emigranten ins Ausland getragenen "Greuelmärchen" über das nationalsozialistische Deutschland immer weniger Gehör fänden und auch das Ausland die Unwahrheit dieser Lügen erkannt hätte.
Durch eigenes Verschulden verschlechtere sich nun zunehmend die wirtschaftliche Lage dieser Emigranten und eine immer größere Rückwanderung mache sich bemerkbar. Bei der Rückwanderung sei zu beachten, dass politische Flüchtlinge, die eigentlich in Wahrheit Kriminelle seien, nicht in Deutschland erwünscht seien und bei Einreiseversuch zu verhaften sind. Auch Emigranten, die die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitzen, seien im Land nicht erwünscht. Ebensowenig "dürfen die marxistischen Zersetzer und Verbrecher in führenden Stellungen" jemals wieder in Deutschland einreisen. Zuletzt gäbe es noch die kleinen Leute, die durch antinationalsozialistischer Propaganda abgeschreckt wurden und sich ins Ausland flüchteten. Sofern diese sich bereit zeigen, gegen diese "Greuelpropaganda" anzugehen, sei ihnen sie Einreise erlaubt.
Vertrauliches Schreiben des Reichs- und Preußischen Ministers Wilhelm Frick, in dem die Übersiedlung vieler Pensionärer und Rentenempfägern sowie ihrer Familien aus Danzig zwecks finanzieller Hilfestellung für die Freie Stadt Danzig angeordnet wird. Diese Personen sollen die Danziger Staatsangehörigkeit beibehalten, aber gleichzeitig alle Rechte genießen dürfen, die deutschen Staatsangehörigen zuteil werden.
Aus Kassel wird das Schreiben an die Polizeipräsidenten und Polizeidirektoren des Kreises weitergeleitet.
Schreiben des Auswärtigen Amtes an sämtliche Missionen und Berufskonsulate, welches sich auf einen Runderlaß vom 19.2.1936 bezieht, nach dem die Missionen und Berufskonsulate angeordnet wurden, die Tauschgeschäfte mit Grundstücken und Geschäften zwischen Aus- und Einwanderern nicht zu fördern. Es sei jedoch beobachtet worden, dass "Auslandsdeutsche" vermehrt nach Deutschland zurückkehren, um sich an den Geschäften zu bereichern, die auswandernde Juden zurücklassen. Da die im Ausland lebenden Deutschen jedoch ein wichtiger Wirtschaftszweig für Deutschland darstellten, sei ein solches Verhalten nicht erwünscht. Der Reichs- und Preußische Minister des Innern schickt das Schreiben an die preußischen Regierungspräsidenten.
Aus Kassel geht der Brief an die Polizeipräsidenten und Landräte im Bezirk.
Der Wirtschaftsminister Schacht bezieht Stellung zum geplanten Gesetz über die Ausübung der "Reisevermittlung" und erläutert, dass die "Reisevermittlungsbehörden" ständig zu überwachen sind. Darüber hinaus werden Paragraphen aufgestellt, die die Überwachung und Bewertung der einzelnen Vermittlungbehörden näher bestimmen.
Aus Kassel geht das Schreiben an die Landräte, Polizeipräsidenten und Oberbürgermeister des Bezirks.
Mitteilung des Oberfinanzpräsidenten aus Kassel an die Finanzämter des Bezirks, in Limburg und Wiesbaden, in der es heißt, dass in Deutschland wohnende amerikanische Staatsangehörige sich bereit erklären, für Juden die Bürgschaft zu übernehmen, welche nach den USA auswandern wollen. Dafür verlangen sie zum Teil hohe Geldbeträge. Um diese Beträge steuerlich erfassen zu können, soll bei Anforderung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung zur Auswanderung nach Amerika immer festgestellt werden, ob die Bürgschaft von einem in Deutschland lebenden Amerikaner geleistet wird. Falls ja, sind von diesem Name und Adresse an die zuständige Steuerfahndungsstelle zu vermitteln.
Aus Kassel geht das Schreiben an die Devisenstelle, Zollfahnungszweigstelle und Geheime Staatspolizeistelle in Kassel.
Der nicht zur Veröffentlichung gedachter Schnellbrief Heinrich Himmlers aus Berlin geht an die Regierungspräsidenten in Köslin, Schneidemühl, Frankfurt/O., Liegnitz, Breslau, Oppeln und Troppau. Darin geht es um die paß- und ausländerpolizeiliche Behandlung von "volksdeutschen" Flüchtlingen in Flüchtlingslagern in Rummelsburg, Gogolin und St. Annaberg sowie in Auffangsstellen in Schneidemühl und Rosenberg. Es heißt, dass die ausländerpolizeiliche Überprüfung der Flüchtlinge von der zuständigen Kreispolizeibehörde durchgeführt werden soll. Sobald dem Flüchtling eine Arbeitsstelle zugewiesen wird, muss ihm ein "Geleitschein" ausgestellt werden. Erst nach diesen Untersuchungen kann dem Flüchtling eine Aufenthaltserlaubnis ausgestellt werden. In dem Schreiben befinden sich Vordrucke der nötigen Formulare.
Aus Kassel geht das Schreiben an die Polizeipräsidenten und Landräte des Bezirks.
Hinweis des Reichswirtschaftsministers Funk, dass im nächsten Reichsgesetzblatt die "Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Ausübung der "Reisevermittlung"" veröffentlicht wird. Damit wird allen Juden die gewerbsmäßige Ausübung der "Reisevermittlung" vom 1.Juni 1939 ab untersagt. Um die "Auswanderungstätigkeit" auch weiterhin zu fördern, gilt dies nicht für diejenigen "Reisevermittler", die gleichzeitig die Auswanderungsagentenerlaubnis nach dem Gesetz vom 9.Juni 1897 besitzen.
Aus Kassel geht das Schreiben an die Polizeipräsidenten und Landräte des Bezirks.

Die in diesem Ausstellungsraum enthaltenen Dokumente stammen aus der Landratsamtsakte 180 Wolfhagen 2312: Überwachung der Juden und ihrer Gewerbebetriebe sowie Beschlagnahmung jüdischen Eigentums, Untersuchungen über die Plünderungen im Zuge der Judenpogrome des Jahres 1938, 1934-1938. Die Akte enthält Schriften aus der Zeit von 1934 bis 1938 (1939), welche Dokumente zur Judenverfolgung im Allgemeinen und den Plünderungen im Rahmen der Reichspogromnacht enthält. Anhand einiger ausgewählter Dokumente sollen diese Themenbereiche exemplarisch dargestellt werden.
So berichtet ein Schreiben des Reichswirtschaftsministers von Dezember 1934 von geplanten Boykott-Aktionen gegen jüdische Geschäfte zu Weihnachten (Dokument 2). Darin heißt es, diese Aktionen gingen nicht überein mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Beamtentums“ und seien aufgrund ihres Wirtschaftschädigenden Charakters nicht zulässig. Die Angst vor einer ausländischen Kritik der deutschen antijüdischen Politik spiegelt sich in den Bestimmungen zur Aufstellung antisemitischer Schilder und Tafeln wider. Die Staatspolizeistelle Kassel warnt so im Jahr 1936 vor einer Aufstellung von provokativen Tafeln besonders mit Hinblick auf der in dem Jahr stattfindenden Olympiade (Dokument 9).
Mit dem Erlass der Nürnberger Gesetze vom 15. September 1935 und den Reichsbürgergesetzen vom 14.November 1935 erreichte die Diskriminierung der Juden einen neuen Höhepunkt, was sich anhand dieser Akte auch auf Bezirksebene dokumentieren lässt. So berichtet die Staatspolizeistelle Kassel am 27.09.1935 von dem Verbot des außerehelichen Verkehrs zwischen Juden und deutschen Staatsangehörigen (Dokument 4). Ebenfalls von der Staatspolizeistelle Kassel stammt ein Schreiben vom Juni 1937, wonach die Mitgliedschaft im Paulus-Bund fortan nur noch „Mischlingen ersten und zweiten Grades“ erlaubt sei (Dokument 13).
Die Hetzkampagne gegen die Juden gipfelte im Jahre 1938 mit der Reichspogromnacht. Die in dieser Akte enthaltenen Dokumente lassen unter anderem erkennen, welche Schritte nach diesem Gewaltakt gegen die jüdische Bevölkerung unternommen wurde. So verfügt zum Beispiel die Gestapo Kassel am 19.11.1938, dass Plünderer festzunehmen und dem Haftrichter vorzuführen sind (Dokument 17). Das Beispiel der Jüdin Rosa Hiersteiner aus Wolfhagen veranschaulicht die dramatischen Auswirkungen dieser Plünderungen auf einzelne Personen (Dokument 21.3).
Aus dem Jahr 1939 stammt eine Verfügung des Beauftragten für den Vierjahresplan Hermann Göring, wonach die jüdischen Bürger gezwungen wurden, Gold, Juwelen, Platin und Perlen dem Staat zum "Ankauf anzubieten", weshalb eine Zentralstelle für den Ankauf und die Verwertung von Juwelen und Edelmetallen gegründet wurde. Deren Ziel war es, "die aus Judenbesitz stammenden Juwelen und Gegenstände aus Gold, Platin und Silber zu erfassen und durch deren Verwertung zur Beschaffung der für staatspolitische und kriegswichtige Aufgaben notwendigen Devisen und Goldreserven beizutragen" [1]. Auf die Verordnung Görings wird auch in dieser Akte eingegangen und die jeweiligen Bestimmungen festgehalten (Dokument 25).
Weiterhin gewährt diese Akte teilweise Einblick in die Zwangsausweisung der Juden aus dem deutschen Reich. Das Dokument zum Transport jüdischer Kinder ins europäische Ausland von 1938 beweist, dass die „Auswanderung“ keineswegs immer freiwillig gewesen ist und von oberster Stelle gelenkt wurden (Dokument 19). Darüber hinaus ist dieses Dokument ein Hinweis darauf, dass nach der Reichspogromnacht und nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland die Gestapo immer brutaler bei dem Versuch vorging, Juden zum Auswandern zu bewegen. Aus "mittelbarem Zwang" wurde somit "Anwendung unmittelbarer Gewalt" [2]. Aus diesem Dokument geht auch hervor, dass England gerade nach der Reichspogromnacht viele Juden, darunter ganz besonders die Kinder, im Land aufnahm und dadurch tausenden das Leben retten konnte [3].
Bearbeitet von Anne Lammers
[1] Benz, Wolfgang (Hg.), Die Juden in Deutschland 1933-1945. Leben unter nationalsozialistischer Herrschaft, München 1988, S. 277.
[2] Kropart, Wolf-Arno, Kristallnacht in Hessen. Der Judenpogrom vom November 1938, Wiesbaden 1988, S.18.
[3] Benz, Wolfgang, Der Holocaust, München 1995, S. 32.
Die Staatspolizeistelle Kassel durch Pfeffer an den Chef des Ausbildungswesens Landesführer IX Kassel.
Von Pfeffer betont in diesem Schreiben, dass die Lieder "Haut den Juden" und "Wenns Judenblut vom Messer spritzt" nur in solch einer Art und Weise gesungen werden dürfen, dass sie nicht als öffentliche Drohung verstanden werden können. Außerdem dürfen sie nicht zu Gewalttaten verleiten.
Es wird angemerkt, dass diese Anordnung in der zu dem Zeitpunkt stattfindenden Gendarmerie Dienstversammlung Bekannt gegeben wurde.
Der Reichswirtschaftsminister und Preußische Minister für Wirtschaft und Arbeit Kurt Schmitt an den Oberpräsidenten in Kassel.
Anordnung des Ministers Schmitt, wonach der "Arierparagraph" der Beamtengesetzgebung in der gewerblichen Wirtschaft keine Anwendung fände und arische wie "nicht-arische" Gewerbe gleich behandelt werden müssen, um die Vermehrung der Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Um das Vertrauen in die Wirtschaft nicht zu gefährden, setzt sich Schmitt für den reibungslosen Ablauf des Weihnachtsgeschäftes ein. Er erwähnt Maßnahmen gegen "nicht-arische" Geschäfte, die in Hessen-Nassau durchgeführt worden seien und seinen Anordnungen widersprächen. Eine Auflistung der vorgefallenen Ereignisse liegt allerdings nicht bei. Des weiteren odnet er an, Behinderungen des kaufenden Publikums, Beschmieren der Straßen und Schaufenster sowie das Anbringen von Boykottschildern zu unterlassen.
Der Reichswirtschaftsminister bezieht sich auf Erlasse des Reichsministers des Innern vom 17.1.1933 und auf sein eigenes Schreiben an den Deutschen Industrie- und Handelstag vom 8.9.1933 sowie auf ein Rundschreiben an die Landesregierungen vom 13.11.1934.
Aus Kassel wird dieses Schreiben an die Landräte und Polizeipräsidenten des Bezirks weitergeleitet.
Die Staatspolizeistelle beruft sich auf die Nürnberger Gesetze vom 15.09.1935, wonach der außereheliche Verkehr zwischen Juden und Staatsangehörigen "deutschen oder artverwandten Blutes" verboten sei. Bei jenen Vorfällen der "Rassenschande", die sich vor diesem Datum ereignet hätten, sei von einer Strafverfolgung abzusehen, solange kein Grund zu erheblicher Erregung der Öffentlichkeit oder Gefährdung der eigenen Person besteht. Jede verdächtige Person sei dem Richter unverzüglich vorzuführen und die Staatspolizeistelle umgehend zu benachrichtigen.
Das Schreiben wird aus Kassel an die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks gesandt.
Der Reichsminister Bernhard Rust an die Regierungspräsidenten.
In Abänderung seines Erlasses vom 10.07.1935 müssen die noch zu errichtenden Heime der jüdischen Jugendverbände fortan "Jüdisches Übernachtungsheim" anstatt wie bisher "Jüdische Jugendherberge" genannt werden. Auf Einhaltung dieser Verordnung auch im schriftlichen Verkehr der Jugendverbände sei strengstens zu achten.
Aus Kassel wird das Schreiben an die Polizeipräsidenten des Bezirks geleitet.
Bestimmung der Geheimen Staatspolizei, wonach es Mitgliedern des "Bunds Nationalsozialistischer Deutscher Juristen", BNSDJ, und der Deutschen Rechtsfront auch dann verboten ist "jüdische Interessen" zu vertreten, wenn sie nicht der NSDAP angehören. Dabei wird auf die "Juden-Verordnung der Deutschen Rechtsfront" Bezug genommen.
Das Schreiben wird aus Kassel an die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks weitergeleitet.
Bestimmung der Preußischen Geheimen Staatspolizei, wonach bei öffentlichen jüdisch-politischen Veranstaltungen eingegriffen werden soll, sobald Vorträge in hebräischer Sprache gehalten werden, um staatsfeindliche Propaganda zu verhindern. Ausgenommen von dieser Anordnung sind geschlossene Veranstaltungen, bei denen es um die Auswanderung nach Palästina geht.
Aus Kassel wird das Schreiben an die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks weitergeleitet.
Schreiben von von Pfeffer, der sich auf seine Verfügungen vom 15.04.1935 und 27.11.1934 bezieht und anmerkt, dass auf Tafeln Ausdrücke wie "In dieser Gemeinde" oder "Juden ist der Zutritt in diesem Orte verboten" zu vermeiden seien, da diese ihnen einen amtlichen Charakter verleihen. Besonders im Hinblick auf die in dem Jahr stattfindende Olympiade sei auf diese Verordnung zu achten.
Aus Kassel wird das Schreiben an die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks gesandt.
Auflistung der im Kreis Wolfhagen beanstandeten Schilder mit Bezugnahme auf das Rundschreiben der Preußischen Geheimen Staatspolizei Kassel vom 13. Februar 1936.
Aufstellung der von den Gendarmen des Kreises beanstandeten "Judenschilder" aus den Gendamerie Postbereichen Naumburg, Ehlen, Istha und Niderelsungen mit Angabe der auf den Schildern enthaltenen antisemitischen Sprüche.
Der Reichs- und Preussische Minister des Innern aus Berlin schickt ein Rundschreiben des Stellvertreters des Führers, Rudolf Heß, an die Reichsstatthalter und die Regierungspräsidenten. Das Schreiben von Heß aus München wurde an die Gauleiter am 29. Januar 1936 verschickt.
Im Schreiben von Heß geht es um Schilder und Tafeln von Kreis, Gemeinden oder Gasthäusern, auf denen sich zum Teil "wenig geschmackvolle Darstellungen" die Juden betreffend befänden. Heß weist darauf hin, dass in Deutschland reisende Ausländer großes Interesse an der Verfolgung der deutschen Politik bezüglich der Juden zeigen und diese generell begrüßen. Eine "geschmacklose" Darstellung oder Ankündigung auf den Schildern könnte das deutsche Ansehen im Ausland jedoch gefährden. Im Besonderen sei es notwendig, auf Schilder mit Aufdrucken wie "Juden betreten diesen Ort auf eigene Gefahr" und ähnliches zu verzichten.
Aus Kassel wird das Schreiben an die Polizeipräsidenten des Bezirks weitergeleitet.
Rundschreiben des Reichs-und Preußischen Ministers aus Berlin an die Regierungspräsidenten mit Richtlinien zum Thema Privatunterricht an Juden.
Es heißt darin, es sei Juden grundsätzlich erlaubt, jüdischen SchülerInnen Privatunterricht zu geben. Beschränkungen ergeben sich allerdings für "Mischlinge", die jüdische SchülerInnen unterrichten wollen.
Aus Kassel wird das Schreiben an die Oberbürgermeister des Bezirks weitergeleitet.
Rundschrift des Reichsführers-SS und Chefs der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern, Heinrich Himmler, der im Einklang mit dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Joseph Göbbels, handelt. Es handelt sich um ein Verbot für jüdische Firmen, politische Gemeinschaftsgeräte (alle Volksempfängertypen, Deutscher Kleinempfänger 1938, DAF-Gerät 1011, Deutscher Olympiakoffer 38) oder deren Einzelteile herzustellen, einzubauen oder zu reparieren.
Das Schreiben wird an verschiedene Wirtschaftsgruppen in Berlin und an die Regierungspräsidenten verschickt. Von Kassel geht die Rundschrift an die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks.
Die Geheime Staatspolizei weist in diesem Rundschreiben darauf hin, dass Plünderer dem zuständigen Richter vorzuführen sind, damit ein Haftbefehl erstellt werden kann. Geplünderte Gegenstände sind sicherzustellen und in Verwahrung zu nehmen.
Aus Kassel geht das Schreiben an die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks.
Schreiben Görings an die obersten Reichsbehörden, wonach er über alle Verordnungen, die die "Judenfrage" betreffen, benachrichtig werden möchte, um eine Einheitlichkeit in der Behandlung der "Judenfrage" zu erreichen. Außerdem sind selbstständige Aktionen in der "Judenfrage" nicht erlaubt.
Diese Verordnung wird durch den Reichsminister des Innern an die Regierungspräsidenten weitergeleitet mit dem Hinweis, dass von einer Veröffentlichung des Erlasses abzusehen ist.
Aus Kassel wird das Schreiben an die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks weitergeleitet.
Schnellbrief an die preußischen Regierungspräsidenten, in dem von den Transporten jüdischer Kinder und Jugendlicher zur Durchführung ihrer "Auswanderung" ins Ausland. Um Schwierigkeiten entgegenzukommen, sollen die Paßbehörden die Ausweise schnellstmöglich ausstellen. Besondere Schwierigkeiten ergäben sich bei Kindern zwischen 15 und 18 Jahren. Die schnelle Ausgabe von Kinderausweisen und Reisepässen läge im Interesse der Förderung der "Auswanderung" von jüdischen Kindern und Jugendlichen.
Aus Kassel wird das Schreiben an die Polizeipräsidenten des Bezirks gesandt.
Vertrauliches Schreiben des Reichsinnenministers Fricks an die Herrn Regierungspräsidenten, wonach Göring darauf hingewiesen habe, dass im Rahmen der "Ausschaltung der Juden aus der Wirtschaft und der Verwendung ihrers Vermögens für die Zwecke des Vierjahresplanes, deutsche Bürger des Denunziantentums beschuldigt werden, weil sie früher einmal in Geschäftsbeziehungen zu Juden standen. Der Verfasser des Schreibens weist darauf hin, dieses Verhalten zu unterbinden, da dadurch ein reibungsloser Ablauf der Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben nicht mehr gewährleistet sei.
Aus Kassel wird das Schreiben an die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks, die Polizeipräsidenten, die Staatshochbauämter, die Kulturbeamten, die Verterinärräte des Bezirks, die Gewerbeaufsichtsämter der Staatlichen Kreiskassen, die Katasterämter, die Kreisschulräte und die Domänenrentämter weitergeleitet.
Rundschreiben der Staatspolizei gemäss der Anordnung des Ministerpräsidenten, welches die sichergestellten Wertgegenstände betrifft. Darin wird der Umgang mit Sachwerten, deren Besitzer noch feststellbar sind und mit Sachwerten, deren Besitzer nicht mehr feststellbar sind, festgehalten. Demnach dürfen etwa die Besitzer ihre Wertgegenstände zurückbekommen, wenn diese unter einem Wert von 1000 RM liegen, oder aber die Besitzer nachweisen können, dass sie demnächst auswandern werden. Sachgegenstände, deren Besitzer nicht bekannt sind, sind bei den örtlich zuständigen Dienststellen des Oberfinanzpräsidenten abzuliefern.
Bittschreiben der Jüdin Rosa Hiersteiner aus Wolfhagen an die Geheime Staatspolizeistelle Kassel um Genehmigung der Freigabe ihres Privateigentums. Sie bittet um die Freigabe ihrer Wertsachen, Geld und Geschäftsbücher, da sie eine mittellose Fau sei.
Der Landrat in Wolfhagen überreicht das Bittschreiben und verweist auf den Bericht vom 26.11.1938, wonach von dem Ehemann des Antragstellers ein Bargeldbetrag von 380 RM sichergestellt wurde.
Rückschreiben der Geheimen Staatspolzei Kassel am 1.12.1938 mit dem Verweis auf die Rundverfügung vom 30.11.1938.
Schreiben Heinrich Himmlers an die preußischen Regierungspräsidenten, in dem festgehalten wird, auf welche Weise die durch die Abschiebung der Juden polnischer Herkunft entstandenen Transportkosten zu verbuchen seien.
Er beruft sich auf seinen Erlaß vom 26.10.1938.
Aus Kassel wird das Schreiben an die Polizeipräsidenten des Bezirks weitergeleitet.
Vertraulicher Schnellbrief des Reichsministers des Innern Frick, in dem er sich auf seinen Runderlass vom 16.11.1937 bezieht. Damit auch diejenigen Juden auswandern können, die nur über geringes Kapital verfügen, sollen wohlhabende Juden Teile ihres Vermögens abgenommen werden. Diese "Auswanderer-Abgabe" soll später der sich noch im Aufbau befindlichen "Reichsvereinigung der Juden in Deutschland" zukommen. Eine Auflistung der für die Festsetzung der Abgaben verantwortlichen Stellen ist beigefügt. Fortan bekommen wohlhabende Juden nur noch dann einen Paß zur Ausreise, wenn von der jüdischen Kultusvereinigung bestätigt worden ist, dass sie die Abgabe geleistet haben.
Am Ende steht eine Bemerkung den Runderlaß vom 2.07.1937 betreffend, wonach von jugendlichen Juden nicht mehr eine Bescheinigung gefordert werden muss, dass sie der Hitlerjugend nicht angehören.
Schnellbrief an die Ober- und Regierungspräsidenten in Preußen, worin aufgelistet wird, welche Wertgegenstände laut einer Verordnung des Beauftragten des Vierjahresplanes, Göring, abzuliefern sind.
Angehängt is ein Schreiben des Reichswirtschaftsministers vom 1.3.1939, in dem es um die Ablieferung von Juwelen und Edelmetallen aus jüdischem Besitz geht. Darin werden unter anderem Ausnahmen von der Zwangsablieferung festgehalten. Auch die Behandlung solcher Juden, die in "Mischehen" mit nichtjüdischen Personen leben, wird eingegangen.
In diesem Schreiben bezieht sich der Reichswirtschaftsminister auf die am 26. bis 29. Oktober 1938 abgeschobenen Juden polnischer Staatsangehörigkeit nach Polen. Er bemerkt, es sei zwischen der deutschen und polnischen Regierung vereinbart worden, dass diese Juden zwecks Liquidation ihres Vermögens nach Deutschland zurückkehren dürfen.
Angehängt ist ein Schreiben des Reichswirtschaftsministers vom 23.3.1939 an das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft in München. Darin geht es um den Funkspruch des Reichswirtschaftsministers vom 31.12.1938, wonach die Schließung von Einzelhandelsgeschäften und Handwerksbetrieben unterbleiben soll, wenn der jüdische Inhaber eine fremde Staatsangehörigkeit besitzt.

Die Dokumente, die in diesem Ausstellungsraum zu sehen sind, sind der Landratsamtsakte 180 Wolfhagen 2313 entnommen. Diese beschäftigen sich mit der Durchführung von Verordnungen, die den Ausschluss der Juden im Bereich der Wirtschaft und die Aneignung jüdischen Besitzes in den Jahren 1938 und 1939 zum Ziel hatten.
Zum einen werden durch die ausgewählten Dokumente die gesetzlichen Bestimmungen erfasst. Es handelt sich um die Verordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan Göring und des Reichsminister des Innern Frick zur „Anmeldung und Bewertung jüdischen Vermögens“ vom 26. April 1938 (Dokument 1), die Verordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan Göring zur „Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ vom 12. November 1938 (Dokument 2) sowie die Verordnung des Reichswirtschaftsministers Walther Funk und des Reichsministers des Innern Frick über den „Einsatz jüdischen Vermögens“ vom 3. Dezember 1938 (Dokument 5).
Darüber hinaus stellen Schreiben, die die Bezirks- und Kreisebene abdecken, dar, wie die zwangsweise Veräußerung jüdischen Grundbesitzes im Einzelnen durchgeführt wurde. Exemplarisch kann eine Mitteilung des Finanzamts Wolfhagen an den Landrat in Wolfhagen vom 6. Januar 1939 genannt werden, in der der Vollzug einer Grundstücksveräußerung deutlich wird (Dokument 8).
Insofern gibt dieser Ausstellungsraum einen Einblick, wie gesetzliche Bestimmungen umgesetzt wurden.
Bearbeitet von Katrin Rack
Die Verordnung und die Anordnung zur Verordnung sind im Reichsgesetzblatt Teil 1 Nr. 63, das am 26.4.1938 ausgegeben wurde, erschienen.
Die Anordnung zur Verordnung betrifft die Veräußerung und Verpachtung von Betrieben.
Die Verordnung ist im Reichsgesetzblatt Teil 1 Nr. 189, das am 14. November 1938 ausgegeben wurde, erschienen.
Juden wird u. a. untersagt einen Betrieb zu führen. Außerdem können sie nicht Mitglieder von Genossenschaften sein.
Die Auflistung umfasst Namen der Besitzer und Informationen über die Grundstücke u. a. die Größe. Zudem ist vermerkt, dass sämtliche Juden fortgezogen seien.
Schreiben an die Landräte und Oberbürgermeister des Bezirks sowie die Polizeipräsidenten in Kassel.
Die Richtlinien beruhen auf einer Besprechung der Gauleiter bei Generalfeldmarschall Ministerpräsident Göring.
Die Richtlinien umfassen u. a. die Überführung jüdischen Besitzes in "arischen" Besitz, das Richten von Angeboten zunächst an Gemeinden und die Zahlung angemessener Preise.
Die Verordnung ist im Reichsgesetzblatt Teil 1 Nr. 206, das am 5. Dezember 1938 ausgegeben wurde, erschienen.
Juden kann aufgegeben werden ihren Betrieb, ihr Vermögen und ihr Grundeigentum zu veräußern.
Unter Berufung auf die Durchführungsverordnung zur Verordnung zur "Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben" vom 23. November 1938 sind jüdische Betriebe nur dann zu "arisieren", wenn sie zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung notwendig sind.
Laut Erhebung der Industrie- und Handelskammer gibt es keine jüdischen Betriebe, die zu "arisieren" sind.
Bitte um Mitteilung, ob dieser Ansicht zugestimmt wird oder Nennung der Betriebe, die zu "arisieren" sind.
Betrifft die Verordnung zur "Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben".
Es wird konstatiert, dass die Abwicklung des Einzelhandelsgeschäftes der Jüdin Adler und des Handwerksbetriebes des Juden Lichtenstein noch nicht vollständig durchgeführt worden sei. Das Warenlager der Jüdin Adler sei gepfändet und der Jude Lichtenstein besäße noch Stoffe. Sie werden aufgefordert Warenbestände zur Abwicklung anzubieten, wobei ein Verkauf an Verbraucher nicht mehr möglich sei.
Schreiben an Karl Kunkel und an den Landrat in Wolfhagen.
Der Regierungspräsident in Kassel genehmigt, dass Salomon Kron einen Acker und einen Garten an Karl Kunkel und an Karl Heidenreich veräußert.

Die in diesem Ausstellungsraum aufgeführten Dokumente entstammen der Komunalakte 330 Gladenbach B 429. Darin enthalten sind Dokumente, die die jüdische Gemeinde in Gladenbach betreffen. Dabei wird insbesondere der extreme Eingriff des nationalsozialistischen Regimes in das private und öffentliche Leben deutlich. So handelt ein Schreiben der Wiesbadener Polizeistelle aus dem Jahr 1933 von der Anordnung, dass jüdische und „arische“ Personen auf jüdischen Tanzveranstaltungen nicht zusammenkommen sollen (Dokument 1). Der Landrat aus Biedenkopf ordnet 1939 an, dass die noch in Gladenbach ansässigen Juden nach 20 Uhr das Haus nicht mehr verlassen dürfen (Dokument 5). Selbst die Armenfürsorge wird streng nach rassenideologischen Gesichtspunkten getrennt. So ordnet die Staatspolizeistelle Wiesbaden im Dezember 1935 an, dass das jüdische Winterhilfswerk keine öffentliche Werbung für eigene Zwecke machen dürfe (Dokument 3).
Bearbeitet von Anne Lammers
Die Staatspolizeistelle Wiesbaden hält in diesem Schreiben fest, dass es den jeweiligen Polizeibehörden aufgrund der Häufigkeit jüdischer Tanzveranstaltungen kaum möglich sei, diese "angemessen" zu überwachen. Um sicherzustellen, dass es auf diesen Veranstaltungen keine "Arier" gibt, dürfen nur diejenigen erlaubt werden, auf denen sich ausschließlich Juden befinden.
Aus Biedenkopf geht das Schreiben an den Bürgermeister in Gladenbach.
Die Staatspolizeistelle Wiesbaden beruft sich in diesem Schreiben auf eine Anordnung des Geheimen Staatspolizeiamtes Berlin, wonach es der Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden unter gar keinen Umständen gestattet sei, Werbeplakate für die jüdische Winterhilfe öffentlich anzuhängen. Das jüdische Winterhilfswerk bleibe weiterhin genehmigt, die Werbung solle sich aber nach wie vor auf die jüdische Gemeinde beschränken.
Aus Frankfurt geht das Schreiben an die Polizeipräsidenten und Landräte des Bezirks.
Das Schreiben der Staatspolizeistelle Wiesbaden enthält eine Bekanntmachung des Geheimen Staatspolizeiamtes vom 19.12.1935. Darin geht es um Einzelaktionen gegen Juden und die Frage, was eine Einzelaktion sei. Eine Einzelaktion wird definiert als eine Maßnahme, die nicht auf einer ausdrücklichen Anordnung der Reichsregierung oder Reichsleitung der NSDAP beruhen.
Aus Biedenkopf geht das Schreiben an die Gendarmeriebeamten des Kreises.

Die Dokumente, die in diesem Ausstellungsraum zu sehen sind, entstammen der Kommunalakte 330 Gladenbach B 431. Diese Akte enthält Schreiben von Juden an das Standesamt und das Bürgermeisteramt der Stadt Gladenbach aus den Jahren 1938 und 1939, in denen sie der Vorschrift, das Tragen von zusätzlichen Vornamen zu melden, nachkamen. Als Juden waren sie mit Beschluss vom 17. August 1938 verpflichtet, ab dem 1. Januar 1939 zusätzlich den Vornamen „Sara“ bzw. „Israel“ tragen. Diese „Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen“ vom 17. August 1938, die im Reichsgesetzblatt erschienen ist, findet sich neben den Dokumenten aus der obengenannten Akte in diesem Ausstellungsraum (Dokument 1).
An das Standesamt Gladenbach mussten sich diejenigen Juden richten, die dort ihre Geburts- und Heiratsurkunde verwahrten. Darüber hinaus war dem Bürgermeisteramt Meldung zu erstatten, wenn sie in der Stadt Gladenbach ansässig waren. Über diese und weitere gesetzlichen Regelungen gibt auch das Schreiben des Direktors der Landesheilanstalt Eichberg im Rheingau vom 29. Dezember 1938 Auskunft, der diese wiedergibt und seiner Pflicht nachkommt, einen in seiner Anstalt lebenden Juden zu melden (Dokument 5).
Weitere ausgewählte Dokumente zeigen exemplarisch, wie Juden gezwungenermaßen diese Maßnahme erfüllten. Darunter ist ein Formular vom 15. Dezember 1938, das von Paula Hecht aus Würzburg ausgefüllt wurde, in dem sie der "Zweiten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung von Familien- und Vornamen" Folge leistet (Dokument 3). Zudem umfasste die Zwangsmaßnahme, dass Namen in personenbezogenen Dokumenten wie Heiratsurkunden geändert werden mussten (Dokument 2). Insgesamt lässt sich anhand der Dokumente in diesem Ausstellungsraum ein Einblick gewinnen, wie Juden dazu gezwungen wurden, sich als Juden durch den Namenszusatz erkennen zu geben.
Bearbeitet von Katrin Rack

Die Akte 330 Kirchhain 2268 "Überwachung des Judentums 1933 - 1942" enthält verschiedene Dokumente, die den Prozess der Verfolgung der Juden von Anfang des Terrors und der Ausgrenzung bis hin zur Deportation in die Vernichtungslager dokumentiert. Es finden sich offizielle Schreiben des Regierungspräsidenten und des Landrats, sowie anderer Staatlicher Stellen, aber auch geheime Schreiben der Gestapo zur Überwachung und Terrorisierung der jüdischen Bevölkerung.
In einer Kleinstadt wie Kirchhain mit weniger als 5000 Einwohnern ist davon auszugehen, das zumindest Familien wie die Plauts bekannt waren, ("erstes Trachtengeschäft am Platz") lässt sich die Nationalsozialistische Herrschaft vor allem in seiner Wirkung für einzelne Individuen und Familien nachvollziehen.
1933 beginnt die NSDAP, mit Hilfe offizieller Stellen, die Erfassung des gesamten jüdischen Lebens. [Dokument 1]
Verzeichnisse der jüdischen Einwohner mit Adressenlisten werden schon 1933 aufgestellt, wobei besonderes Augenmerk auf die Erfassung von "Mischehen" gelegt wird. [Dokument 2] Durch die Erlässe vom 09.07. u. 05.09. des Jahres 1934 wird außerdem die Erfassung von allen Formen des öffentlichen Lebens, in denen Juden oder Nichtarier zusammenarbeten und die sich positiv mit der "Judenfrage" beschäftigen. [Dokument 3] Neben der Ausgrenzung in der Öffentlichkeit wird auch der Auschluss aus dem Wirtschaftsleben wird zu dieser Zeit zunehmend forciert, wie sich anhand der Listen von jüdischen Geschäften belegen lässt. [Dokument 4] Wie sich zeigt kommt es 1935 /36 zu Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung, die zu diesen Zeitpunkt jedoch noch strafrechtlich verfolgt werden. [Dokument 5] Ab 1937 finden sich in der Akte auch ständig aktualisierte Listen der jüdischen Bevölkerung, sowie Listen zur Auswanderung der jüdischen Bevölkerung. [Dokument 5],[Dokument 6] 1940 wohnen nach der Liste vom 11. November noch 16 jüdische Einwohner in Kirchhain, am 31.7. 1942 wird die aktualisierung der Listen eingestellt, da bis auf 2 Juden in Kirchhain alle anderen entweder ausgewandert waren oder deportiert wurden. [Dokument 7]
Bearbeitet von Johannes Vogelgesang

Die Akte 330 Kirchhain 2269 ist mit dem Originaltitel "Spezialakten Auswanderungsanträge" versehen und behandelt den Zeitraum von 1936 - 1942. Aus der Akte lassen sich die strengen Ausreisebestimmungen sehr gut Nachvollziehen, so mussten selbst für kurze Besuchsreisen bei den eigenen Kindern Ausreiseanträge gestellt werden, wenn diese z.B. in der Schweiz wohnten. [Dokument 1] Weiterhin wird die Überwachung der jüdischen Bevölkerung deutlich, vor allem geht diese aus den ständigen Anfragen nach genauen und aktualisierten Nachweislisten der jüdischen Bevölkerung hervor, die vom Landrat regelmäßig beanstandet werden. [Dokument 2]
Weitere Dokumente belegen die vorbereitung und Durchführung von Deportationen, so wird z.B. in einem Dokument erklärt, was mit den Wohnungen von deportierten Juden aus Kirchhain zu geschehen hat. [Dokument 3]
Vor allem aus einem Vergleich dieser Listen lassen sich sehr gut die Auswirkungen der Antisemitischen Nationalsozialistischen Politik erkennen, die jeweils rot durchstrichenen Namen sind bis zu diesem Zeitpunkt entweder ausgewandert, oder nach Osten deportiert worden. [Dokument 4]
Bearbeitet von Johannes Vogelgesang

Die Akte 330 Kirchhain 2272 mit dem Originaltitel "jüdische Anträge auf Kennkarten" enthält eben diese Kennkarten von jüdischen Bürgern aus Kirchhain, sowie Briefe mit Auswanderungsgesuchen. [Dokument 1] Die Akte fällt in die Phase der verstärkten jüdischen Auswanderung von 1938-1939, als diesen Anträgen noch mehrheitlich stattgegeben wurde. So schreibt z.B. Johanna Calm am 8. August 1939, sie plane nach England auszuwandern und bittet daher um berichtigung der Angaben ihres Geburtsorts, um bei der Einreise Schwierigkeiten zu vermeiden. [Dokument 2] Das letzte Dokument in der Akte, die Kennkarte von Joni Rudolph, wurde 1943 aus Auschwitz zurückgeschickt. Es wird lediglich mitgeteilt, Frau Rudolph sei im Lager gestorben, zu den näheren Todesumständen werden keine Angaben gemacht. [Dokument 3]
Bearbeitet von Johannes Vogelgesang
Frau Hielene Kaufmann schreibt an den Bürgermeister der Stadt Kirchhain und bittet ihn, ihr die Gebühren für die Ausstellung der Kennkarte zu erlassen, da sie die Mittel nicht aufbringen kann.
Auf der Rückseite ist vom bearbeitenden Beamten die Anmerkung notiert, dass von einer Verwaltungsgebühr wegen dürftigen Verhältnissen der Antragsstellerin abgesehen wird.
Der Leiter des Verwaltung des Konzentrationslagers Auschwitz schickt die Kennkarte der dort ermordeten Joni Rudolph an die Polizeidirektion Giessen, "Zuständigkeitshalber" zurück.
Zu den näheren Todesumständen werden keine Angaben gemacht.

Die Akte 330 Kirchhain 2613 enthält Dokumente zum Verkauf jüdischer Grundstücke, die größtenteils von ausgewanderten Juden enteignet wurden. Die Dokumente stammen aus dem Jahr 1942, es finden sich jedoch auch Dokumente aus der Zeit nach dem Krieg 1946, als der Verkauf der Grundstücke überprüft wird und Ansprüche an die neuen Bewohner gestellt werden. [Dokument 1] Die enteigneten Grundstücke werden 1942 nach "nationalsozialistischen Gesichtspunkten" verteilt, wie sich aus dem Brief des Finanzamts in Kirchhain an den Landrat in Marburg vom 16. Februar 1942 ersehen lässt.[Dokument 2] Es werden unter anderem auch deutsche Familien, die in "primitiven" Verhältnissen leben, in Häusern geflohener oder deportierter Juden untergebracht. [Dokument 3]
In einem weiteren Schritt werden 1942 alle rechtlichen Ansprüche oder noch bestehenden jüdischen Vermögensverhältnisse staatlich erfasst, um sie zu "bereinigen". So wird z.B. im Fall des jüdischen Emigranten Meier Wertheim aus Kirchhain auf Anfrage des Finanzamtes der "Verfall des Vermögens" beantragt, da Meier Wertheim noch bei einigen Einwohnern in Kirchhain als Gläubiger aufgetreten war. [Dokument 4]
Bearbeitet von Johannes Vogelgesang

Die Akte 330 Kirchhain 2616 "Verkauf jüdischer Immobilien 1942 - 1945" enthält Dokumente zum Ankauf von enteignetem jüdischem Besitz oder von deportierten jüdischen Bürgern. Die in der Akte enthaltenen Dokumente belegen, das die Stadt Kirchhain die gesamten zurückgelassenen Wohnungseinrichtungen bis zur letzten Senfdose verkauft haben.[Dokument 1] Als Käufer treten unter anderem direkte Nachbarn der deportierten auf, die Versteigerungen fanden öffentlich statt und es beteiligten sich dutzende Personen daran.
Weiterhin beteiligten sich öffentliche Stellen an der durchforstung der zurückgelassenen Besitzstände nach brauchbaren oder besonders Wertvollen Gegenständen, wie Briefe des Landrats in Marburg belegen. [Dokument 2]
Auch für die ehemaligen Synagogen, so sie denn noch standen, oder zumindest ihren Grundstücke wurde eine neue Verwendung zugewiesen. So stellt z.B. eine Fabrik aus Allendorf den Antrag, ihr Rohmateriallager in die ehemalige Synagoge in Kirchhain zu verlegen, die zu dieser Zeit in ein Rauhfutterlager umgewandelt worden war. [Dokument 3]
Nach 1945 lassen sich Versuche erkennen, zumindest die Käufer von jüdischem Hausrat zu ermitteln, ob eine justizielle Aufarbeitung oder entschädigung stattgefunden hat lässt sich im Fall von Kirchhain an dieser Stelle nicht klären. [Dokument 4]
Bearbeitet von Johannes Vogelgesang

Die Akte 330 Kirchhain 3096 enthält Dokumente zur Strafverfolgung und "vorbeugender Verbrechensbekämpfung" aus den Jahren 1938 - 1942. Die Bezeichnung "Vorbeugende Verbrechensbekämpfung" ist jedoch recht irreführend, bezeichnet sie doch eher die erfassung von völlig Unschuldigen, die als "asozial" charakterisiert werden, sowie jeglichen nicht ins Bild der NSDAP passenden Individuen. Dies wird vor allem durch die Vorgabe deutlich, "200 männliche arbeitsfähige Personen" festzunehmen, die angeblich asoziales Verhalten gezeigt haben, oder schlicht der jüdischen Glaubensrichtung angehörten. Dabei wird nicht einmal versucht den Anschein der rechtsstaatlichkeit zu wahren, wird doch sogar der eigentliche Grund für die Maßnahmen in der Anordnung erwähnt: "Die straffe Durchführung des Vierjahresplans erfordert den Einsatz aller arbeitsfähigen Kräfte (...)" Auch werden die "in Schutzhaft" genommenen Personen nicht gerichtlich verurteilt, sondern direkt ins Konzentrationslager Buchenwald eingewiesen.
Die Akte offenbart so die Willkür des Strafverfolgungssystems der Nazis, und zeigt wie dieses selbst in kleinen Orten wie Kirchhain funktionierte oder teilweise auch scheiterte. So konnte die Polizei im Ort Kirchhain, der immerhin 1938 mehr als 3000 Einwohner hatte, keinen Einzigen "asozialen" festnehmen. [Dokument 1]
Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang die von Heydrich im Juni 1938 herausgegebenen Dokumente, in denen "asoziale" Personen definiert werden. [Dokument 2]
Weitere in der Akte enthaltene Dokumente regeln den Umgang mit Angehörigen von Schutzhäftlingen 1942, [Dokument 3] sowie von "Wehrunwürdigen" Personen, die "im Lager zu nützlicher Arbeit angehalten" werden sollen.
Bearbeitet von Johannes Vogelgesang

Die Akte 330 Kirchhain 3492 "Ausschreitungen gegen Juden 1938 - 1950" enthält zahlreiche Dokumente zur Progromnacht am 8. und 9. November 1938, als in Kirchhain eine Menschenmenge die Synagoge zerstörte, und dann durch die Stadt zum Haus des Ortsbekannten Jüdischen Bürgers Plaut zog, um dieses ebenfalls zu plündern und zu verwüsten. Der Bürgermeister in Kirchhain unterschreibt persönlich das einen Bericht des Gendarmerieobermeisters aus Kirchhain, der die Ereignisse zusammenfasst. [Dokument 1] Die Akte kann als Beispiel für die Durchführung der Progrome gesehen werden, die zu dieser Zeit überall in Deutschland stattfanden.[1] Die Polizei führte zu diesen Vorgängen wie auch schon in der Akte ["180 Marburg 4174"] beschrieben umfangreiche Ermittlungen zu den Plünderungen durch, und nahm zahlreiche Verdächtige für Wochen in Haft, vollstreckte oder zumindest ausgesprochene Urteile zu den Plünderungen lassen sich jedoch nicht belegen.[Dokument 2] Zudem wurden die Eindeutig identifizierten Haupttäter, der SS Obersturmführer Ernst Teichmann und sein Bruder, Otto Teichmann, sowie der SS Mann Fridolin Gruß zwar angeklagt, jedoch vom Gaugericht freigesprochen. Sie hatten eindeutig die jüdischen Bürger Adolf Plaut und Moritz Wertheim schwer verletzt. Begründung des Urteils: "im gebilligten Rahmen dieser Aktion gegen die Juden gehandelt hätten bei keinem Angeschuldigten eine gemeine oder rohe Gesinnung festgestellt werden konnte" [²]
Die Akte enthält weitere Dokumente der Gestapo, die sich mit den Novemberprogromen befassen, und die Einblick in die Behandlung der nach den Progromen "in Schutzhaft genommenen" jüdischen Bürgern geben. Weiterhin führt die Gestapo umfangreiche Untersuchungen zu dem grad der Plünderungen durch und verlangt die erfassung aller noch verbliebenen Jüdischen Einrichtungen und Bürger, ausgeschlossen jene "die sich bereits im Auswanderungsprozess befinden. [Dokument 3] ; [Dokument 4]
Bearbeitet von Johannes Vogelgesang
[1] Kropat, Wolf-Arno: "Reichkristallnacht": der Judenprogrom vom 7.-10. November 1938; Urheber, Täter, Hintergründe, Speyer 1997, S. 57 ff
[2]Ebd, S. 65

Die Akte 330 Kirchhain 3788 "Verkauf der jüdischen Holzhandlung Z.Stern & Sohn" enthält Dokumente zum 1939 erzwungenen Verkauf der Holzhandlung Stern in Kirchhain. Die Akte enthält vor allem Dokumente von Firmen oder Privatpersonen, die Interesse am Kauf der Holzhandlung zeigen.
Sie kann als Dokument aufschluss über den Ablauf eines erzwungenen Firmenverkaufs gesehen werden. Vor allem die Beteiligung und der Druck der NSDAP Kreisleitung lässt sich einwandfrei belegen. [Dokument 1]
Der Bürgermeister in Kirchhain gibt schließlich auch persönlich die Anzeige über den Verkauf im "Deutschen Holzanzeiger" auf, und beteiligt sich an der Suche nach Käufern. Dabei betont er immer wieder, wie wichtig es sei die Holzhandlung endlich "in Arische Hände" zu überführen. [Dokument 2] Auch der Kreiswirtschaftsberater der NSDAP schaltet sich in den Verkauf ein und bietet seine Hilfe an. [Dokument 3] Während die Verkaufsverhandlungen der Firma Stern zunächst nicht erfolgreich verlaufen, wird der Zuschlag nach monatelanger Käufersuche Heinrich Engel in Ernsthausen erteilt. [Dokument 4]
Der Kauf hat jedoch für Engel 1946 ein juristisches Nachspiel, als die Spruchkammer Marburg Ermittlungen zur Rechtmäßigkeit des Kaufs anstellt und beim Bürgermeisteramt Kirchhain anfragen lässt, ob der Verkauf an Engel durch dessen NSDAP Zugehörigkeit erleichtert wurde.[Dokument 5]
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Ausstellungsraum bearbeitet von Johannes Vogelgesang

Die Akte 330 Kirchhain 3789 enthält Dokumente aus dem Jahr 1938 und trägt die Originalbezeichnung "Arisierung der Firma Plaut". Die enthaltenen Dokumente belegen den Wirtschaftlichen Druck, der auf jüdische Bürger ausgeübt wurde, im Fall des Trachtengeschäftes Plaut z.B. handelt es sich um das ehemals größte und Umsatzstärkste Trachtengeschäft in Kirchhain. [Dokument 1] Das sich das Geschäft in Kirchhain überhaupt so lange gehalten habe, wird mit der "Uneinsichtigkeit" bestimmter Käuferschichten begründet. [Dokument 2]
Bearbeitet von Johannes Vogelgesang
Der Brief vom 1.9.1938 ist sowohl an den Bürgermeister in Kirchhain als auch an den Landrat in Marburg gerichtet.
Der Rechtsanwalt u. Notar Georg Pfeiffer äussert sich zu der Arisierung des Trachtengeschäftes Plaut und führt verschiedene Punkte an, die die "arisierung" des Geschäftes Plaut betreffen. Unter anderem wird das abwandern der Kundschaft nach Auswärts angeführt, sollte das Geschäft in jüdischen Händen bleiben.
Formal gehaltene Verkaufsurkunde des Geschäftes Plaut, die vom Notar Georg Pfeifer aufgesetzt wurde und die Modalitäten des Verkaufs regelt. Das Geschäft wird auf 21.000 Reichsmark Grundkapital und etwa 50.000 RM an Restwarenbeständen geschätzt. Für den Fall einer Ablehnung durch die Behörden verzichten beide Seiten auf geltendmachung ihrer Ansprüche.
Der Antrag des Kaufmanns Richard Krämer wird mit der Begründung abgelehnt, ein Kauf durch Krämer würde das Plaut´sche Geschäft einem Filialunternehmen angliedern, was den Bestimmungen des Einzelhandelschutzgesetzes zuwiderlaufe.
Eine Abschrift des Briefes ging ausserdem an den Bürgermeister der Stadt Kirchhain zur Kenntnis.

Die Dokumente, die in diesem Ausstellungsraum zu sehen sind, stellen eine Auswahl aus der Kommunalakte 330 Melsungen B 322 dar. Diese umfasst Schriftwechsel des Melsunger Bürgermeisters aus den Jahren 1933-1942 zu Fragen der Auswanderung von Juden v. a. in Hinblick auf die Ausstellung von Pässen.
Zum einen wurden Erlasse des Reichs- und Preußischen Ministers des Innern berücksichtigt, die an den Melsunger Bürgermeister weitergeleitet wurden. In diesem Zusammenhang ist die Ausstellung von Pässen Gegenstand der Runderlasse vom 25. Februar und vom 16. November 1937 (Dokumente 6, 13). Des Weiteren erhielt der Melsunger Bürgermeister Rundverfügungen der Staatspolizeistelle für den Regierungsbezirk Kassel wie diejenige vom 3. Dezember 1936, in der die Benachrichtigung bei Auswanderungsvorbereitungen geregelt wurde (Dokument 10). Vonseiten des Landrats in Melsungen wurde der Melsunger Bürgermeister in einem Schreiben vom 22. September 1936 aufgefordert, Änderungen bei Personenangaben wie den Wohnsitzwechsel zu melden (Dokument 8). Insgesamt können auf diese Weise die Vorgaben auf Reichs-, Regierungsbezirks- und Landkreisebene nachvollzogen werden.
Darüber hinaus wurden Dokumente aufgenommen, die Einzelschicksale auf kommunaler Ebene in Melsungen zeigen. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Reisepässe von Arthur Katz und Paula Levy (Dokumente 5.2, 14.1). Daneben wurden exemplarisch Schreiben ausgewählt, die die Vorbereitung zur Auswanderung einzelner Personen erkennen lassen. Beispielsweise dokumentiert die „Dringlichkeitbescheinigung“ vom 29. September 1938, die dem jüdischen Ehepaar Speier erlaubte 100 Reichsmark aus Deutschland mitzunehmen, die beabsichtigte Auswanderung nach Nordamerika (Dokument 16). Schließlich finden sich in diesem Ausstellungsraum zwei Schreiben aus den Jahren 1941 und 1942, die die „Aberkennung“ der deutschen Staatsangehörigkeit von Meinhard Meyer bzw. Rebekka Levy behandeln (Dokumente 24, 25).
Insgesamt gibt dieser Ausstellungsraum einen Überblick über Vorschriften zur Auswanderung von Juden unter nationalsozialistischer Herrschaft und dokumentiert Einzelschicksale aus Melsungen.
Bearbeitet von Katrin Rack
Pässe seien nur nach sorgfältiger Prüfung des Bedürfnisses und für das Inland auszustellen. Eine Ausstellung für das Ausland käme nur in Betracht, wenn ein im "Volksinteresse" liegendes Bedürfnis nachgewiesen werde.
Weiterleitung des Schreibens durch den Landrat in Melsungen an die Bürgermeister als Ortspolizeibehörden.
Schreiben an die Länderregierungen mit Ausnahme von Preussen pp.
Weiterleitung durch den Regierungspräsidenten in Kassel und Weiterleitung durch den Landrat in Melsungen an die Bürgermeister als Ortspolizeibehörden des Kreises.
Nach Angaben der Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung sei bei der Ausstellung von Dringlichkeitsbescheinigungen nicht immer Rücksicht auf die Devisenlage genommen worden. Deswegen sei die Erteilung von Dringlichkeitsbescheinigungen vom Leiter der Polizeibehörde oder dessen Stellvertreter zu entscheiden.
Weiterleitung des Schreibens durch den Landrat in Melsungen an die Bürgermeister.
Da das Landesfinanzamt bisher zu spät über Ausreisen informiert wurde und dadurch ein finanzieller Schaden für das Deutsche Reich z. B. durch Steuerhinterziehung entstanden sei, seien die Ausreise vorbereitenden Juden sofort der Zentralen Nachrichtenstelle zu melden.
Weiterleitung des Schreibens durch den Landrat in Melsungen an die Bürgermeister.
Bezugnahme auf die Rundverfügung vom 1. Oktober 1935.
Da die Benachrichtigungen bei der Zentralen Nachrichtenstelle beim Landesfinanzamt zuweilen zu spät einträfen, seien weitere Stellen sofort zu benachrichtigen.
Bezugnahme auf die Rundverfügung der Staatspolizeistelle für den Regierungsbezirk Kassel vom 1. Oktober 1935.
Schreiben an die Staatspolizeistelle für den Regierungsbezirk Kassel, das Finanzamt Melsungen, die Zollfahndungsstelle in Frankfurt/Main, die Zentrale Nachrichtenstelle beim Landesfinanzamt in Berlin und den Landrat in Melsungen.
Der Bürgermeister von Melsungen meldet, dass Katz um die Ausstellung eines Reisepasses gebeten habe, um seine Verwandten in Palästina zu besuchen.
Schreiben an die Regierungspräsidenten pp.
Weiterleitung durch den Regierungspräsidenten in Kassel u. a. an den Bürgermeister in Melsungen.
Nach den Vorschriften der Paßbekanntmachung vom 7. Juni 1932 sei es unzulässig und unerwünscht Juden Reisepässe zu verweigern. Allerdings sollten Behörden davon Gebrauch machen, Reisepässe mit einer kurzen Geltungsdauer auszustellen.
Bezugnahme auf die Verfügung vom 11. März 1936.
Schreiben u. a. an den Bürgermeister in Melsungen.
Gründe, die Ausstellung eines Reisepasses zu versagen, seien "staatsfeindliches Verhalten", frühere Mitgliedschaft in einer "staatsfeindlichen Organisation" wie in der SPD oder KPD oder "wirtschaftliche Schädlichkeit". Darüber hinaus sei die Geltungsdauer des Reisepasses grundsätzlich auf 6 Monate zu beschränken.
Der Landrat in Melsungen richtet sein Schreiben an die Bürgermeister als Ortspolizeibehörden, u. a. an den Bürgermeister von Melsungen, und die Gendarmeriebeamten.
Er legt darin, entsprechend der Verfügung der Staatspolizeistelle Kassel vom 5. Mai 1936, fest, dass jede Änderung der Personenangaben von Juden wie der Wohnsitzwechsel sofort zu melden sei.
Bezugnahme auf den Erlass des Reichs- und Preuß. Ministers des Innern vom 25. Februar 1936.
Der Bürgermeister von Melsungen äußert in dem Schreiben Bedenken dahingehend, dass Juden auch Reisepässe erhielten, wenn sie nicht verreisen würden. Er regt deshalb an, Reisepässe nicht auszustellen bzw. die Gültigkeit auf das Inland und auf eine kurze Dauer zu beschränken.
Schreiben an die Landräte des Bezirks und Weiterleitung durch den Landrat in Melsungen an die Bürgermeister des Kreises.
Die Rundverfügungen vom 1. Oktober 1935 und 18. Oktober 1935 würden aufgehoben. Es werden die Stellen genannt, die bei Auswanderungsvorbereitungen zu benachrichtigen seien. Darüber hinaus erfolgt die Anweisung, dafür einen Vordruck auszufüllen.
Schreiben an den Bürgermeister als Ortspolizeibehörde in Melsungen.
Der Ausstellung eines Reisepasses spräche nichts entgegen.
Schreiben an die Preuss. Regierungspräsidenten pp.
Weiterleitung durch den Regierungspräsidenten in Kassel sowie durch den Landrat in Melsungen an die Bürgermeister.
Der Runderlass des Reichs- und Preuß. Ministers des Innern vom 25. Februar wird aufgehoben. In den neuen Bestimmungen steht, dass Reisepässe nicht für das Ausland auszustellen seien. Allerdings gäbe es Ausnahmefälle wie die Auswanderung, die in dem Schreiben festgelegt sind.
Die Verordnung ist im Reichsgesetzblatt Teil I, S. 1342 erschienen.
Demnach würden deutsche Reisepässe von Juden, welche sich im Gebiet des Deutschen Reiches aufhielten, ungültig. Die Passinhaber hätten ihre Reisepässe abzugeben. Reisepässe für das Ausland würden mit einem Merkmal, das den Reisepassinhaber als Juden kennzeichnet, wieder gültig.
Schreiben an die Preuß. Regierungspräsidenten pp.
Weiterleitung durch den Regierungspräsidenten in Kassel an den Polizeipräsidenten in Kassel, den Polizeidirektor in Hanau, die Landräte des Bezirks und die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg.
Abdruck der Verordnung über Reisepässe von Juden vom 5. Oktober 1938.
Ergänzend zur Verordnung wird angegeben, wie eingereichte Pässe von Juden zu behandeln seien. Beispielsweise wird beschrieben, wie Reisepässe mit Gültigkeit für das Ausland mithilfe eines Stempels zu kennzeichnen seien.
Schreiben an die Preuß. Regierungspräsidenten pp.
Weiterleitung durch den Regierungspräsidenten in Kassel von Monbart an den Polizeipräsidenten in Kassel, den Polizeidirektor in Hanau, die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg sowie die Staatspolizeistelle Kassel.
Der Reichsminister des Innern gibt Hinweise zu seinen Runderlassen vom 16. November 1937 und vom 2. Juli 1937, da die "Auswanderung" von Juden "gefördert" werden solle. Wohlhabende Juden hätten eine "Auswanderer-Abgabe" zu entrichten.
Schreiben an die Regierungspräsidenten pp.
Weiterleitung durch den Regierungspräsidenten in Kassel an den Regierungspräsidenten (A II Jud) in Kassel, den Polizeipräsidenten in Kassel, den Polizeidirektor in Hanau, die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Staatspolizeistelle in Kassel.
Bezugnahme auf den Erlass vom 25. Februar 1939.
Da eine Neuverteilung der Bezirke vorgenommen werden musste, erfolge die Festsetzung der "Auswanderer-Abgabe" bei den aufgeführten Stellen.
Schreiben an die Landräte des Bezirks, die Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörden in Fulda und Marburg und die Stapo-Aussendienststelle in Hanau.
Weiterleitung durch den Landrat in Melsungen an den Bürgermeister in Melsungen zur Kenntnisnahme.
Dem Juden Meinhard Meyer sei am 9. Juni 1941 die deutsche Staatsangehörigkeit aufgrund einer Bekanntmachung des Reichsministers des Innern "aberkannt" worden. Es wird gebeten festzustellen, inwieweit noch "inländische Vermögenswerte" vorhanden seien.
Weiterleitung des Schreibens durch den Landrat in Melsungen an den Bürgermeister als Ortspolizeibehörde von Melsungen mit Bitte um Feststellung und Bericht. Der Melsunger Bürgermeister antwortet, dass sich keine "inländischen Vermögenswerte" feststellen liessen.

Rechnungen für die Überführung der Juden Höchster und Bergenstein mit dem PKW von Roth nach Kirchhain [Buchenwaldaktion] usw. am 11.11.1938, 15. November 1938
GeStaPo Kassel an den Bürgermeister in Roth, betr. die Entlassung des Schutzhäftlings Heinz Birkenstein aus dem KZ Buchenwald, 13. Dezember 1938.
Birkenstein wird wg. Minderjährigkeit entlassen. Die Angehörigen sind beschleunigt zu veranlassen, das Rückreisegeld von Weimar/Th. nach dem Wohnsitz telegraphisch an die Kommandantur des Konzentrationslagers Buchenwald abzusenden.
Rechnung für "Aufräumungskosten" der Synagoge Roth sowie Judenüberführungen nach Kirchhain vom 6. und 13. Januar 1939
Vergleich zwischen Paul Hormel und Hermann Höchster betr. Kaufvertrag vom 8.2.1939 Grundstück der Synagoge Roth, Wiesbaden, 3. Oktober 1951

Die Akte "StAM 165 Marburg, Nr. 3982, Bd. 9" enthält einige Schriftstücke, die politische Auseinandersetzungen und zum Teil deren empirische Erfassung dokumentieren. Die hier ausgestellten Dokumente erfassen den Zeitraum von Oktober 1932 bis März 1933.
Es werden Übersichten über politische Ausschreitungen gegeben, hier beispielhaft an den Ortspolizeibezirken Kassel und Hofgeismar. Auch sind Waffenfunde bei Angehörigen politischer Organisationen vermerkt. In diesem Fall wurden bei den Mitgliedern der NSDAP mehr Waffen gefunden als bei KPDlern. In diesem Kontext steht auch eine Übersicht von Polizisten, die Opfer von Gewalttaten wurden, ausgeführt von Angehörigen politischer Organisationen.
Christian Siekmann
Übersicht über die im Monat September vorgekommenen politischen Ausschreitungen in Kassel, mit Angaben zu den Angreifern und Angegriffenen, Verletzen und die Art des Eingreifens der Polizei.
Laut Übersicht fanden die meisten Zusammenstöße zwischen KPD und NSDAP statt und hierbei scheint affällig, dass die KPD meist zu den Angreifern zählt, während die NSDAP primär zu den Angegriffenen gehört. Weitere Ausschreitungen fanden zwischen der KPD (Angreifer) und der Polizei (Angegriffene) statt.
Verzeichnis der wichtigsten Waffenfunde bei Nationalsozialisten in der Zeit vom 1. Juli 1932 bis zum 30. September 1932, mit Angaben zum Zeitpunkt, dem Beschlagnahmeanlass, sowie der Anzahl und Art der beschlagnahmten Gegenstände.
In diesem Zeitraum wurden bei Nationalsozialisten 7 Beschlagnahmungen vorgenommen, bei denen insgesamt 44 Waffen mit Munition sichergestellt wurden.
Verzeichnis der wichtigsten Waffenfunde bei Kommunisten in der Zeit vom 1. Juli 1932 bis zum 30. September 1932, mit Angaben zum Zeitpunkt, dem Beschlagnahmeanlass, sowie der Anzahl und Art der beschlagnahmten Gegenstände.
In diesem Zeitraum wurde bei Kommunisten drei Mal jeweils eine Waffe sichergestellt. Sowohl die Häufigkeit von Beschlagnahmungen, als auch die Anzahl der beschlagnahmten Waffen ist also deutlich geringer als bei den Nationalsozialisten im gleichen Zeitraum (vergleiche Dokument 5.0).
Anforderung einer Übersicht über die seit dem 1. Januar 1928 durch Angehörige politischer Organisationen getöten oder verletzten, staatlichen und kommunalen Polizeibeamten. Die Übesicht enthält Angaben zum Tathergang, der Person des Geschädigten und der Organisation, der der Täter angehörte. Berlin, 10. Oktober.
Übersicht des Polizeipräsidenten an den Regierungspräsidenten über die im Regierungsbezirk Kassel seit dem 1. Januar 1928 durch Angehörige politischer Organisationen getöteten oder verletzten Polizeibeamten, Kassel, 26. Oktober 1932.
Übersicht des Regierungspräsidenten an den Preußischen Minister des Innern über die im Regierungsbezirk Kassel seit dem 1. Januar 1928 durch Angehörige politischer Organisationen getöteten oder verletzten Polizeibeamten, Kassel, 27. Oktober 1932.
Auffällig ist, dass die meisten Polizisten durch KPD-Mitglieder verletzt wurden, aber auch Mitglieder der NSDAP, des Reichsbanner und der Eisernen Front werden als Täter genannt.
Übersicht über die im Monat November 1932 vorgekommenen politischen Ausschreitungen in Hofgeismar mit Angaben zu den Angreifern und Angegriffenen, sowie Verletzten.
Am 4. November 1932 haben Angehörige der NSDAP Mitglieder der Eisernen Front angegriffen. Drei Personen der Eisernen Front wurden dabei verletzt.
Übersicht über die im Monat November 1932 vorgekommenen politischen Ausschreitungen in Kassel, mit Angaben zu den Angreifern und Angegriffenen, den Verletzten sowieder die Art des Eingreifens der Polizei.
Auffällig ist, dass es sich bei den Ausschreitungen vermehrt um Übergriffe von Erwerbslosen auf staatliche Einrichtungen handelt, die so genannten "Erwerbslosenunruhen". Auch die NSDAP ist weiterhin an vielen Konflikten beteiligt, nun sowohl auf Seiten der Angreifer, als auch auf Seiten der Angegriffenen.
Der Landrat weist eine Beschwerde zurück, die der Polizei vorwarf, sich bei Auseinandersetzungen zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten zu passiv verhalten zu haben. Es wurde besonders bemängelt, dass die Urheber beleidigender Aussagen nicht festgenommen wurden.
Der Landrat macht nun darauf aufmerksam, dass es den anwesenden Polizisten in der Menschenmenge nicht möglich war, die Urheber dieser Beleidigungen zuerkennen, weshalb auch niemand festgenommen werden konnte. Dem Polizeibeamten könne daher kein pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen werden.
Der Landrat berichtet über Auseinandersetzungen zwischen Nationalsozialisten und politisch Andersdenkenden auf dem Marktplatz von Bad Wildungen im Rahmen eines Fackelzuges von NSDAP und Stahlhelm anlässlich der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler.
In Folge politischer Beleidigungen kam es zu Schlägereien, bei denen mehrere Peronen verletzt wurden. Zudem drangen Nationalsozialisten in ein von Kommunisten und Sozialdemokraten besuchtes Lokal ein und verprügelten den Wirt und einige Gäste.
Gegen die Täter wurde Strafanzeige wegen Landfriedensbruch gestellt.

Die Akte "StAM 165 Marburg, Nr. 3982, Bd. 10" umfasst zahlreiche Dokumente, welche Übergriffe, Erpessungen, Misshandlungen, Hausdurchsuchungen etc., überwiegend ausgeführt von der SA, schildern. Betroffene war in den allermeisten Fällen der politische und ideologische Gegner (in diesem Fall besonders die SPD und jüdische Mitbürger). Die aufgeführten Schriftstücke umfassen einen Zeitraum von Anfang März bis Juli 1933. Wir erhalten also einen Einblick in die ersten Monate seit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933. Die "Reichstagsbrandverordnung" vom 28. Februar 1933 liegt erst wenige Tage zurück (Vgl. Zeittafel 1933 - 1945).
Die Schriftstücke dokumentieren u.a. Erpressung eines Juden, Terrorakte der Nationalsozialisten, Übergriffe auf Mitglieder der SPD und entsprechende Beschwerdeschreiben. Gleichfalls werden Misshandlungen jüdischer Mitbürgers geschildert. Die letzten Dokumente befassen sich mit der sog. "Inschutzhaftnahme". Regimegegner wurden hierbei oft willkürlich inhaftiert und verschwanden somit aus dem öffentlichen Leben und wurden mundtot gemacht. Der Regierungspräsident in Kassel versucht beschwichtigend auf die allgemeinen Zustände einzuwirken und bittet um eine Befriedung des öffentlichen Lebens.
Die Akte gibt somit einen Einblick in die Strukturen der NS-Regierung im Umgang mit der politischen Opposition in den ersten Monaten.
Christian Siekmann
Nach vermehrten Übergriffen auf jüdische Mitbürger in Oberaula in Folge derer es zu Unruhen in der Bevölkerung gekommen war, wurde der Oberlandjägermeister Krämer dorhin geschickt, um einen Nachtdienst einzurichten.
Krämer berichtet nun von einer Erpressung mit Waffengewalt des jüdischen Kaufmanns Julius Goldschmidt über 25 Reichsmark durch den SA-Mann Hans Riegelmann.
Bericht über die Inschutzhaftnahme des Arbeiters und Sozialdemokraten Karl Thiel, weil sich vor seinem Haus eine große Menschenmenge versammelt hatte und diesen bedrohte. Karl Thiel ist im Ort als Schläger auf Seiten der SPD bekannt und daher nicht gerade beliebt.
Bei seinem Abtransport nach Witzenhausen kam es in Folge dessen zu Tumulten, bei denen sowohl Karl Thiel als auch die ihn begleitenden Polizeibeamten von der aufgebrachten Bevölkerung geschlagen wurden.
Bericht des Sozialdemokraten und Arbeiters Karl Thiel über mehrere Übergriffe von SA-Mitgliedern auf politisch Andersdenkende in Großalmerode.
Dabei wurden die politisch Anderdenkenden, laut Thiel, meist von der Polizei verhaftet und statt zum Polizeirevier in ein Lokal gebracht, in dem schon SA-Angehörige warteten. Hier wurden die Opfer nun mit Gummiknüppeln verprügelt und danach wieder freigelassen.
Der Regierungspräsident wird daher gebeten, solche Übergriffe zu unterbinden.
Bericht des SPD-Funktionärs Karl Herrmann an den Regierungspräsidenten über Misshandlungen von Sozialdemokraten durch Nationalsozialisten mit der Bitte um Unterbindung solch rechtwidriger Übergriffe.
Bericht des SPD-Mitgliedes und Bauarbeiters Wilhelm Schultheis, dass bei ihm durch unbekannte Personen, die sich als Kriminalpolizisten ausgaben, aber nicht auswiesen, eine Haudurchsuchung stattgefunden habe. Später sei er durch Hilfspolizisten zu mehreren Verhören abgeholt worden, in denen er zu Waffen des Reichsbanner befragt worden sei.
Bericht des SPD-Mitgliedes Joseph Biesenkamp, dass bei ihm eine Haudurchsuchung stattgefunden habe. Später sei er durch Hilfspolizisten abgeholt worden. In einem Verhör sei er nach der Fahne des Reichsbanners gefragt worden und als er nicht sagen konnte, wo sich diese befindet von SA-Männern mit Gummiknüppeln geschlagen worden.
Außer ihm seien zudem noch mindestens drei weitere Sozialdemokraten misshandelt worden, der eine, Schreiter, sogar so sehr, dass ein Arzt geholt werden musste und dieser immer noch bettlägerig sei.
Der Polizeioberwachtmeister Zink bestreitet die Vorwürfe des Sozialdemokraten Karl Thiel. Die genannten Sozialdemokraten seien nicht willkürlich festgenommen worden. Außerdem habe die Polizei am Wahltag ihr Revier in ein Lokal verlegen müssen, da der übliche Raum durch die Wahl belegt war. Weiterhin sei es in seinem Beisein zu keinerlei Misshandlungen gekommen, so dass die Anschuldigungen des Karl Thiel erlogen seien.
Beschwerde des Bürgermeisters von Ihringhausen über SA-Angehörige, die in seinem Ort willkürlich einen gewissen Pfeffermann festgenommen und das Haus der Familie Ullrich, wo dieser aufgefunden wurde, durchsucht haben.
Die SA-Männer hätten sich weder ausgewiesen noch eine Legitimation für ihr Vorgehen vorlegen können. Zudem hätten sie jegliche Zusammenarbeit mit den örtlichen Polizeibehörden verweigert.
Diese Vorgehensweise sorge im Ort für eine gewisse Unruhe und Rechtsunsicherheit bei der Bevölkerung, da die SA deutlich den Anweisungen der Regierung zuwider handele.
Gesuch der Elisabeth Wettig ihren Ehemann Oskar Wettig, der sich seit dem 4. April 1933 in Schutzhaft befindet, aus dieser zu entlassen.
In ihrem Schreiben führt sie die Gründe auf, die zur Schutzhaft geführt haben sollen und bestreitet diese. Sie vermutet, dass ihr Mann einer Denunziation zum Opfer gefallen ist. Weiterhin weist sie darufhin, dass ihr Ehemann Kriegsinvalide ist.
Brief der Maria Wettig an den Landgrafen Friedrich Karl von Hessen über die Situation ihres Sohnes Oskar Wettig, der sich in Schutzhaft befindet. In ihrem Schreiben stellt sie besonders das Verhalten ihres Sohnes im Kaiserreich und im Ersten Weltkrieg heraus. Weitehin betont sie, dass er Kriegsinvalide ist.
Reaktion des Regierungspräsidenten auf den Gesuch der Elisabeth Wettig, ihren Mann Oskar Wettig aus der Schutzhaft zu entlassen.
Da Oskar Wettig schon am 13. Juni 1933 aus der Schutzhaft entlassen wurde, sieht er den Fall als erledigt an.

Die Auszüge aus der Akte "StAM 165 Marburg, Nr. 3982, Bd. 11" beleuchten einen Zeitraum von August 1933 bis Anfang Januar 1934. Zum Einen umfasst sie das Schreiben des Geheimen Staatspolizeiamtes zur Einrichtung einer Statistik, zum Zwecke der zahlenmäßigen Erfassung der gefundenen und beschlagnahmten Waffen und Sprengstoffe im preußischen Staatsgebiet und dementsprechend empirisches Material für die Monate Juli bis Dezember 1933.
Zum Anderen, gibt gibt die Akte ein exemplarisches Bild über die Bespitzelung und Denunziation ab, wie sie in der NS-Diktatur herrschten. Die angeblich abschätzigen Äußerungen eines jüdischen Professors über den Staat und dessen Einrichtungen wurde umgehend zur Anzeige gebracht, so dass sich die Geheime Staatspolizei mit dem Fall beschäftigte. Dieses Verfahren wurde propagandistisch ausstaffiert und öffentlich gemacht.
2 digitalisierte Dokumente thematisieren Übergriffe auf die jüdische Bevölkerungsteile. Die schweizerische Gesandtschaft in Berlin fragt an, ob ein Schweizer Bürger ungefährdet in das Deutsche Reich zurückkehren könne, nachdem es Übergriffe auf andere Juden gegeben habe. Das Antwortschreiben macht deutlich, dass es eine besondere, nicht verallgemeinerbare Situation vorgelegen habe.
Das letzte Dokument befasst sich mit der "Inschutzhaftnahme" von Personen. Der Preußische Minister des Innern ordnet in einem Schnellbrief an, dass die Schutzhaftordnung einer Überprüfung unterzogen werde müsse, da die Lager mit unnötigerweise in Haft befindlichen Personen überfüllt seien und so die eigentlichen Schutzhäftlinge nicht mehr untergebracht werden könnten. Besonders von Schutzhaftmaßnahmen auf Antrag von einzelnen Personen wegen Beleidigung der Regierung, der Partei oder ihr zugehörigen Organisationen solle abgesehen werden. Weiterhin sollen die Gemeinden aufhören, Personen, die der Wohlfahrt zur Last fallen, in die Konzentrationslager abzuschieben.
Christian Siekmann
In seiner Stellungnahme zu der Anzeige Adolf Metzgers stellt Gustav Sauer den jüdischen Professor Großmann näher vor.
Danach beschreibt er den Verlauf des Gesprächs: Zunächst habe man über die aktuelle Situation Großmanns als Professor jüdischer Konfessionen in Deutschland gesprochen. Dann habe man kurz das Thema Reichsparteitag in Nürnberg gestreift, um sich weiter über eine Tagung des Vereins deutscher Chemiker in Würzburg zu unterhalten.
Die abfälligen Bemerkungen seien über die Tagung der Chemiker in Würzburg gefallen. Adolf Metzger müsse diese mit dem Reichsparteitag verwechselt haben.
Frau Odrich, die ebenfalls bei dem Gespräch anwesend war, bestätigt die Aussage Gustav Sauers.
Der Landrat stellt fest, dass die Anschuldigungen des Adolf Metzger bezüglich regierungsfeindlicher Aussagen des Gustav Sauer unberechtigt sind. Adolf Metzger wird vom Landrat als Denunziant und Schnüffler bezeichnet, sowie dafür kritisiert, dass er mit seiner Anzeige zum SS-Sturmbannführer und nicht zur Polizei ging.
Weiterhin wird das Verhalten der einzelnen Behörden in diesem Fall bemängelt, da es in der Stadt zu erheblicher Unruhe gekommen ist, nachdem SS, Polizei und sonstige Behörden nicht gut zusammengearbeitet haben und so zahlreiche Gerüchte nach außen gedrungen sind.
Aussage Adolf Metzgers bei der Polizei über ein Gespräch zwischen Gustav Sauer, dem jüdischen Professor Großmann und Frau Odrich, das er am 8. September 1933 im Kurhotel mitangehört hatte.
In diesem Gespräch sollen abfällige Bermerkungen über die Regierung und den Reichsparteitag in Nürnberg gefallen sein. Außerdem habe sich Großmann nach der Situation der jüdischen Mitbürger in Hersfeld erkundigt.
Abschrift eines Zeitungsartikels über das Gespräch zwischen Gustav Sauer und dem jüdischen Professor Großmann vom 8. September 1933, das Adolf Metzger mitgehört hatte. Es wird geschrieben, dass Großmann abfällige Äußerungen gegen den Staat gemacht hätte und deshalb angezeigt worden wäre.
Der Polizeipräsident begründet die Vorkommnisse vom 26. August 1933 gegen den jüdischen Mitbürger Walter Lieberg damit, dass dieser, obwohl er verheiratet ist, eine intime Beziehung zu einem deutschen Mädchen gehabt habe, was für Unruhe in der Bevölkerung gesorgt habe. Walter Lieberg habe deshalb in Schutzhaft genommen werden müssen, sei aber am 28. August 1933 wieder entlassen worden.
Gegen Kurt Kaufmann lägen keine Beschwerden oder Anzeigen vor, weshalb dieser gefahrlos zurückkehren könne.
Anordnung zur Überprüfung der Schutzhaftordnung, da die Lager mit unnötigerweise in Haft befindlichen Personen überfüllt seien und so die eigentlichen Schutzhäftlinge nicht mehr untergebracht werden können.
Besonders von Schutzhaftmaßnahmen auf Antrag von einzelnen Personen wegen Beleidigung der Regierung, der Partei oder ihr zugehörigen Organisationen solle abgesehen werden. Weiterhin sollen die Gemeinden aufhören, Personen, die der Wohlfahrt zur Last fallen, in die Konzentrationslager abzuschieben.
Die Schutzhaft ist gedacht für Funktionäre, Rückfällige und Personen, die sich noch nach dem 21. März 1933 aktiv im staatsfeindlichen Sinne betätigt haben.
Übersicht über die Festnahmen wegen politischer Straftaten im Dezember 1933 sortiert nach den Gründen für die Festnahme und Angaben über die Zahl der Schutzhäftlinge in der Provinz Hessen-Nassau, Staatspolizeistelle Kassel.
Insgesamt wurden 91 Personen festgenommen. 157 Personen befanden sich Ende des Monats in Schutzhaft.
Übersicht über die Festnahmen wegen politischer Straftaten im Oktober 1933 sortiert nach den Gründen für die Festnahme und Angaben über die Zahl der Schutzhäftlinge in der Provinz Hessen-Nassau, Staatspolizeistelle Kassel.
Insgesamt wurden 89 Personen festgenommen. 198 Personen befanden sich Ende des Monats in Schutzhaft.
In einem Arbeitslager im Kreis Marburg mussten vier Männer in Schutzhaft genommen werden, nachdem sie zugegeben hatten am 12. November 1933 beim Volksentscheid und den Reichstagswahlen mit "nein" gestimmt zu haben und dadurch im Lager eine aufgeheizte Stimmung entstand.
Zwei der vier Männer waren schon einmal in Schutzhaft gewesen, wegen guter Führung aber zum Arbeitsdienst entlassen worden. Diese beiden sind Anhänger des Marxismus und sollen die anderen beiden angestiftet haben.
Der Grund für die Hausdruchsuchung und Inschutzhaftnahme Ernst Pehlkes am 13. Oktober 1933 liegt laut Polizeipräsident und Landrat in seiner Verbindung zum Internationalen sozialistischen Kampfbund (ISK), sowie dem wiederholten Auffinden von kommunistischer und marxistischer Literatur in seiner Wohnung.
Mitteilung, dass auf Grund der guten Reichstagswahlergebnisse in den Konzentrationslagern und des bevorstehenden Weihnachtsfestes bis zu diesem in zwei Etappen rund 5000 Schutzhäftlinge entlassen werden sollen.
Dafür sollen die notwendigen Vorkehrungen getroffen werden. Den Schutzhäftlingen sei mitzuteilen, dass mit dieser Aktion angestrebt werde, sie wieder in die nationalsozialistische Volksgemeinschaft einzugliedern, Wiederholungstaten allerdings hart bestraft würden. Die Maßnahme soll in der Öffentlichkeit bekannt gegeben werden.
Weiterhin sollen die Schutzhaftmaßnahmen nachlassen und vergleichbare Fälle der normalen Gerichtsbarkeit überlassen werden.
Mitteilung des Geheimen Staatspolizeiamtes zur Durchführung der geplanten Entlassung von Schutzhäftlingen zu Weihnachten. Anforderung von Listen mit Kadidaten für die erste und zweite Entlassungsetappe, sowie Angaben, welche Häftlinge für die Entlassung in Betracht kommen. Außerdem wird auf die Wichtigkeit der Aktion für das Ansehen der Regierung hingewiesen.
Weitergabe der Mitteilung zur Durchführung der geplanten Entlassung von Schutzhäftlingen zu Weihnachten durch den Polizeipräsidenten. Anforderung von Listen mit Kadidaten, sowie Angaben, welche Häftlinge für die Entlassung in Betracht kommen.
Schreiben des Regierungspräsidenten an Grete Pehlke, in dem er Ernst Pehlkes Kontakte zum Internationalen sozialistischen Kampfbund (ISK) und das Auffinden kommunistischer und marxistischer Literatur als Grund für die Inschutzhaftnahme aufführt. Weiterhin lehnt er den Entlassungsgesuch aus den genannten Gründen ab.
Gesuch der Grete Pehlke, in dem sie um die Entlassung ihres Mannes Ernst Pehlke zu Weihnachten aus der Schutzhaft bittet. Sie verweist auf die von Innenminister Göring angeordnete Entlassungsaktion zu Weihnachten und bittet hier auch ihren Ehemann zu berücksichtigen. Als Grund führt sie den gemeinsamen dreijährigen Sohn an, der seinen Vater vermisst.
Gesuch der Anna Hofmann ihren Sohn August Schreiber zu Weihnachten aus der Schutzhaft zu entlassen.
In ihrem Brief an den Regierungspräsidenten schildert sie, dass ihr Sohn mit zwei Kollegen verhaftet wurde, nachdem sie um eine Lohnerhöhung gebeten hatten und dass die zwei Kollegen schon entlassen worden sind. Sie verweist, darauf, dass ihr Sohn im Krieg gewesen sei und sie sich über nichts mehr freuen würde, als ihren Sohn zu Weihnachten wieder bei sich zu haben.
Beschwerde des SA-Sturmmannes Willi Breidenbach über seine willkürliche Inschutzhaftnahme am 16. Dezember 1933.
In seinem Schreiben rekonstruiert Breidenbach die Vorfälle des Abends von seiner Abholung zum Verhör um 17 Uhr bis zu seiner Entlassung aus der Haft um 20 Uhr, sowie seine Beschwerde beim Amtsrichter über das Vorgehen des Ortsgruppenleiters Kreuter am 18. Dezember 1933.
Der Landrat antwortet auf die Beschwerde des Willi Breidenbach wegen dessen Inschutzhaftnahme am 16. Dezember 1933, dass Breidenbach als Intrigant bekannt sei und mehrere Verfahren gegen ihn laufen würde.
Außerdem sei am 16. Dezember alles mit rechter Ordnung zugegangen und die Schutzhaft sei zur Vermeidung von Unruhe in der Bevölkerung und wegen Verdunkelungsgefahr notwendig gewesen, weshalb er dazu raten würde, die Beschwerde abzuweisen.
Übersicht über die Festnahmen wegen politischer Straftaten im Januar 1934 sortiert nach den Gründen für die Festnahme und Angaben über die Zahl der Schutzhäftlinge in der Provinz Hessen-Nassau, Staatspolizeistelle Kassel.
Insgesamt wurden 25 Personen festgenommen. 146 Personen befanden sich Ende des Monats in Schutzhaft.
Nachweisung über die im Staatspolizeistellen-Bezirk Kassel rückfällig gewordenen Schutzhäftlinge, inklusive der Schutzhäftlingen, die im Polizeigefängnis bzw. dem dem Polizeigefängnis angeschlossenen Lager Breitenau untergebracht sind. Die Nachweisung enthält Angaben zur Person des Häftlings, der früheren (politischen) Funktion, der bisherigen Zeit in Haft und dem vorgeworfenen Vergehen.
Dem Großteil der Häftlinge wird Engagement für die KPD bzw. sonstige kommunistische Vereinigungen oder Hochverrat vorgeworfen.
Beschwerde über die Landräte von Hünfeld und Fulda, die dem Zentrum angehören, weil sie die nationalsozialistische Regierung nicht genügend unterstützen würden. Ihnen wird vorgeworfen Waffen zu verstecken und diese möglicherweise den Marxisten zur Verfügung zu stellen. Die dortige Bevölkerung sei empört und fühle sich bedroht.
Eingabe des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens über Diskrimierungen von jüdischen Mitbrürgern in Neuengronau.
Bauern wurden hier daran gehindert bei einem jüdischen Viehändler einzukaufen.
Eingabe des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens über Diskrimierungen von jüdischen Mitbrürgern in Sterbfritz.
Seit dem Spätsommer des vergangenen Jahres 1933 finden wiederholt Übergriffe auf die jüdische Bevölkerung von Sterbfritz statt, die in den vergangenen Tagen wieder zugenommen haben. Bei insgesamt 13 Familien kam es zu Sachbeschädigungen, in einzelnen Fällen sogar zu Misshandlungen. Der Verein bittet daher um ein schnelles Einschreiten der staatlichen Behörden, weil die jüdische Bevölkerung von Sterbfritz sehr verängstigt ist.
Eingabe des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens über Diskrimierungen von jüdischen Mitbrürgern in Vollmerz.
Ein nationalsozialistischer Redner hatte am 5. März 1934 damit gedroht, die Namen aller christlichen Mitbürger zu veröffentlichen, die weiterhin bei jüdischen Mitbürgern einkaufen.
Eingabe des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens über Diskrimierungen von jüdischen Mitbrürgern in Weipertz.
Am Ortseingang von Weipertz steht ein Schild, welches jüdischen Mitbürgern den Zutritt verbietet.
Anforderung von kreisweise geordneten Listen über alle zur Zeit in Haft befindlichen Personen, deren Freiheitsbeschränkung nicht auf richterlichem Befehl, sondern auf polizeilicher Anordnung beruht.
Die Listen sollen nach den drei Unterpunkten, politische Häftlinge, Berufsverbrecher und aus sonstigen polizeilichen Gründen festgenommene Personen sortiert sein und Angaben über den Namen und Beruf des Inhaftierten, den Anlass der Maßnahme, den Tag der Festnahme, sowie den Namen desjenigen, der die Maßnahme angeordnet hat, enthalten.
Liste aller in Schutzhaft befindlicher Personen des Kreises Hanau Land, mit Angaben zur Person des Häftlings, dem Grund und der Dauer der Haft, dem Konzentrationslager, sowie der weiteren Verfahrensweise.
Die Liste umfasst insgesamt 15 Personen, die sich überwiegend wegen "kommunistischer Umtriebe" in Haft befinden.
Nachweisung der am 13. März 1934 in Haft befindlich gewesenen Personen, deren Freiheitsbeschränkung nicht auf richterlichem Haftbefehl, sondern auf polizeilicher Anordnung beruht, im Kreis Melsungen.
Die Liste ist nach den drei Unterpunkten, politische Häftlinge, Berufsverbrecher und aus sonstigen polizeilichen Gründen festgenommene Personen sortiert und enthält Angaben über den Namen und Beruf des Inhaftierten, den Anlass der Maßnahme, den Tag der Festnahme, den Namen desjenigen, der die Maßnahme angeordnet hat, sowie Vorschläge für das weitere Verfahren.
Nachweisung der am 13. März 1934 in Haft befindlich gewesenen Personen, deren Freiheitsbeschränkung nicht auf richterlichem Haftbefehl, sondern auf polizeilicher Anordnung beruht, im Kreis Fritzlar-Homberg.
Die Liste ist nach den drei Unterpunkten, politische Häftlinge, Berufsverbrecher und aus sonstigen polizeilichen Gründen festgenommene Personen sortiert und enthält Angaben über den Namen und Beruf des Inhaftierten, den Anlass der Maßnahme, den Tag der Festnahme, den Namen desjenigen, der die Maßnahme angeordnet hat, sowie Vorschläge für das weitere Verfahren.
Nachweisung der am 13. März 1934 in Haft befindlich gewesenen Personen, deren Freiheitsbeschränkung nicht auf richterlichem Haftbefehl, sondern auf polizeilicher Anordnung beruht, im Kreis Kassel.
Die Liste ist nach den drei Unterpunkten, politische Häftlinge, Berufsverbrecher und aus sonstigen polizeilichen Gründen festgenommene Personen sortiert und enthält Angaben über den Namen und Beruf des Inhaftierten, den Anlass der Maßnahme, den Tag der Festnahme, den Namen desjenigen, der die Maßnahme angeordnet hat, sowie Vorschläge für das weitere Verfahren.
Nachweisung der am 13. März 1934 in Haft befindlich gewesenen Personen, deren Freiheitsbeschränkung nicht auf richterlichem Haftbefehl, sondern auf polizeilicher Anordnung beruht, im Regierungsbezirk Kassel.
Die Liste ist nach den drei Unterpunkten, politische Häftlinge, Berufsverbrecher und aus sonstigen polizeilichen Gründen festgenommene Personen, sowie den einzelnen Kreisen sortiert und enthält Angaben über den Namen und Beruf des Inhaftierten, den Anlass der Maßnahme, den Tag der Festnahme, den Namen desjenigen, der die Maßnahme angeordnet hat, sowie Vorschläge für das weitere Verfahren.
Nachweisung der am 13. März 1934 in Haft befindlich gewesenen Personen, deren Freiheitsbeschränkung nicht auf richterlichem Haftbefehl, sondern auf polizeilicher Anordnung beruht, im Kreis Herrschaft Schmalkalden.
Die Liste ist nach den drei Unterpunkten, politische Häftlinge, Berufsverbrecher und aus sonstigen polizeilichen Gründen festgenommene Personen sortiert und enthält Angaben über den Namen und Beruf des Inhaftierten, den Anlass der Maßnahme, den Tag der Festnahme, den Namen desjenigen, der die Maßnahme angeordnet hat, sowie Vorschläge für das weitere Verfahren.
Nachweisung der am 13. März 1934 in Haft befindlich gewesenen Personen, deren Freiheitsbeschränkung nicht auf richterlichem Haftbefehl, sondern auf polizeilicher Anordnung beruht, im Kreis Herrschaft Corbach.
Die Liste ist nach den drei Unterpunkten, politische Häftlinge, Berufsverbrecher und aus sonstigen polizeilichen Gründen festgenommene Personen sortiert und enthält Angaben über den Namen und Beruf des Inhaftierten, den Anlass der Maßnahme, den Tag der Festnahme, den Namen desjenigen, der die Maßnahme angeordnet hat, sowie Vorschläge für das weitere Verfahren.
Nachweisung der am 13. März 1934 in Haft befindlich gewesenen Personen, deren Freiheitsbeschränkung nicht auf richterlichem Haftbefehl, sondern auf polizeilicher Anordnung beruht, im Kreis Hofgeismar.
Die Liste ist nach den drei Unterpunkten, politische Häftlinge, Berufsverbrecher und aus sonstigen polizeilichen Gründen festgenommene Personen sortiert und enthält Angaben über den Namen und Beruf des Inhaftierten, den Anlass der Maßnahme, den Tag der Festnahme, den Namen desjenigen, der die Maßnahme angeordnet hat, sowie Vorschläge für das weitere Verfahren.
Nachweisung der am 13. März 1934 in Haft befindlich gewesenen Personen, deren Freiheitsbeschränkung nicht auf richterlichem Haftbefehl, sondern auf polizeilicher Anordnung beruht, im Kreis Marburg.
Die Liste ist nach den drei Unterpunkten, politische Häftlinge, Berufsverbrecher und aus sonstigen polizeilichen Gründen festgenommene Personen sortiert und enthält Angaben über den Namen und Beruf des Inhaftierten, den Anlass der Maßnahme, den Tag der Festnahme, den Namen desjenigen, der die Maßnahme angeordnet hat, sowie Vorschläge für das weitere Verfahren.
Nachweisung der am 13. März 1934 in Haft befindlich gewesenen Personen, deren Freiheitsbeschränkung nicht auf richterlichem Haftbefehl, sondern auf polizeilicher Anordnung beruht, im Kreis Fulda.
Die Liste ist nach den drei Unterpunkten, politische Häftlinge, Berufsverbrecher und aus sonstigen polizeilichen Gründen festgenommene Personen sortiert und enthält Angaben über den Namen und Beruf des Inhaftierten, den Anlass der Maßnahme, den Tag der Festnahme, den Namen desjenigen, der die Maßnahme angeordnet hat, sowie Vorschläge für das weitere Verfahren.
Nachweisung der am 13. März 1934 in Haft befindlich gewesenen Personen, deren Freiheitsbeschränkung nicht auf richterlichem Haftbefehl, sondern auf polizeilicher Anordnung beruht, im Kreis Hanau.
Die Liste ist nach den drei Unterpunkten, politische Häftlinge, Berufsverbrecher und aus sonstigen polizeilichen Gründen festgenommene Personen sortiert und enthält Angaben über den Namen und Beruf des Inhaftierten, den Anlass der Maßnahme, den Tag der Festnahme, den Namen desjenigen, der die Maßnahme angeordnet hat, sowie Vorschläge für das weitere Verfahren.
Nachweisung der am 13. März 1934 in Haft befindlich gewesenen Personen, deren Freiheitsbeschränkung nicht auf richterlichem Haftbefehl, sondern auf polizeilicher Anordnung beruht, im Kreis Eschwege.
Die Liste ist nach den drei Unterpunkten, politische Häftlinge, Berufsverbrecher und aus sonstigen polizeilichen Gründen festgenommene Personen sortiert und enthält Angaben über den Namen und Beruf des Inhaftierten, den Anlass der Maßnahme, den Tag der Festnahme, den Namen desjenigen, der die Maßnahme angeordnet hat, sowie Vorschläge für das weitere Verfahren.
Meldung, dass in der Nacht vom 22. auf den 23. März 1934 bei sechs jüdischen Familien Fensterscheiben und Schaufensterscheiben zertrümmert worden wären. Auch in der Synagoge seien sechs Scheiben zerstört worden. Verdächtigt werden zwei Angehörige der NSDAP. Die Bevölkerung unterstütze ein solches Vorgehen nicht.
Der Landrat verweist darauf, dass die Schilder der allgemeinen Einstellung der NSDAP entsprächen und es keinen Anlass für eine polizeiliche Verfügung zur zwangsweisen Entfernung der Schilder gäbe, da sie zu keiner Unruhe in der Bevölkerung führen. Die NSDAP sei jedoch aufgefordert worden, die Schilder freiwillig zu entfernen.
Weiterhin berichtet der Landrat, dass wenige Tage zuvor Fensterscheiben in jüdischen Geschäften und Wohnhäusern, sowie der Synagoge zertrümmert worden seien.
Schreiben und Stellungnahme des Vorsteheramtes der Israeliten zu Haunau zu dem Einbruch mit Diebstahl und Sachbeschädigung in die Synagoge in Hüttengesäss, sowie zu den bisherigen Ermittlungen und dem Verhalten der zuständigen Behörden.
Bericht über den bisherigen Ermittlungsstand betreffen den Einbruch mit Diebstahl und Sachbeschädigung in die Synagoge in Hüttengesäss.
Es handelt sich vermutlich um zwei Täter, die alles gestohlen haben, was nicht befestigt oder weggeschlossen war. Außerdem haben sie verschiedene Gegestände in der Synagoge beschädigt oder zerstört.
Der Landrat teilt mit, dass er bisher von dem Vorfall noch nichts wusste und beauftragt den zuständigen Gendarmeriebeamten mit Ermittlungen.
Der Polizeidirektor teilt mit, dass ihm bisher von dem Einbruch in die Synagoge in Hüttengesäss noch nichts bekannt war.
Er beschreibt die bisherigen Ermittlungsergebnisse und erwähnt, dass auf Grund dieser in der Bevölkerung der Verdacht aufgekommen sei, der Einbruch sei von den jüdischen Mitbürgern fingiert worden, da ein Fenster offen gestanden habe und die gestohlenen Sachen wohl offen herumlagen.
Meldung, dass der SA-Scharführer Weigand in der Nacht vom 2. auf den 3. März in Sterbfritz von einer unbekannten Person niedergeschlagen wurde. Verdächtigt wird der jüdische Mitbürger Rolf Schuster, gegen den aus Mangel an Beweisen jedoch noch kein Haftbefehl erlassen werden konnte.
Die Bevölkerung sei auf Grund dieses Vorfalls sehr erregt, woraufhin bei verschiedenen jüdischen Mitbürgern Fensterscheiben zertrümmert wurden und Rolf Schuster in Schutzhaft genommen werden musste.
Der Landrat teilt mit, dass laut dem Oberstaatsanwalt das Verfahren wegen des Einbruchs in die Synagoge in Hüttengesäss wohl wegen Mangels an Beweisen eingestellt werden wird.

Obwohl sich seit der Machtergreifung der Nationalsozialisten die wirtschaftliche und gesellschaftlicher Situation von Juden in Form von Diskriminierung und teilweiser Entrechtung durch entsprechende gesetzliche Maßnahmen bedrohlich
(s. z.B. Zeittafel zur Judenpolitik des NS - Regimes ) verschlechterte, konnten sich Juden in den Jahren 1934 und 1935 jenseits dieser gesetzlichen Bestimmungen noch auf gesetzliche Grundlagen zu ihrem Schutz verlassen
(s.z.B. Unrechtmäßigkeit der Judenordnung Felsberg). Die Dokumente belegen für antijüdische Maßnahmen jenseits einer gesetzlichen Legitimation vorwiegend die Täterschaft durch Angehörige der SA. Sie reichten von der Anbringung von Schildern auf dem eigenen Grundstück, die zum Boykott jüdischer Geschäfte aufriefen (s.http://www.digam.net/?dok=8040 Bl. 18) bis hin zum Mord an einer kompletten jüdischen Familie (s. Familie Oppenheim). Dabei konnte gerade in kleineren Dörfern mit einem übersichtlichen und eng geknüpften gesellschaftlichen Gefüge ein gruppendynamischer Druck entstehen, dem sich einzelne Individuen nur schwer entziehen konnten
(s. Versammlung in Rengershausen) und in dessen Folge die wirtschaftliche Situation für ansässige jüdische Familien untragbar wurde (s. http://www.digam.net/?dok=8040 Bl. 16). Jedoch wurden diese Vorfälle noch vom Cenralverein Deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens oder z.B. durch Rechtsanwalt Dellevie zur Anzeige gebracht (s. Schreiben des Rechtsanwalts Dellevie). Von den verantwortlichen Stellen wurde dann im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen die entsprechenen Maßnahmen getroffen (s. eingeleitete Ermittlungen von Regierungspräsident Mombart und Ergebnis der polizeilichen Ermittlung), wobei die Verantwortungsträger durch die Ausschreitungen der SA und deren Sondergerichtsbarkeit innerhalb einer Grauzone zwischen Aufrechterhaltung von Recht und Gesetz und der Loyalität zur Staatspartei ihre Entscheidungen trafen. In so einem Fall war die individuelle Einstellung des jeweiligen Entscheidungsträgers von ausschlaggebender Bedeutung, inwieweit jüdische Beschwerden weiter verfolgt wurden
(s. Schreiben des Polizeipräsidenten Pfeffer) oder abgewiesen wurden (s. Antwortschreiben des Regierungsrates Dernen).
Bearbeitet von Marcel Reck
Das Schreiben von Rechtsanwalt Theodor Dellevie berichtet
- für die Gemeinde Corbach von antijüdischen Parolen auf den Bürgersteigen vor jüdischen Häusern und auf Tafeln, die auf Privatgrundstücken und vor dem Landratsamt aufgestellt sind.
- über die Vertreibung jüdischer Viehhändler vom Corbacher Viehmarkt am 03. Oktober 1934 von SS-Männern und die Behinderung arischer Kunden beim Einkauf in jüdischen Geschäften (Blatt 89 und 89 v)
- von Sachbeschädigungen an jüdischen Häusern in Gensungen-Felsberg (Blatt 93.1)
- sowie von Beschädigungen auf dem jüdischen Friedhof in Rhina (Blatt 94).
Hauptwachtmeister Jentsch berichtet dem Landrat über die Vorfälle in der jüdischen Pension Löhnberg in Styrck. Er schreibt, dass Schüsse gefallen und zwei Fenster zertrümmert worden seien. Außerdem gibt er die Aussage des jüdischen Kurgastes Dr. Hermann Ferse über zwei unbekannte Eindringlinge wieder, die Einlass in die Pension verlangt und die Bewohner nach Waffen durchsucht haben. Diese Aussage wurde von fünf weiteren, aufgezählten Personen bestätigt .
Dr. Hermann Ferse sagt über die Ereignisse in der Nacht vom 17. auf den 18. August 1935 in der jüdischen Pension Löhnberg in Styrck aus, in der er selbst als Kurgast weilte.
Gegen halb vier Uhr früh verlangten zwei Personen, davon eine in Uniform, Einlass in die Pension. Sie seien auf der Suche nach einem gewissen Stenzmann aus Medebach. Dabei wollten die beiden unbekannten Personen nicht erkannt werden, weshalb sie verboten Licht zu machen. Als sie merkten, dass der Gesuchte nicht anwesend war, verschwanden sie wieder.
Ein Teil der jüdischen Kurgäste war nach diesem Vorgang, dem mehrere Schüsse vorausgegangen waren, so verängstlicht, dass sie sofort abreisten.
"Judenordnung" der Stadt Jesberg, die den weiteren Zuzug von jüdischen Mitbürgern verbietet und die jüdischen Einwohner, sowie andere Einwohner, die Kontakt mit ihnen haben, diskriminiert.
Die "Judenordnung" von Jesberg weist eine starke Ähnlichkeit zu der "Judenordnung" von Felsberg auf (Dokument 2).
Polizeipräsident Pfeffer schreibt zu den Vorfällen in der jüdischen Pension Löhnberg in Styrck, dass die Täter wahrscheinlich in Brilon zu suchen seien, da der von ihnen gesuchte jüdische Steesmann aus Medeberg bei Brilon käme und dort durch zahlreiche Beziehungen zu deutschen Mädchen unangenehm aufgefallen wäre. Die Ermittlungen seien den Behörden in Arnsberg übertragen worden.
Pfeffer zweifelt an dem Bericht über die zertrümmerten Fensterscheiben, da die Besitzerin der Pension, die jüdische Witwe Löhnberg, diese nicht gehört habe und außerdem kein Gegenstand mit dem sie hätte eingeworfen werden können in dem dazgehörigen Zimmer gefunden wurde. Zudem seien alle Zeugen jüdische Mitbürger, was Pfeffers Meinung nach den Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen nicht gerade zu erhöhen scheint.
Der Landrat teilt mit, dass die "Judenordnung" der Stadt Felsberg als Ortssatzung keine Rechtswirksamkeit hat und der Entwurf zurückgezogen worden ist.

Titelbild: Auszug aus Blatt 137
Dieser Ausstellungsraum enthält eine Auswahl an Dokumenten aus dem 15. Band des Bestandes 165, Nr. 3982. Die Akte enthält über 660 Dokumente und trägt den Titel: "Sonderakte betreffend Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, sowie den öffentlichen Sicherheitsdienst". Sie umfasst den Zeitraum von Anfang September 1935 bis Ende Oktober 1936.
Die Akte enthält größtenteils Schilderungen von Übergriffen, Erpressungen, Zerstörungen, Boykott-Maßnahmen etc. gegen die jüdischen Bewohner in und um Marburg. Es liegen Korrespondenzen zwischen Gendarmerie, Oberstaatsanwaltschaft, NSDAP, Gestapo, Regierungspräsidenten, Landräten und dem Preußischen Minister des Innern vor. Auch sind Schreiben von Privatleuten aufgenommen, wie das des Freiherrn von Köckritz. Es handelt sich meist um (Einzel-)Aktionen durch Mitglieder der SA gegen ihre jüdischen Mitbürger. Ferner werden auch zahlreiche antisemitisch motivierte Aktionen durch Angehörige der Hitler Jugend erwähnt. Auch werden Übergriffe seitens Privatleuten dokumentiert, wie der Fall des Lehrers Deisenroth. Neben direkten Übergriffen gegenüber der jüdischen Bevölkerung liegt auch ein Fall gegen den "deutschen Volksgenossen" Heinrich Staaf vor, der nach einem Einkauf bei einem jüdischen Händler als "Judenknecht" durch die Straßen Schlüchterns getrieben wird. Zahlreiche Fälle stehen im Kontext zu den Nürnberger Gesetzen (Spangenberg, Gendarmeriehauptwachtmeister Höpf).
Die Reaktionen der Bevölkerung auf Übergriffe der SA etc. sind unterschiedlich. Der Fall "Holzversteigerung in Heubach" spricht von einer antisemitischen Bevölkerung, während die Einwohner Meimbressens den Aktionen missbilligend gegenüberstehen.
Auch im Hinblick auf die Verfolgung und Ermittlungen ergeben sich Unterschiede. So fordert der Landrat Wolfhagens eine Bestrafung mit Symbolcharakter, damit Übergriffe gegen Juden aufhören sollen.
Der Überfall auf den jüdischen Schuhwarenhändler Josef Spinat zeigt, dass sich zuweilen auch das Ausland, in diesem Falle die polnische Regierung, auf den Prozess der Strafangelegenheiten Einfluss zu nehmen versucht.
Bearbeitet von Christian Siekmann
Der Gendarmerie Polizeihauptwachtmeister Schade berichtet über die Ausschreitungen gegen jüdische Einwohner in Spangenberg in der Nacht vom 15. zum 16. September 1935 im Rahmen eines Fackelzuges und einer Kundgebung zu dem Reichsparteitag in Nürnberg, sowie den dort erlassenen "Rassegesetzen". Angeführt wurde dieser von Bürgermeister und Ortsgruppenleiter Fenner.
Um bei jüdischen Familien angestellte christliche Dienstmädchen über die neuen Gesetze zu unterrichten und deren Entlassung zu fordern, verschafften sich einige Angehörige nationalsozialistischer Organisationen gewaltsam Zutritt zu einzelnen Häusern der jüdischen Einwohner. Hierbei kam es in mehreren Fällen zu Sachbeschädigungen. Geschädigte waren u.a.: die Kaufleute Theodor Blumenkrohn, Moses Neuhaus, Meier Müller bzw. Löwenstein,der Fabrikant Ruben Spangenthal, die Gebrüder Max und Simon Levisohn und der Uhrmacher Phillipp Friedmann.
Am nachfolgenden Tag verließen zahlreiche Dienstmädchen die jüdischen Familien.
Weiterhin wurde ein jüdischer Angestellter leicht misshandelt und musste für kurze Zeit in Schutzhaft genommen werden.
Ausführlicher Bericht der Staatspolizeistelle Kassel über die Ausschreitungen gegen jüdische Einwohner in Spangenberg in der Nacht vom 15. zum 16. September 1935 im Rahmen eines Fackelzuges - initiiert durch den Ortsgruppenleiter und Bürgermeister von Spanenberg in Personalunion Fenner - und einer Kundgebung zu dem Reichsparteitag in Nürnberg und den dort erlassenen "Rassegesetzen", sowie den bisherigen Stand der Ermittlungen.
Um bei jüdischen Familien angestellte christliche Dienstmädchen über die neuen Gesetze zu unterrichten, verschafften sich einige Angehörige nationalsozialistischer Organisationen gewaltsam Zutritt zu einzelnen Häusern der jüdischen Einwohner. Hierbei kam es in mehreren Fällen zu Sachbeschädigungen.
Weiterhin wurde ein jüdischer Angestellter leicht misshandelt und musste zu seiner eigenen Sicherheit für wenige Stunden in Schutzhaft genommen werden.
Die Ermittlungen ergaben, dass die Täter nicht immer eindeutig zu benennen sind. Dem Ortsgruppenleiter und Bürgermeister Fenner, sowie dem Gendarmerie Polizeihauptwachtmeister Huber wird von den die Tat ausführenden SA-Männern (Lenitzki, Klein, Zimmer) eine beträchliche Mitverantwortung zugeschrieben, da sie die Übergriffe billigend in Kauf genommen und nichts unternommen hätten, sie zu unterbinden. Der Interpretationsspielraum des Befehls sei zu groß gewesen, vor allem im Rahmen des angespannten Verhältnisses der "arischen Bevölkerung" zu der jüdischen Bevölkerung.
Der Ortsgruppenleiter und Bürgermeister Spangenbergs in Personalunion Fenner berichtet über die Ausschreitungen gegen jüdische Einwohner in Spangenberg in der Nacht vom 15. zum 16. September 1935 im Rahmen eines Fackelzuges und einer Kundgebung zu dem Reichsparteitag in Nürnberg, sowie den dort erlassenen "Rassegesetzen".
Er habe den Fackelzug und die Kundgebung, sowie die Unterrichtung der Dienstmädchen veranlasst, da er von den neuen Gesetzen so begeistert gewesen sei. Dabei habe er aber nicht mit gewaltsamen Übergriffen gerechnet und solche auch nicht angeordnet. Es sei aber geplant gewesen, die zum Teil nicht antisemitische Bevölkerung "aufzurütteln".
Um bei jüdischen Familien angestellte christliche Dienstmädchen über die neuen Gesetze zu unterrichten, verschafften sich einige Angehörige nationalsozialistischer Organisationen gewaltsam Zutritt zu einzelnen Häusern der jüdischen Einwohner. Hierbei kam es in mehreren Fällen zu Sachbeschädigungen, die Fenner aber zu erklären versucht, in dem er die Schuld hier bei den jüdischen Anwohnern sieht.
Weiterhin wurde ein jüdischer Angestellter leicht misshandelt und musste für kurze Zeit in Schutzhaft genommen werden.
Der Regierungsrat Schütz berichtet über die Ausschreitungen gegen jüdische Einwohner in Spangenberg, Kreis Melsungen, in der Nacht vom 15. zum 16. September 1935. Diese stehen im Kontext zu einem Fackelzug und einer Kundgebung zu dem Reichsparteitag in Nürnberg und den dort erlassenen "Rassegesetzen", sowie den bisherigen Stand der Ermittlungen.
Um bei jüdischen Familien angestellte christliche Dienstmädchen über die neuen Gesetze zu unterrichten, verschafften sich einige Angehörige nationalsozialistischer Organisationen gewaltsam Zutritt zu einzelnen Häusern der jüdischen Einwohner. Hierbei kam es in mehreren Fällen zu Sachbeschädigungen. Es kommt zur Strafanzeige.
Rechtfertigung gegen den Vorwurf des Amtsmissbrauchs gegen den Bürgermeister von Gudensberg, Adam Brede, da dieser jüdische Mitbürger nach Aufforderung durch den Ortsgruppenleiter Herbener mehrfach strenger bestraft haben soll, als eigentlich üblich ist.
Brede sei zwar unter der von Ortsgruppenleiter Herbener geforderten Strafe geblieben, habe die Strafe aber dennoch erhöht. Weitere Ermittlungen hätten keinen weiteren Ergebnisse geliefert, dass Brede sich strafbar gemacht hätte.
Klagen gegen den Bürgermeister Adam Brede und insbesondere den Ortsgruppenleiter Herbener in Gudensberg. Brede handele auf Anweisung Herbeners und begehe Amtsmissbrauch, insbesondere in Bezug auf die jüdischen Einwohner. Auf Antrag des Autors an den Gauleiter, Staatsrat Weinrich (vgl. Bl. 70 r - 72 r), müsse gegen den Ortsgruppenleiter von Gudensberg vorgegangen werden, sowie auch gegen den Bürgermeister (vgl. Bl. 69). Besonders Herbener fiele zusammen mit einigen Parteigenossen durch Gewalttaten und Repressalien gegen die jüdischen Einwohner negativ auf. Hinzu kämen Einzelfälle "von geringerer Bedeutung von Judenmisshandlungen, Einschlagen von Fensterschreiben und Beschmierungen von Judenhäusern". Dieses Verhalten sei parteischädigend und störe die Integrationskraft der öffentlichen Veranstaltungen, da die Bevölkerung diese Taten missbillige. Dieses Verhalten schade daher dem Ansehen der Regierung und der Partei. Herbener würde für die "weltanschaulichen Erziehungsaufgaben der Partei in Gudensberg [...] gänzlich ausscheiden."
Stellungnahme Adam Bredes auf den Vorwurf des Amtsmissbrauchs gegen ihn, da er jüdische Mitbürger nach Aufforderung durch den Ortsgruppenleiter Herbener mehrfach strenger bestraft haben soll, als eigentlich üblich ist.
Brede weist die Beschwerde zurück. Er habe zwar höhere Strafen als eigentlich vorgesehen verhängt, sei aber weit unter dem von Ortsgruppenleiter Herbener geforderten Strafmaß geblieben. Außerdem hätte das Gericht die Straferhöhung in gewisser Weise bestätigt.
Reaktion des Landrates auf den Vorwurf des Amtsmissbrauchs gegen den Bürgermeister von Gudensberg, Adam Brede, da dieser jüdische Mitbürger nach Aufforderung durch den Ortsgruppenleiter Herbener mehrfach strenger bestraft haben soll, als eigentlich üblich ist.
Der Landrat weist die Beschwerde scharf zurück, da die Vorkommnisse entweder schon ein Jahr zurücklägen oder niemals stattgefunden hätten. Außerdem habe Adam Brede zwar härtere Strafen gegen jüdische Mitbürger verhängt, sei aber nicht den Forderungen des Ortsgruppenleiters gefolgt. Die härtere Bestrafung sei auf Grund der Situation in der Gemeinde notwendig gewesen. Andernfalls hätte sich Brede in den Verdacht der Judenfreundschaft begeben.
Weiterhin betont der Landrat, dass Brede ein treuer Diener der Stadt sei und sich schon mehrfach um sie verdient gemacht habe.
Beschwerde des Veterans und Nationalsozialisten Freiherr von Köckritz, dass die jüdische Familie Tannenbaum in Mansbach, Kreis Hinfeld, mehrfach Übergriffen ausgesetzt gewesen wäre, obwohl sie drei Söhne im Weltkrieg verloren und damit ihre Pflicht für das deutsche Vaterland mehr als erfüllt hätte.
Zum Anlass für sein Schreiben nimmt er, dass in der Nacht vom 19. zum 20. Oktober 1935 zum wiederholten Male Fensterscheiben bei der Familie eingeworfen worden waren. Durch solche Taten werde nicht nur der Familie geschadet, sondern der Ruf des ganzen Reiches.
Bericht der Staatspolizeistelle Kassel über den Einwurf von Fensterscheiben bei der jüdischen Familie Tannenbaum in Mansbach in der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober 1935.
Mitteilung, dass in jener Nacht in Mansbach mehrere Fensterscheiben eingeworfen wurden, es einen Verdächtigen gebe und das Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Hanau liege.
Als Reaktion auf das Schreiben des Freiheern von Köckritz, erfolgt der Einwand, dass die Familie Tannenbaum nur einen Sohn hatte, der im 1. Weltkrieg gefallen ist.
Antwort des Regierungspräsidenten in Kassel an den Freiherrn von Köckritz. Die Ausschreitungen wären bekannt und gegen die Täter sei Strafantrag gestellt worden. Es erfolgt der Hinweis, dass die Familie Tannenbaum nur einen gefallenen Sohn zu beklagen hätte, entgegen der Behauptung Köckritz´, es seien 3 gewesen.
Das Verfahren gegen den Lehrer Deisenroth wird eingestellt. Es wäre nicht ersichtlich, ob das Verhalten des Lehrers gegenüber dem jüdischen Kaufmann Nussbaum eine Bedrohung dargestellt habe.
Beschwerde Heinrich Staafs, da er, nachdem er bei einem jüdischen Händler Isaak Goldschmidt Stoff gekauft hatte, von Nationalsozialisten festgenommen und mit einem Schild mit der Aufschrift "Ich bin ein Judenknecht" um den Hals durch die Straßen getrieben und verhöhnt worden wäre. Außerdem sei er noch für wenige Stunden inhaftiert worden. Sein Einkauf wurde der Kreisleitung gemeldet, die die beschriebenen Maßnahmen dann eingeleitet hätten.
Staaf beteuert den Stoff nur bei einem jüdischen Händler in Schlüchtern gekauft zu haben, weil dieser wesentlich günstiger sei. Er sei Judenfeind und kein Judenfreund.
Mitteilung des Regierungspräsidenten, dass die Beschwerde Heinrich Staafs wegen Demütigung und Misshandlungen, nachdem er bei einem jüdischen Händler Stoff gekauft hatte, der Wahrheit entspricht und zur strafrechtlichen Verfolgung an die Staatsanwaltschaft Hanau weitergegeben wurde.
Mitteilung des Oberstaatsanwaltes, dass das Verfahren wegen Nötigung des Heinrich Staaf eingestellt wird, obwohl sich der Beschuldigte Staaf strafbar gemacht habe. Als Begründung werden das zu geringe Strafmaß bei den jugendlichen Mitbeschuldigten genannt. Hinzu käme der verständliche Ärger des erwachsenen Beschuldigten Teichmanns über Staafs Einkauf bei einem jüdischen Händler, obwohl er schon finanzielle Unterstützung seitens der NSDAP erhielt und den Parteizielen mit seinem Kauf bei jüdischen Händlern zuwider handele.
Der Förster teilt anlässlich der Beschwerde des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubes, nachdem jüdischen Einwohnern bei einer Holzversteigerung in Heubach der Zutritt verwehrt und kein Holz verkauft wurde, mit, dass er erst am Ende der Versteigerung von dem Verbotsschild Kenntnis erhalten habe und auch nicht wüsste, wer es aufgehängt habe.
Richtig sei, dass sich Frau Jettchen Kahn an ihn gewandt habe, mit der Bitte ihr und noch einigen anderen Holz außerhalb der Versteigerung zu verkaufen. Da für ihn nicht ersichtlich gewesen sei, dass es sich hierbei um jüdische Einwohner handelte, habe er die Bitte abgelehnt.
Der Autor weist darauf hin, dass die Bevölkerung in den Gemeinden seines Forstamtes "streng gegen die jüdischen Bürger organisiert" sei. Die Gemeinde Heubach wäre "rein nationalistisch". Es würde "mit aller Schärfe ein allgemeiner Boykott durchgeführt". Bei Verstoß gegen diesen Boykott, würde der Name der betreffenden Person öffentlich "gebrandmarkt". Im Zuge dieser Situation sei der Verkauf an die jüdischen Bürger sehr problematisch und von den "arischen Holzkäufer[n]" nicht geduldet. Daher teilt der Landesforstmeister noch mit, dass er in Folge der Beschwerde dem Förster geraten habe, das Holz freihändig an die jüdischen Mitbürger zu verkaufen, um potentielle öffentliche Proteste zu vermeiden.
Der Landrat teilt auf die Beschwerde des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens hin mit, dass der Förster das Schild, welches den jüdischen Einwohnern den Zutritt zu der Holzversteigerung verbot, angebracht hat.
Er begründet dies mit der sehr antisemitisch eingestellten Bevölkerung von Heubach, die schon im März 1932 mit 85 % für die NSDAP gestimmt hat, weshalb der Förster nur im Sinne der nationalsozialistischen Gemeinde und der staatlichen Belange gehandelt habe. Ferner habe der Förster auch dem Terror der Juden vor der Machtergreifung Hitlers Rechnung getragen.
Der Bürgermeister Heubachs teilt auf die Beschwerde des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens hin mit, dass sich bei ihm die jüdische Einwohnerin Jettchen Kahn persönlich beklagt habe, dass ihr kein Holz verkauft und der Zutritt zur Holzversteigerung untersagt worden wäre.
Er habe ihre Beschwerde mit der Begründung abgewiesen, dass er nichts für sie tun könne, da das Forstamt das Hausrecht habe und es diesem überlassen sei, an wen es das Holz verkaufe.
Weiterhin weist der Bürgermeister darauf hin, dass der Förster nicht anders handeln konnte, da Heubach sehr antisemitisch eingestellt sei und es zu Ausschreitungen hätte kommen können.

Die Akte "StAM 274 Marburg, Bd. 1 - Synagogenbrandstiftung 1938, Hauptake Teil 1" beschäftigt sich hauptsächlich mit der Brandstiftung an der Marburger Synagoge in der Universtitätsstraße im Zuge der Reichspogromnacht vom 09./10 November 1938. Schon kurz nach dem Brand der Synagoge ermittelte die Polizei gegen die Täter. Die Ermittlungen endeteten jedoch mit dem Vermerk des Marburger Oberstaatsanwaltes Lautz am 11. Januar 1940: "Einstellung. Täter nicht ermittelt." Auf dem gleichen Dokument folgt dann der handschriftliche Vermerk des neuen Oberstaatsanwaltes Hadding vom 14. Dezember 1945, die Ermittlungen wieder aufzunehmen.
Der Hauptverdächtige ist hierbei Hans Steih. Steih war zum Zeitpunkt der Brandstiftung Sturmführer der SA und gilt dem Gericht als die zentrale Figur des Verbrechens. In zahlreichen Aussagen gibt er immer wieder zu Protokoll, dass er an der Brandlegung nicht beteiligt gewesen sei. Er räumt jedoch ein, dass er den Befehl zur Brandstiftung von Standartenführer Stollberg erhalten habe und sich dieser Anweisung nicht habe widersetzen können. So sei er an der Organisation beteiligt gewesen, nicht aber an der direkten Durchführung. Im Zuge des Verfahrens werden die Voruntersuchungen ausgeweitet: Neben dem Hauptverdächtigen Steih werden nun auch Paul Piskator, Friedrich Groos, Heinrich Völker und Otto Spengler angeklagt. Auch in der Öffentlichkeit besteht ein Interesse an der Aufklärung des Synagogenbrandes, wie ein Leserbrief Ende September 1946 und die entsprechende Reaktion der Oberstaatsanwaltschaft zeigen.
Die Oberstaatsanwaltschaft rekapituliert die Geschehnisse vom 08. bis zum 10. November 1938 bezüglich der Täterschaft Hans Steihs und anderer. Die Angeklagten Steih, Völker, Groos, Piskator und Spengler hätten sich des schweren Hausfriedensbruchs, des Landfriedensbruchs und der Brandstiftung, begangen in Idealkonkurrenz, schuldig gemacht. Die Akte dokumentiert die komplette Hauptverhandlung: von den Voruntersuchungen, den Zeugenaussagen, der Anklageschrift, dem Urteil, bis hin zu den Revisionsanträgen seitens der Rechtsanwäte der Angeklagten und auch seitens der Oberstaatsanwaltschaft. Hans Steih erhält als Strafe 3 Jahre Zuchthaus. Friedrich Gross wird zu einem Jahr und 6 Monaten und Paul Piskator zu 1 Jahr verurteilt. Heinrich Völker und Otto Spengler werden freigesprochen.
Im weiteren Verlauf finden Ermittlungen gegen Kurt Stollberg statt und 1950 wird ein Verfahren gegen ihn aufgenommen.
Bearbeitet von Jan Klingelhöfer, Marcel Reck und Christian Siekmann
Der Marburger Kaufmann Samuel Bacharach macht eine Strafanzeige gegen einen Unbekannten. Er stellte fest, dass in der Synagoge sämtliche Fenster beschädigt waren und Steine lagen. Überdies vernahm er einen intensiven Benzingeruch.
Der Marburger Kriminal-Oberassistent schreibt in seinem Bericht vom 09.11, dass am 08. November 1938 durch Unbekannte Scheiben der Synagoge in der Universitätsstraße zertrümmert wurden und eine Explosion stattfand. Die Suche nach den Tätern sei erfolglos verlaufen. Die Geschädigten stellen keinen Strafantrag.
Am 10.11 schreibt selbiger, dass die Synagoge am 10. November restlos ausgebrannt sei. Die Suche nach den Tätern wäre negativ geblieben. Er stellt die These auf, dass die Brandlegung eine spontane Protestaktion gegen das Attentat auf den deutschen Diplomaten in Paris, vom Rath, gewesen sei.
Die Ermittlungen ergaben, dass sich folgende Personen in der Nähe des Tatortes befanden:
Friedrich Groos, Paul Penzler, Hans Schneider, Otto Domsky, Ludwig Dillschneider, Konrat Ortwein und Christoph Berdux. Weiter werden aufgeführt der Beschuldigte Hans Steih (Stey) und Paul Piskator.
1940 teilt der Oberstaatsanwalt Lautz der Kriminalpolizei Marburg mit, dass die Ermittlungen gegen den unbekannten Brandstifter, der die Synagoge in der Wettergasse anzündete, eingestellt sind und der Täter nicht ermittelt werden konnte.
1945 ersucht der neue Oberstaatsanwalt Hadding die Kriminalpolizei Marburg um die Wiederaufnahme des Ermittlungsverfahrens bezüglich des unbekannten Brandstifters, der am 10.11.38 die Synagoge in der Universitätsstraße in Brand setzte.
Der Minister der Justiz aus Wiesbaden schreibt dem Marburger Oberstaatsanwalt, dass mit den am Synagogenbrand in Marburg beteiligten Zeugen Stey und Piscator, die sich in französischer Kriegsgefangenschaft befinden, in derselben Weise verfahren werden soll, wie mit Internierten in amerikanischen Lagern.
Der Marburger Oberstaatsanwalt teilt dem Landgerichtspräsidenten in Koblenz mit, dass Hans Stey als Beschuldigter gerichtlich zu vernehmen ist.
Heinrich Völker gibt zu Protokoll, dass Hans Steih direkt an der Planung und Durchführung der Inbrandsetzung beteiligt gewesen wäre. Steih wäre nicht angetrunken gewesen und hätte Brennmaterial (Fußbodenöl) organisiert, welches in die Synagoge gekippt worden wäre. Steih habe die ganze Angelegenheit geleitet und wäre damit beauftragt gewesen. Die direkte Beteiligung Steihs macht Völker dadurch deutlich, dass dieser darauf aus gewesen wäre, die Lorbeeren für sich zu ernten und mit der Tat prahlen würde. Völker gibt an, dass sich zahlreiche SA-Leute am Tatort eingefunden hätten.
Schriftstück 71 dokumentiert eine Gegenüberstellung Steihs mit Völker. Steih leugnet die Tat, während Völker auf seinen Angaben insistiert. Es ergeht kein Haftbefehl gegen Völker.
Im weiteren Verlauf des Prozesses werden die Aussagen Völkers als sehr glaubwürdig eingestuft und belasten Steih damit auf das Schärfste (wie dem Urteil zu entnehmen ist).
Aussagen von:
Hans Brock, Christoph Berdux, Heinrich Völker, Otto Domsky, Friedrich Groos, Hans Schneider, Heinrich Riembach, Ludwig Dillschneider, Nikolaus Kleinhenn
Spengler gibt zu Protokoll, dass die SA die Synagoge in Brand gesetzt habe. Zu diesem Zweck wäre Fußbodenöl herbeigeschafft worden. Steih soll eine erhebliche Rolle gespielt und den Befehl gegeben haben.
Steih erklät demgegenüber, dass der Befehl zur Inbrandsetzung von Standartenführer Stollberg erteilt worden wäre. Erneut erklärt er, dass an der direkten Tat nicht beteiligt gewesen wäre. Steih belastet Völker und Groos.
Der frühere Marburger Kriminalpolizist Johannes Heinrich Siebert gibt an, dass es keine Ermittlungen gegen die Brandstifter der Marburger Synagoge gegeben habe. Eine Anzeige wurde nicht bearbeitet.
Der frühere Truppführer der SA, Ludwig Weibezahn sagt aus, dass er nicht wüsste, wer die Synagoge in Brand gesteckt habe.
Aussagen der Beschuldigten Friedrich Groos, Paul Piskator, Heinrich Völker und Otto Spengler. Standartenführer Stollberg wurde bisher noch nicht ermittelt.
Die Öffentliche Sitzung der Strafkammer l des Landgerichts Marburg verhandelt die Strafsache gegen Hans Steih, Friedrich Groos, Paul Piscator, Heinrich Völker und Otto Spengler.
Erklärung des Angklagten Völker zu den Vorkommnissen am 09. November 1938.
Vergleiche hierzu:
Die Öffentliche Sitzung der Strafkammer l des Landgerichts Marburg verhandelt die Strafsache gegen Hans Steih, Friedrich Groos, Paul Piscator, Heinrich Völker und Otto Spengler betreffend die Beteiligung am Synagogenbrand vom 09./10.11.1938 in Marburg.
Aussagen der Zeugen Johann Peter Fritsch, Christian Wege, Karl Müller und Hans Albrecht.
Es ergehen folgende Urteile:
Hans Steih: 3 Jahre Zuchthaus
Friedrich Groos: 1 Jahr und 6 Monate Zuchthaus
Paul Piscator: 1 Jahr Zuchthaus
Freispruch für Heinrich Völker und Otto Spengler.
Vergleiche hierzu:
Hauptdokument und das vorangehende Dokument (Dokumentenabschnitt 8)
Die Öffentliche Sitzung der Strafkammer l des Landgerichts Marburg verhandelt die Strafsache gegen Hans Steih, Friedrich Groos, Paul Piscator, Heinrich Völker und Otto Spengler betreffend die Beteiligung am Synagogenbrand vom 09./10.11.1938 in Marburg.
Aussagen der Zeugen Heinrich Schweinsberger und Hans Hillgruber.
Vergleiche hierzu:
Hauptdokument und das vorangehende Dokument (Dokumentenabschnitt 7)
Die Öffentliche Sitzung der Strafkammer l des Landgerichts Marburg verhandelt die Strafsache gegen Hans Steih, Friedrich Groos, Paul Piscator, Heinrich Völker und Otto Spengler betreffend die Beteiligung am Synagogenbrand vom 09./10.11.1938 in Marburg.
Aussagen der Zeugen Ernst Albonesy, Elisabeth Barth, Karoline Mengel, Waldemar Braun und Heinrich Bersch.
Vergleiche hierzu:
Hauptdokument und das vorangehende Dokument (Dokumentenabschnitt 6)
Die Öffentliche Sitzung der Strafkammer l des Landgerichts Marburg verhandelt die Strafsache gegen Hans Steih, Friedrich Groos, Paul Piscator, Heinrich Völker und Otto Spengler betreffend die Beteiligung am Synagogenbrand vom 09./10.11.1938 in Marburg.
Aussagen der Zeugen Oskar Wanger, Fritz Scharenberg, Frieda Wicke, Hans Schütte, Helene Piskator, Christoph Berdux und Ernst Albonesy.
Vergleiche hierzu:
Hauptdokument und das vorangehende Dokument (Dokumentenabschnitt 5)
Die Öffentliche Sitzung der Strafkammer l des Landgerichts Marburg verhandelt die Strafsache gegen Hans Steih, Friedrich Groos, Paul Piscator, Heinrich Völker und Otto Spengler betreffend die Beteiligung am Synagogenbrand vom 09./10.11.1938 in Marburg.
Aussagen der Zeugen Hans Schneider, Nikolaus Kleinhenn, Ludwig Weber, Ludwig Weibezahn, Willi Domsky und Heinrich Rimbach zur Beteiligung der Angeklagten am Synagogenbrand am 09. November 1938.
Vergleich hierzu:
Hauptdokument und weiter die das vorangegange Dokument (Dokumentenabschnitt 4)
Die Öffentliche Sitzung der Strafkammer l des Landgerichts Marburg verhandelt die Strafsache gegen Hans Steih, Friedrich Groos, Paul Piscator, Heinrich Völker und Otto Spengler betreffend die Beteiligung am Synagogenbrand vom 09./10.11.1938 in Marburg.
Aussagen der Zeugen Paul Penzler und Otto Domsky zur Beteiligung der Angeklagten am Synagogenbrand am 09. November 1938.
Vergleiche hierzu:
Hauptdokument und das vorangehende Dokument (Dokumentenabschnitt 3)
Die Öffentliche Sitzung der Strafkammer l des Landgerichts Marburg verhandelt die Strafsache gegen Hans Steih, Friedrich Groos, Paul Piscator, Heinrich Völker und Otto Spengler betreffend die Beteiligung am Synagogenbrand vom 09./10.11.1938 in Marburg.
Aussagen von: Hans Steih und Otto Spengler
Vergleiche hierzu:
Hauptdokument und das vorangehende Dokument (Dokumentenabschnitt 2)
Die Öffentliche Sitzung der Strafkammer l des Landgerichts Marburg verhandelt die Strafsache gegen Hans Steih, Friedrich Groos, Paul Piscator, Heinrich Völker und Otto Spengler betreffend die Beteiligung am Synagogenbrand vom 09./10.11.1938 in Marburg.
Erklärung der Angklagten Groos und Piscator zu den Vorkommnissen am 09. November 1938.
Vergleiche hierzu:
Urteilsverkündung in der Strafsache wegen Brandstiftung an der Synagoge in Marburg gegen Hans Steih, Friedrich Groos, Paul Piskator, Heinrich Völker und Otto Spengler. Am 21. November 1947 verurteilt das Gericht den Angeklagten Hans Steih zu 3 Jahren Zuchthaus wegen vorsätzlicher Brandstiftung und schwerem Landfriedensbruch als Rädelsführer und schwerem Hausfriedensbruch. Als Mittäter wird Friedrich Groos zu einem Jahr und 6 Monaten verurteilt. Paul Piskator muss für ein Jahr ins Zuchthaus. Völker und Spengler werden freigesprochen.
Das Gericht sieht es als bewiesen an, dass Hans Steih direkt an der Planung und der Brandlegung beteiligt gewesen war, auch wenn eingeräumt wird, dass der Befehl zur Inbrandsetzung bereits am Mittag des 09. November vom Propagandaministerium erteilt wurde und hierfür "bereits zwei Herren da wären, die abend die Synagoge anstecken sollten." (Bl. 206 v) Gleichwohl habe Steih Fußbodenöl in die Synagoge gegossen und evtl. selbst angezündet. Groos und Piskator wären in die Planungen involviert gewesen und hätten an der Durchführung mitgewirkt.
Vergleiche hierzu:
Antrag, die Sache noch einmal zur Verhandlung aufzunehmen.
Aufgrund des schlechten psychischen und physichen Zustandes seines Mandanten Hans Steih, bittet Rechtsanwalt Heinz Wagner darum diesen von der Fortdauer der Untersuchungshaft zu verschonen.
Ein urschriftlich beigefügtes ärztliches Gutachten erklärt Hans Steih aufgrund des Gesundheitszustandes für nicht mehr haftfähig.

Pogromnacht 1938 in Hessen
274 Marburg 125 Bd 4.1 Synagogenbrandstiftung 1938, Nebenakte 2
Die Akte "StAM 274 Marburg, Nr. 125, Bd. 2" befasst sich unter anderem mit der Strafsache gegen den Schneidermeister Hans Steih als Hauptbeschuldigten wegen Brandstiftung an der Marburger Synagoge im November 1938. Die große Strafkammer des Landgerichts Marburg spricht am 16. September 1952 das Urteil.
Das Urteil vom 21. November 1947 (StAM 274 Marburg, Nr. 125, Bd. 1) wird aufgehoben, soweit es den Angeklagten Hans Steih betrifft. Steih wird wegen Aufforderung zu schwerer Brandstiftung an der Marburger Synagoge, in Tateinheit mit der Aufforderung zu schwerem Landfriedensbruch in einem Fall und wegen einfachem Landfriedensbruch in Tateinheit mit schwerem Hausfriedensbruch, zu einer Gefängnisstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten verurteilt. Auf dieses Strafmaß wird die schon vorher verbüßte Strafe angerechnet.
Bearbeitet von Marcel Reck und Christian Siekmann
Zeugenaussagen von Friedrich Gross, Heinrich Rimbach und Paul Penzler zu den Vorgängen in der Synagogenbrandnacht vom 09./10. November 1938 betreffend die Beteiligung des Angeklagten Paul Piscators.
Dieser wird von der Anklage der schweren Brandstiftung freigesprochen aber wegen Landfriedensbruch in Tateinheit zu 6 Monaten Gefängnis veruteilt.
Die bis dahin nicht berücksichtigten Untersuchungstatbestände betreffen die Aussagen und Tatbestände von Voelker, Hillberg, Stollberg, Penssler, Gross, Brohaska, Poeppler, Renk, Weber, Richter sowie Bürgermeister a.D. Voss und Polizeimeister Lange.
In der Strafsache gegen den Schneidermeister Hans Steih spricht die große Strafkammer des Landgerichts Marburg am 16. September das Urteil:
Das Urteil gegen Hans Steih vom 21. November 1947 wird aufgehoben, soweit es den Angeklagten Hans Steih betrifft. Steih wird wegen Aufforderung zu schwerer Brandstiftung an der jüdischen Synagoge in Marburg in der Universitätsstraße verurteilt. Ferner in Tateinheit mit Aufforderung zum schweren Landfriedensbruch in einem Fall und ferner wegen einfachen Landfriedensbruch in Tateinheit mit schwerem Hausfriedensbruch zu einer Gefängnisstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten verurteilt. Auf dieses Strafmaß wird die vorher verbüßte Strafe angerechnet.

Die Akte "StAM 274 Marburg, Band 3 - Synagogenbrandstiftung 1938, Nebenakte 1" befasst sich, wie die vorangehenden Akten, mit der Brandstiftung an der Marburger Synagoge in der Nacht vom 09. auf den 10. November 1938. Die Akte dokumentiert die Strafsache gegen den Schneidermeister Hans Steih wegen Landfriedensbruchs bei dem Landgericht Marburg, größtenteils den Schriftverkehr zwischen der Oberstaatsanwaltschaft Marburg mit dem hessischen Minister der Justiz. Die Akte enthält die Anklageschrift gegen Hans Steih, Friedrich Groos, Paul Piskator, Heinrich Völker und Otto Spengler und diesbezüglich eingelegten Revisionen seitens der Rechtsanwälte. Ferner enthält sie, im Zuge der Verteidigung Steihs, den Bericht selbigen über seinen Aufenthalt im Internierungslager. Auch finden sich unter den Schriftstücken Schreiben des ehemaligen Marburger Oberstaatsanwaltes Lautz, welche sich zeitnah mit der Brandstiftung an der Synagoge beschäftigen und die polizeiliche "Aufarbeitung" (mit dem fast obligatorischem Vermerk "Täter nicht zu ermitteln gewesen") von 1938 ein wenig beleuchten,
In den Dokumenten erscheint die "Jewish Restitution Successor Organization", die Nachfolge-Organisation ehedem jüdischer Gemeinden, welche sich ebenfalls mit der Aufarbeitung der NS-Verbrechen beschäftigt.
Bearbeitet von Christian Siekmann
Oberstaatsanwalt Lautz schildert einige Beschädigungen an und Übergriffe gegen die Marburger Synagoge als Folge des jüdischen Attentats auf den deutschen Diplomaten vom Rath vom 07. November 1938 in Paris. In der Nacht zum 08. November wurden die Beschädigungen durchgeführt.
Das Dokument 262 zeigt die handschriftliche Fassung.
Anklageschrift gegen Hans Steih, Friedrich Groos, Paul Piskator, Heinrich Völker und Otto Spengler wegen gemeinschaftlicher Zusammenrottung und vorsätzlicher Brandstiftung etc. Steih und Gross gelten als Rädelsführer. Die Oberstaatsanwalt rekonstruiert den Tathergang und beschuldigt die Angeklagten der Brandstiftung und des Land- und Hausfriedensbruchs.
Die Oberstaatsanwaltschaft bittet die Kriminalpolizei um beschleunigte Ermittlungen bezüglich der Aufenthaltsorte von Heinz Bersch, Hans Hillerg, (Peter?) Fritsch, Sohn/Vater des Bäckermeisters Schweinsberger u.a. Diese Personen hätten an einer detaillierten Vorbesprechung zur Durchführung der Brandstiftung teilgenommen.
Die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen sind der Rückseite zu entnehmen.
Bl. 270 und 271: Handschriftliche Fassungen
Anfrage der Jewish Restitution Successor Organization zum kurzfristigen Überlassen der Strafakten "Steih" und "Born". Die Akten seien jedoch momentan nicht verfügbar.
Die Mitteilung an den Reichsminister der Justiz beinhaltet die Schilderung des Brandes der Marburger Synagoge. Die Ermittlungen nach den Brandstiftern wären ergebnislos verlaufen. Auch die Ermittlungen der Ortspolizeibehörde wären fruchtlos geblieben.

Pogromnacht 1938 in Hessen
274 Marburg 125 Bd 4.1 Synagogenbrandstiftung 1938, Nebenakte 2
Aus der Akte "StAM 274 Marburg, Nr. 125, Bd. 4.1" und der Unterakte "Gruppe IV, Archiv Nr. 5878" wurden unter anderem einige Zeugenaussagen (Friedrich Groos, Hans Schneider, Nikolaus Kleinhenn und Paul Penzler) zu der Brandstiftung an der Marburger Synagoge in der Nacht vom 09. auf den 10. November 1938 in digitalisierter Form aufgenommen, in denen Indizien für eine Beteiligung Hans Steihs erkennbar sind.
Des Weiteren wurde der Bericht Hans Steihs "Mein Leben im Internierungslager " vom 12. Mai 1948 aufgenommen, in dem er unter anderem schildert, dass er nichts mit der Synagogenbrandstiftung zu tun hätte.
Bearbeiten von Christian Siekmann
Die Aussage des SA Mannes Friedrich Groos´ bezieht sich auf die Brandstiftung an der Marburger Synaoge. Groos identifiziert Brigadeführer Vielstich, Standartenführer Stollberg und Sturmführer Steih. Er stellt fest, dass die Planungen und Vorkehrungen zu dem Brand schon einige Tage vorher stattgefunden haben müssten.
Entnommen aus dem staatsanwaltlichen Gnadenhaft 15/55 des Landgerichts Marburg.
Hans Steih schildert seine Internierung, resultierend aus einer Denunziation durch die Amerikaner, wie Steih schreibt. Anfang April 1945 wäre er verhört und am 08. April in ein Internierungslager abtransportiert worden. Nach einigen Aufenthalten und geschilderten Misshandlungen kam Steih am 09. Juli 1945 in ein Durchgang- und Entlassungslager in Idar-Oberstein. Steih schildert Schikanen, Misshandlungen und Lynchjustiz seitens der Amerikaner und Franzosen. Am 13. November wurde Steih aus dem Zuchthaus entlassen und am 18. Dezember gelangte er nach Marburg. Hier wird Steih mit dem Vorwurf der Brandstiftung an der Marburger Synaoge konfrontiert und wird am 12. Februar 1947 verhaftet und er gerät in Untersuchungshaft. Steih versichert, er habe die Brandstifung nicht begangen.

Die Akte "StAM 274 Marburg 125, Bd. 4.2 - Synagogenbrandstiftung 1938, Nebenakte: SA-Führer-Personal-Vorgang Hans Steih" enthält zahlreiche Dokumente, welche die Karriere Hans Steihs innerhalb der SA dokumentieren.
Auszugsweise stellt diese Akte die Karriere Hans Steihs innerhalb der SA dar. Sie enthält Ausweise, Lebenslauf, Personalbeschreibungen und Beurteilungen über Hans Steih und dessen psychischen und physischen Eigenschaften und inwiefern er für eine führende Position innerhalb der SA geeignet ist.
Steih wurde am 07. Januar 1937 zum Führer des Sturmes 3/J 11 a, SA-Brigade 48 Hessen, Standarte J 11 ernannt und schließlich am 31. August 1944 zur Beförderung zum Hauptsturmführer vorgeschlagen.
SA-Sturmführer Hans Steih war 1947 Hauptbeschuldigter im Prozess der Synagogenbrandstiftung in Marburg.
Bearbeitet von Christian Siekmann
SA Ausweis von Hans Steih, ausgestellt am 15. Januar 1934 durch die SA der NSDAP, Sturmbann I/J11 Marburg. Eintritt in die SA am 20.11.1931, Parteimitglied seit dem 03.08.1925.
Personalbeschreibung Hans Steihs + vergrößertes Foto.

Dokumentation der Strafsache gegen Kurt Stollberg (LG Marburg, 1950) wegen "Anstiftung zum schweren Landfriedensbruch u.a." im Zusammenhang der Synagogenbrandstiftung in Marburg am 9./10. November 1938 ist in Vorbereitung.
Mit den Urteilen gegen Hans Steih, Friedrich Groos und Paul Piscator aus der Verhandlung vom 21.11.1947 sowie der Revisionsverhandlung vom 8.12.1948 war die justizielle Aufarbeitung der Synagogenbrandstiftung zunächst abgeschlossen, obwohl in diesen Verhandlungen immer wieder auch andere maßgebliche Beteiligte genannt worden waren, deren Aufenthalt aber durch die Folgen des Krieges nicht bekannt war. Erst als die Ehefrau und die Tochter des Hauptverurteilten Steih die Justiz 1949 darauf aufmerksam machten, dass sowohl der frühere SA-Mann Heinrich Peilstöcker als auch vor allem der frühere Führer der SA-Standarte 11 Kurt Stollberg inzwischen aus der Kriegsgefangenschaft entlassen waren, begannen erneute Ermittlungen. Diese Ermittlungen führten zur Anklageerhebung gegen Peilstöcker und Stollberg und zu einer weiteren Verhandlung wegen der Brandstiftung vor dem Landgericht Marburg am 8. und 11. August 1950.
Am 11. August 1950 wird folgendes Urteil gesprochen:
Der Angeklagte Stollberg wird wegen Anstiftung zum schweren Landfriedensbruch in Tateinheit mit Aufforderung zur schweren Brandstiftung zu einem Jahr sechs Monaten Gefängnis verurteilt.
Der Angeklagte Peilstöcker wird freigesprochen.
Sowohl Stollberg als auch die Staatsanwaltschaft legten Revision gegen das Urteil ein. Die Revisionen wurden am 6. Juni 1951 vom OLG Frankfurt verworfen, das Urteil wurde rechtskräftig. Stollberg trat am 21.7.1952 seine Haft an und verbüßte ein Jahr, der Rest wurde auf dem Gnadenweg zur Bewährung ausgesetzt.
Auf Grund der Beweisaufnahme und der Urteile im Stollberg-Verfahren wurde das Verfahren gegen Hans Steih, der bereits fast zwei Jahre seiner Strafe verbüßt hatte, neu aufgenommen. Das Landgericht Marburg hob am 16.9.1952 das Urteil gegen Steih auf und verurteilte ihn nur noch wegen Aufforderung zur Brandstiftung und zum Landfriedensbruch sowie wegen Land- und Hausfriedensbruch zu einer Zuchthausstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Eine Teilnahme an der Brandstiftung selbst konnte ihm nach Aussage des Gerichts nicht nachgewiesen werden.
Die Gerichte haben also in mehreren Verfahren zwischen 1947 und 1952 4 der angeklagten SA-Männer zu Freiheitsstrafen zwischen 6 und 21 Monaten verurteilt; 3 Angeklagte wurden freigesprochen.
Bei kritischer Würdigung dieser Urteile bleiben über die hier eher vordergründigen Kriterien des Strafgesetzes hinaus doch zahlreiche Fragen offen. Der genaue Ablauf der Brandstiftung ist weiterhin zweifelhaft; die Rolle, die zwei angebliche SD-Männer aus Kassel spielten, ist ungeklärt. Inwieweit die Spitzen von Partei und Kommune in Marburg in das Verbrechen eingeweiht waren und der SA freie Hand ließen, selbst aber im Hintergrund blieben, wurde von den Gerichten nicht weiter untersucht.
Bearbeitet von Günter Lehmann
Gemäß dem Protokoll vom 19.05.1945 ergibt die Vernehmung des späteren Angeklagten Groos , dass am Abend des Synagogenbrands folgende "führende Männer der SA... im Fronhof zugegen waren: 1.) Brigadeführer Vielstich, Brigade 48, 2.) Standartenführer Stollberg..."
Erste Vernehmung des Beschuldigten Kurt Stollberg in der Strafsache wegen schwerer Brandstiftung, schwerem Landfriedensbruch, Hausfriedensbruch bzw. Anstiftung dazu. Die Vernehmung wird vom Amtsgericht Idstein am 03.01.1950 vorgenommen.
Verfahren gegen Stollberg und Peilstöcker betr. Synagogenbrandstiftung Marburg.
Öffentliche Sitzung der Strafkammer III des LG Marburg, 1. Verhandlungstag vom 8. August 1950
Zeugenaufruf
Vernehmung der Angeklagten über ihre persönlichen Verhältnisse
Vortrag der Anklage
Erklärung der Angeklagten Stollberg und Peilstöcker zu den Beschuldigungen
Verfahren gegen Stollberg und Peilstöcker betr. Synagogenbrandstiftung Marburg.
Öffentliche Sitzung der Strafkammer III des LG Marburg, 1. Verhandlungstag vom 8. August 1950
Zeugenaussage des bereits 1947 wegen der Synagogenbrandstiftung verurteilten Hans Steih (1938 SA-Sturmführer des Reserve-Sturms 3 in der von Stollberg befehligten Standarte Jäger 11), der sich zur Zeit der Verhandlung noch in Haft befindet
Verfahren gegen Stollberg und Peilstöcker betr. Synagogenbrandstiftung Marburg.
Öffentliche Sitzung der Strafkammer III des LG Marburg, 1. Verhandlungstag vom 8. August 1950
Zeugenaussagen der bereits 1947 wegen der Synagogenbrandstiftung verurteilten Heinrich Völker (1938 SA-Truppführer) und Friedrich Groß (1938 SA-Truppführer)
Verfahren gegen Stollberg und Peilstöcker betr. Synagogenbrandstiftung Marburg.
Öffentliche Sitzung der Strafkammer III des LG Marburg, 1. Verhandlungstag vom 8. August 1950
Zeugenaussage des Brandsachverständigen Dipl.Chemiker Grundmeyer
Verfahren gegen Stollberg und Peilstöcker betr. Synagogenbrandstiftung Marburg.
Öffentliche Sitzung der Strafkammer III des LG Marburg, 1. Verhandlungstag vom 8. August 1950
Zeugenaussage des Bürgermeisters a.D. Walter Voß (1938 Bürgermeister von Marburg, der damalige Oberbürgermeister Scheller ist im Krieg gefallen)
Verfahren gegen Stollberg und Peilstöcker betr. Synagogenbrandstiftung Marburg.
Öffentliche Sitzung der Strafkammer III des LG Marburg, 1. Verhandlungstag vom 8. August 1950
Zeugenaussage von Sofie Müller (Bekannte von Peilstöcker und des Zeugen Völker), Hans Schneider (1938 SA-Mann), Heinrich Rimbach (1938 SA-Truppführer im Nachrichtensturm), Otto Spengler (1938 SA-Truppführer im Nachrichtensturm)
Verfahren gegen Stollberg und Peilstöcker betr. Synagogenbrandstiftung Marburg.
Öffentliche Sitzung der Strafkammer III des LG Marburg, 1. Verhandlungstag vom 8. August 1950
Zeugenaussage von Hans Hilberg (1938 Sturmbannführer der SA), Ludwig Weibezahn (1938 SA-Mann), Wilhelm Möller (1938 Arbeitskollege des Zeugen Albonesy), Ernst Albonesy (1938 SA-Mann), Heinrich Schweinsberger (1938 SA-Mann), Robert Feußner (1938 Hausmeister im Landgrafenhaus der Universität direkt neben der Synagoge)
Verfahren gegen Stollberg und Peilstöcker betr. Synagogenbrandstiftung Marburg.
Öffentliche Sitzung der Strafkammer III des LG Marburg, 1. Verhandlungstag vom 8. August 1950
Zeugenaussage von Fritz Richter, 1938 SA Brigadeführer in Marburg und damit Vorgesetzter von Stollberg
Verfahren gegen Stollberg und Peilstöcker betr. Synagogenbrandstiftung Marburg.
Öffentliche Sitzung der Strafkammer III des LG Marburg, 1. Verhandlungstag vom 8. August 1950
Zeugenaussagen von Otto Klötz (1938 SA-Mann), Georg Kersten (1938 SA Sturmführer des Nachrichtensturms), Richard Hörle (1938 SA-Mann), Johann Burg (1938 Kreisfeuerwehrführer des Landkreises Marburg)
Die Hauptverhandlung wird unterbrochen und auf den 11.08.1950 vertagt.
Kurt Stollberg wird in Untersuchungshaft genommen.
Verfahren gegen Stollberg und Peilstöcker betr. Synagogenbrandstiftung Marburg.
Öffentliche Sitzung der Strafkammer III des LG Marburg, 2. Verhandlungstag vom 11. August 1950
Die Verhandlung wird fortgesetzt.
Zeugenaussagen von Paul Penzler (1938 SA Oberscharführer) und Frieda Wicke (1938 Gastwirtin im Fronhof, des Lokals des SA-Sturms 3 schräg gegenüber der Synagoge)
Verfahren gegen Stollberg und Peilstöcker betr. Synagogenbrandstiftung Marburg.
Öffentliche Sitzung der Strafkammer III des LG Marburg, 2. Verhandlungstag vom 11. August 1950
Befragung der Zeugen und Angeklagten
Abschluß der Beweisaufnahme
Verfahren gegen Stollberg und Peilstöcker betr. Synagogenbrandstiftung Marburg.
Öffentliche Sitzung der Strafkammer III des LG Marburg, 2. Verhandlungstag vom 11. August 1950
Anträge von Staatsanwalt und Verteidigern
Letzte Worte der Angeklagten
Verkündung des Urteils:
Der Angeklagte Stollberg wird wegen Anstiftung zum schweren Landfriedensbruch in Tateinheit mit Aufforderung zur schweren Brandstiftung zu einem Jahr sechs Monaten Gefängnis verurteilt.
Der Angeklagte Peilstöcker wird freigesprochen.
Urteil der Strafkammer III des LG Marburg vom 11. August 1950 in der Strafsache gegen Stollberg und Peilstöcker wegen der Synagogenbrandstiftung Marburg.
(- 2 KLs 13/49 -)
Der Angeklagte Peilstöcker wird freigesprochen.
Teil 4 der schriftlichen Ausfertigung des Urteils
Gegen das Urteil haben sowohl der verurteilte Kurt Stollberg als auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, die aber vom Oberlandesgericht Frankfurt am 6. Juni 1951 beide verworfen wurden, so dass das Urteil des Marburger Landgerichts rechtskräftig wurde.
Urteil der Strafkammer III des LG Marburg vom 11. August 1950 in der Strafsache gegen Stollberg und Peilstöcker wegen der Synagogenbrandstiftung Marburg.
(- 2 KLs 13/49 -)
Der Angeklagte Peilstöcker wird freigesprochen.
Teil 3 der schriftlichen Ausfertigung des Urteils
Gegen das Urteil haben sowohl der verurteilte Kurt Stollberg als auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, die aber vom Oberlandesgericht Frankfurt am 6. Juni 1951 beide verworfen wurden, so dass das Urteil des Marburger Landgerichts rechtskräftig wurde.
Urteil der Strafkammer III des LG Marburg vom 11. August 1950 in der Strafsache gegen Stollberg und Peilstöcker wegen der Synagogenbrandstiftung Marburg.
(- 2 KLs 13/49 -)
Der Angeklagte Peilstöcker wird freigesprochen.
Teil 2 der schriftlichen Ausfertigung des Urteils
Gegen das Urteil haben sowohl der verurteilte Kurt Stollberg als auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, die aber vom Oberlandesgericht Frankfurt am 6. Juni 1951 beide verworfen wurden, so dass das Urteil des Marburger Landgerichts rechtskräftig wurde.
Urteil der Strafkammer III des LG Marburg vom 11. August 1950 in der Strafsache gegen Stollberg und Peilstöcker wegen der Synagogenbrandstiftung Marburg.
(- 2 KLs 13/49 -)
Der Angeklagte Peilstöcker wird freigesprochen.
Teil 1 der schriftlichen Ausfertigung des Urteils
Gegen das Urteil haben sowohl der verurteilte Kurt Stollberg als auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, die aber vom Oberlandesgericht Frankfurt am 6. Juni 1951 beide verworfen wurden, so dass das Urteil des Marburger Landgerichts rechtskräftig wurde.
Einlieferungsnachweis der Straf- und Untersuchungshaftanstalt Wiesbaden zum Haftantritt von Kurt Stollberg am 21.07.1952.
Nach wenigen Wochen wurde er von Wiesbaden in die Strafanstalt Butzbach verlegt.
Bescheid des Hessischen Ministers der Justiz vom 30.04.1953, dass die Vollstreckung der Haft von Kurt Stollberg nach einem Jahr am 20.07.1953 unterbrochen wird und der Rest der Strafe mit einer zweijährigen Bewährungsfrist ausgesetzt wird.
Abgangsmeldung der Strafanstalt Butzbach zur Entlassung von Kurt Stollberg am 20.07.1953.

Die Ausstellung "Landfriedensbruch Kirchhain 1938" befasst sich mit den Ereignissen in der Kleinstadt Kirchhain während des Novemberpogroms 1938. Bemerkenswerterweise kam es hier bereits am 8. November 1938 zu Ausschreitungen gegen örtliche Juden.
Anhand von Gerichtsakten lassen sich die Geschehnisse in Kirchhain recht gut rekonstruieren: Am 8.11. 1938 hat sich eine Gruppe um den späteren Hauptangeklagten Walter Biedermann und die beiden höchsten örtlichen SS-Funktionäre versammelt und den Beschluss gefasst, "einigen Juden das Fell zu reinigen" (siehe Dok 89.2.0). Diese Gruppe nahm dann mehrere tätige Übergriffe vor, im Rahmen derer die Kirchhainer Juden Wertheim. Stern und Haas zum Teil schwer misshandelt worden sind. Zur Villa von Julius Plaut hat sich die Gruppe ebenfalls Zutritt verschafft, ihn aber nicht angetroffen. Zudem sandte die Gruppe eine Abordnung in umliegende Ortschaften, wo weitere Gewalttätigkeiten verübt worden sind.
Durch die Geschehnisse beeindruckt schloss sich auch eine Menge Kirchhainer Bürger der Gruppe um Biedermann und Teichmann an, mit oder unabhängig von denen Privaträume und Geschäfte jüdischer Mitbürger geplündert und verwüstet worden sind sowie die örtliche Synagoge im Innern zerstört worden ist.
Die justizielle Aufarbeitung dieses Falles begann mit einem NSDAP-Gaugerichtsverfahren gegen Biedermann & Co. Dieses sollte ermitteln, ob sich die Beschuldigten als Angehörige nationalsozialistischer Organisationen einer "Pflichtveletzung" schuldig gemacht hätten. Das Gericht befand indes, die Beschuldigten hätten "im gebilligten Rahmen dieser Aktion" gehandelt (siehe Dok 87.1).
Nachdem auf Beschluss des Untersuchungsrichters hin eine Spruchkammer die Geschehnisse untersucht hatte und zu dem Urteil gekommen war, es habe sich nicht um eine "spontane Volskerregung", sondern um eine geplante "Aktion" gehandelt, für deren Zustandekommen Hermann Mandt, Otto Teichmann, Ernst Techmann und Walter Biedermann in besonderer Weise verantwortlich gewesen seien (siehe Dok 87.12.0), klagte Oberstaatsanwalt Hadding u.a. die Gruppe um Biedermann im Dezember 1949 an (siehe Dok 87.16.0).
Ausstellungsraum 2 dokumentiert das angeregte Gerichtsverfahren mitsamt seinen Revisionen und Neuverhandlungen. Erst der Prozess vor dem Landgericht in Kassel im Dezember 1954 brachte ein abschließendes Urteil. Dieses Urteil und die zugehörige Verhandlung sind in Ausstellungsraum 3 dokumentiert. Die Ausstellungsräume 4 und 5 enthalten ergänzende Dokumente aus den Handakten der Staatsanwaltschaft. Ausstellungsraum 6 dokumentiert schließlich das Schicksal des Hauptangeklagten Walter Biedermann, der nach einjähriger Haftstrafe letztlich begnadigt worden ist (siehe Dok 92.5).
MP
Urteil des NSDAP-Gaugerichts Kurhessen gegen Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 17. März 1939.
Die Angeklagten Ernst Teichmann, Otto Teichmann, Willi Schütz, Georg Vaupel, Hermann Mandt, Walter Biedermann, Konrad Neebe, Georg Kleindopf, Heinrich Wisker, Paul Bohl, Wendolin Gruss, Fridolin Gruss und Paul Hausen werden im Prozess wegen "schwerer Misshandlung von Juden" freigesprochen.
Es handelte sich um ein Parteigerichtsverfahren; "eine Pflichtverletzung in ihrer Eigenschaft als Angehörige der Partei, ihren Gliederungen und der D.A.F." konnte den Angeklagten nicht nachgewiesen werden.
Das Verhalten der Beschuldigten im Zuge der "Judenaktion" in Kirchhain am 8.11.1938 fand "im gebilligten Rahmen dieser Aktion" statt.
Vorsitzender: Christofzik
Beisitzer: Sandrock, Brühmann, Schmidt (SA-Brigadeführer), Müller (SS-Standartenführer), Reuther (D.A.F.)
Beschluss des Untersuchungsrichters beim Landgericht Marburg betreffend Voruntersuchungen gegen Beteiligte der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 2. Februar 1948.
Voruntersuchungen wegen "Gewalttätigkeiten gegen politisch andersdenkende Personen" und Hausfriedensbruch im November 1938 gegen Friedolin Gruss, Ernst Teichmann, Otto Teichmann, Willi Schütz, Hermann Mandt, Konrad Neebe, Georg Kleindopf, Heinrich Wisker und Paul Bohl.
Untersuchungen gegen Heinrich Metzler, Walter Biedermann und Karl Noll noch offen.
Abschlussbericht siehe Dok 87.15.
Zeugenaussage von Polizeihauptwachtmeister Kaspar Heilmann betreffend Anweisung zu Dienst in Zivil während der Kirchhainer "Judenaktion" am 8. November, 24. Juni 1946.
Anweisung von Bürgermeister Heinrich Metzler an Heilmann, nicht auf die Straße zu gehen. Während der "Judenaktion" am Abend Wiederholung des Befehls. Später Anweisung, in Zivil auf der Straße Dienst zu leisten.
Zeugenaussage Gendarmerie-Meister Karl Hofacker betreffend Verbot zu Dienst in Uniform während der Kirchhainer "Judenaktion" am 8. November, 22. Juni 1946.
Hofacker hat am Abend des 8. November von Abteilungsführer Mai den Bescheid erhalten, keinen Dienst in Uniform auszuführen.
Erst nach Anruf beim Landratsamt Marburg wegen der Plünderung im Hause Plaut wieder Dienst in Uniform.
Zeugenaussage Regierungsoberinspektor i.R. Ludwig Seufer betreffend Besichtigung Kirchhains am Abend der "Judenaktion" am 8. November 1938, 18. Februar 1948.
Ludwig Seufer war Regierungsinspektor und Sachbearbeiter für polizieliche und politische Angelegenheiten beim Landratsamt Marburg/L.
Seufer wurde vom Landratsamt über Vorgänge in Kirchhain informiert. Nach Gespräch mit Gestapo Anweisung, gegen Misshandlungen von Juden und Plünderungen einzuschreiten.
Bericht über Zerstörung der Inneneinrichtung der Synagoge und Demolierung der Villa Stern in Krichhain, Zerstörung der Synagoge Neustadt, Ausschreitungen in Schweinsberg und Niederklein.
Zeugenaussagen von Verschiedenen zur Ermittlung der Rädelsführer beim Ablauf der Kirchhainer "Judenaktion" 1938, zusammengestellt am 4. April 1948.
Verschiedene Auszüge aus Zeugenaussagen zum Ablauf der "Judenaktion". Aussagen von Heinrich Holz und Georg Becker vor dem Gaugericht, von Konrad Neebe und Anna Schmidt vor der Spruchkammer sowie Auszug aus der Hauptverhandlung des NSDAP-Gaugerichts Kurhessen.
Nach Holz habe sich die HJ verabredet, die Synagoge zu zerstören. Am 2. Juni 1948 hat Holz diese Aussage als unrichtig verworfen (Dokument "Zeugenaussage Holz").
Nach Becker Verprügelung des Juden Wertheim und Plünderung der Synagoge unter dem Kommando von Otto Teichmann. Weil Becker während des Krieges starb, liegen von ihm keine späteren Aussagen vor.
Nach Verhandlung Gaugericht hatten die Angeklagten "den Entschluss gefasst, Juden zu verprügeln".
Zeugenaussage von Heinrich Alexejeff betreffend Hausfriedensbruch der Villa Plaut im Zuge der Kirchhainer "Judenaktion" am 8. November, 7. Mai 1948.
Mit anderen Jugendlichen hat Alexejeff nach 20 Uhr die Haustür der Villa Plaut aufgebrochen. Mit mehreren Jugendlichen und Erwachsenen drang er in die Villa ein.
Bericht des Bezirks-Hauptmann der Gendarmerie Adam Mai über die Kichhainer "Judenaktion" von 1938 an das Militär-Gouvernement Marburg/L., 18. Juli 1945.
Am 8. November 1938 sollte "zum großen Schlag gegen die Juden ausgeholt werden". Die geplanten Aktionen seien Polizei und Gendarmerie unbekannt geblieben. Die Brandstiftung der Synagoge konnte nur knapp verhindert werden.
Bericht über das Ausmaß der Zerstörungen in Kirchhain.
Haupttäter Ernst Teichmann und Fridolin Gruss (beide SS).
In anschließenden Vernehmungen hätten die Opfer die Täter aus Angst nicht benannt.
Zeugenaussage von Polizeimeister i.R. Christian Reith betreffend Verbot von Dienst in Uniform am Abend des Kirchhainer "Judenaktion" 1938, 2. Juni 1948.
Reith habe die Wesiung erhalten, keinen Dienst in Uniform zu verrichten. Er sei daher in Zivil auf die Straße gegangen und löste die Menschenmenge in der Villa Plaut auf.
Zeugenaussage von Bürgermeister Heinrich Metzler betreffend Einschreiten gegen Gewalttätigkeiten und Plünderungen während der Kirchhainer "Judenaktion" 1938, 5. Juni 1948.
Am Abend des 8. November ist Heinrich Metzler als Bürgermeister nach eigener Aussage persönlich gegen Gewalttätigkeiten und Plünderungen eingeschritten und habe "alles getan, um den Juden in Kirchhain [...] Schutz zu gewähren."
Er berichtet von Kritik seitens eines SS-Führers daran, dass in Krichhain die Synagoge nicht zerstört worden sei.
Einen Anruf an die örtlichen Polizisten mit Befehl zu Dienst in Zivil will er nicht gegeben haben.
Zeugenaussage von Ernst Teichmann betreffend Ablauf der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 5. Juli 1948.
Ernst Teichmann hat sich mit Otto Teichmann, Walter Biedermann, Wendolin Gruß und Hermann Mandt getroffen. Er sei an den Gewalttätigkeiten und Plünderungen nicht aktiv beteiligt gewesen und habe sogar geholfen, die Zerstörung der Synagoge zu verhindern.
Ernst Teichmann hat diese Aussage am 6. November ergänzt (siehe Dok 87.15).
Urteil der Spruchkammer Marburg/L. gegen Walter Biedermann betreffend Beteiligung an der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 16. Juli 1948 [Dokumentabschnitt 1].
Walter Biedermann wird von der Spruchkammer in die Gruppe II der Verantwortlichen.
Sein Vermögen wird eingezogen, er unterliegt fortan Wohnungs-, Arbeits- und Aufenthaltsbeschränkungen und trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kirchhainer "Judenaktion" sei nicht "Ausdruck einer spontanen Volkserregung", sondern von höchsten Parteistellen geplant worden. Obwohl ohne offizielles Amt in NSDAP, sei Biedermann Urheber und Hauptverantwortlicher der Aktion gewesen.
Biedermanns Plan habe nur die Misshandlung einiger Kirchhainer Juden vorgesehen, nicht aber Verwüstung und Plünderung.
Neben Biedermann auch erhöhte Verantwortung für Ernst Teichmann, der als SS-Obersturmführer die Aktion hätte verhindern können.
Zusammensetzung Spruchkammer: Hans Martzloff (Vorsitz), Konrad Wagner, Rudolf Gnau, Dietrich Birksenstock, Ernst Feldpausch. Öfftl. Kläger: Ernst Pelz
Aus technischen Gründen ist das Dokument in zwei Abschnitte geteilt:
Abschnitt 2 siehe Dok 87.12.1.
Urteil der Spruchkammer Marburg/L. gegen Walter Biedermann betreffend Beteiligung an der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 16. Juli 1948 [Dokumentabschnitt 2].
Walter Biedermann wird von der Spruchkammer in die Gruppe II der Verantwortlichen eingestuft.
Sein Vermögen wird eingezogen, er unterliegt fortan Wohnungs-, Arbeits- und Aufenthaltsbeschränkungen und trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kirchhainer "Judenaktion" sei nicht "Ausdruck einer spontanen Volkserregung", sondern von höchsten Parteistellen geplant worden. Obwohl ohne offizielles Amt in NSDAP, sei Biedermann Urheber und Hauptverantwortlicher der Aktion gewesen.
Biedermanns Plan habe nur die Misshandlung einiger Kirchhainer Juden vorgesehen, nicht aber Verwüstung und Plünderung.
Neben Biedermann auch erhöhte Verantwortung für Ernst Teichmann, der als SS-Obersturmführer die Aktion hätte verhindern können.
Zusammensetzung Spruchkammer: Hans Martzloff (Vorsitz), Konrad Wagner, Rudolf Gnau, Dietrich Birksenstock, Ernst Feldpausch. Öfftl. Kläger: Ernst Pelz.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in zwei Abschnitte geteilt:
Abschnitt 1 siehe Dok 87.12.0
Verhandlungsprotokoll zum Spruchkammerverfahren betreffend Verhalten der örtlichen Polizeibehörden und Einschreiten gegen die Kirchhainer "Judenaktion" 1938, 5. - 16. Juli 1948 [Dokumentabschnitt 1].
Der Auszug aus dem Verhandlungsprotokoll befasst sich mit den Aussagen der Kirchhainer Polizeibeamten Heilmann, Hofacker, Mai, Reith und dem Bürgermeister Metzler (siehe Dok 87.3, Dok 87.4, Dok 87.8, Dok 87.9 und 87.10).
Alle Polizeibeamten haben den Befehl erhalten, nicht oder nur in Zivil zum Dienst auf die Straße zu gehen. Wer den Befehl dazu gegeben hat, bleibt ungeklärt.
Erst nach Anweisungen aus dem Landratsamt Marburg seien die Polizeibeamten offiziell gegen die Aktion eingeschritten.
Aus technischen Gründen ist das Dokuemnt in zwei Abschnitte geteilt:
Abschnitt 2 siehe Dok 87.13.1.
Verhandlungsprotokoll zum Spruchkammerverfahren betreffend Verhalten der örtlichen Polizeibehörden und Einschreiten gegen die Kirchhainer "Judenaktion" 1938, 5. - 16. Juli 1948.
Der Auszug aus dem Verhandlungsprotokoll befasst sich mit den Aussagen der Kirchhainer Polizeibeamten Heilmann, Hofacker, Mai, Reith und dem Bürgermeister Metzler (siehe Dok 87.3, Dok 87.4, Dok 87.8, Dok 87.9 und 87.10).
Alle Polizeibeamten haben den Befehl erhalten, nicht oder nur in Zivil zum Dienst auf die Straße zu gehen. Wer den Befehl dazu gegeben hat, bleibt ungeklärt.
Erst nach Anweisungen aus dem Landratsamt Marburg seien die Polizeibeamten offiziell gegen die Aktion eingeschritten.
Aus technischen Gründen ist das Dokuemnt in zwei Abschnitte geteilt:
Abschnitt 21 siehe Dok 87.13.0.
Ergänzende Zeugenaussage von Ernst Teichmann betreffend Plan und und Anweisung zur Kirchhainer "Judenaktion" 1938, 6. November 1948.
In Ergänzung seiner Aussage am 5. Juli 1948 (siehe Dok 87.11) schildert Teichmann, dass Walter Biedermann und Wendolin Gruß angesichts der Ausschreitungen in anderen Orten den Plan zum Asudruck gebracht hätten, die Kirchhainer Synagoge in Brand zu setzen. Teichmann selbst habe nicht das Kommando über die Aktion gehabt.
Schlussbericht des Untersuchungsrichters beim Landgericht Marburg betreffend Kirchhainer "Judenaktion" vom 8. November 1938, 18. November 1948.
In seiner abschließenden Berichterstattung der Voruntersuchung (siehe Beschluss zur Voruntersuchung Dok 87.2) teilt der Untersuchungsrichter die Vorgänge am 8. November in Kirchhain in zwei Phasen ein: Führend für die Planung der "Judenaktion" sei Walter Biedermann gewesen, an der Durchführung hätten u.a. Ernst und Otto Teichmann, Hermann Mandt und Heinrich Wisker mitgewirkt.
Bei den Verantwortlichen für die Zerstörung der Inneneinrichtung der Synagoge und den Plünderungen handele es sich um "andere Personen aus Kirchhain und Umgebeung".
Anklageschrift des Oberstaatsanwaltes Hadding in Marburg/L. betreffend Beteiligung an der Kirchhainer "Judenaktion" am 8. November 1938, 15. Dezember 1949 [Dokumentabschnitt 1].
Oberstaatsanwalt Hadding klagt bei der Strafkammer des Landgerichts Marburg/ L. u.a Walter Biedermann, Ernst Teichmann, Otto Teichmann und Hermann Mandt "des schweren Landfriedensbruchs in Tateinheit mit schweren Hausfriedensbruchs und gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung in mehreren Fällen" an.
Außerdem erhebt er Anklage gegen diverse Kirchhainer Bürger, die sich an den Plünderungen und der Zerstörung der Synagogeneinrichtung beteiligt hatten.
Hadding erklärt, dass die Aktion nicht Ausdruck einer Volksempörung gewesen sei, sondern "von den höheren und örtlichen Parteistellen planmäßig inszeniert" worden sei. Die Planung der Aktion durch Biedermann sei mit der SS-Standarte abgesprochen gewesen.
Die Misshandlung der örtlichen jüdischen Einwohner Plaut, Wertheim, Haas und Stern sei unter dem Kommando Otto Teichmanns gestanden.
Ein Teil der Angeklagten habe dann die Synagoge im Innern beschädigt.
Nach Beendigung der "offiziellen" Aktion seien durch "eine über hundertköpfige Menge" weitere Zerstörungen, Plünderungen und Verwüstungen der Synagoge und Wohnhäusern jüdischer Einwohner Kirchhains vorgenommen worden. Gegen diese gemeinschaftliche Aktion sei von den örtlichen Polizeibehörden auf Befehl zunächst kein Widerstand erfolgt.
"Der intellektuelle Urheber und Anstifter der gesamten Aktion" sei Walter Biedermann.
Aufgrund seines Ranges und dem damit verbundenen Einfluss sei auch Ernst Teichmann "in besonderer Weise verantwortlich," ebenfalls Otto Teichmann.
Bürgermeister Metzler wirft Hadding vor, wider besseres Wissen die ihm unterstandenen Polizeikräfte nicht eingesetzt zu haben.
Eine Strafverjährung schließ Hadding aus, weil gegen die vom NSDAP- Gaugericht Kurhessen (siehe Dokument) benannten Täter "aus politischen Gründen" kein Strafverfahren eingeleitet worden ist, "weil die damaligen Staatsorgane entweder das Geschehene billigten oder aber eine Blosstellung des Nationalsozialismus durch Aufdeckung der Beteiligung der nationalsozialistischen Täter, insbesondere der SS-Angehörigen, verhindern wollten".
Aus technischen Gründen ist das Dokument in vier Abschnitte geteilt:
Abschnitt 2 siehe Dok 16.1.
Abschnitt 3 siehe Dok 16.2.
Abschnitt 4 siehe Dok 16.3.
Anklageschrift des Oberstaatsanwaltes Hadding in Marburg/L. betreffend Beteiligung an der Kirchhainer "Judenaktion" am 8. November 1938, 15. Dezember 1949 [Dokumentabschnitt 3].
Oberstaatsanwalt Hadding klagt bei der Strafkammer des Landgerichts Marburg/ L. u.a Walter Biedermann, Ernst Teichmann, Otto Teichmann und Hermann Mandt "des schweren Landfriedensbruchs in Tateinheit mit schweren Hausfriedensbruchs und gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung in mehreren Fällen" an.
Außerdem erhebt er Anklage gegen diverse Kirchhainer Bürger, die sich an den Plünderungen und der Zerstörung der Synagogeneinrichtung beteiligt hatten.
Hadding erklärt, dass die Aktion nicht Ausdruck einer Volksempörung gewesen sei, sondern "von den höheren und örtlichen Parteistellen planmäßig inszeniert" worden sei. Die Planung der Aktion durch Biedermann sei mit der SS-Standarte abgesprochen gewesen.
Die Misshandlung der örtlichen jüdischen Einwohner Plaut, Wertheim, Haas und Stern sei unter dem Kommando Otto Teichmanns gestanden.
Ein Teil der Angeklagten habe dann die Synagoge im Innern beschädigt.
Nach Beendigung der "offiziellen" Aktion seien durch "eine über hundertköpfige Menge" weitere Zerstörungen, Plünderungen und Verwüstungen der Synagoge und Wohnhäusern jüdischer Einwohner Kirchhains vorgenommen worden. Gegen diese gemeinschaftliche Aktion sei von den örtlichen Polizeibehörden auf Befehl zunächst kein Widerstand erfolgt.
"Der intellektuelle Urheber und Anstifter der gesamten Aktion" sei Walter Biedermann.
Aufgrund seines Ranges und dem damit verbundenen Einfluss sei auch Ernst Teichmann "in besonderer Weise verantwortlich," ebenfalls Otto Teichmann.
Bürgermeister Metzler wirft Hadding vor, wider besseres Wissen die ihm unterstandenen Polizeikräfte nicht eingesetzt zu haben.
Eine Strafverjährung schließ Hadding aus, weil gegen die vom NSDAP- Gaugericht Kurhessen (siehe Dokument) benannten Täter "aus politischen Gründen" kein Strafverfahren eingeleitet worden ist, "weil die damaligen Staatsorgane entweder das Geschehene billigten oder aber eine Blosstellung des Nationalsozialismus durch Aufdeckung der Beteiligung der nationalsozialistischen Täter, insbesondere der SS-Angehörigen, verhindern wollten".
Aus technischen Gründen ist das Dokument in vier Abschnitte geteilt:
Abschnitt 1 siehe Dok 16.0.
Abschnitt 2 siehe Dok 16.1.
Abschnitt 4 siehe Dok 16.3.
Anklageschrift des Oberstaatsanwaltes Hadding in Marburg/L. betreffend Beteiligung an der Kirchhainer "Judenaktion" am 8. November 1938, 15. Dezember 1949 [Dokumentabschnitt 4].
Oberstaatsanwalt Hadding klagt bei der Strafkammer des Landgerichts Marburg/ L. u.a Walter Biedermann, Ernst Teichmann, Otto Teichmann und Hermann Mandt "des schweren Landfriedensbruchs in Tateinheit mit schweren Hausfriedensbruchs und gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung in mehreren Fällen" an.
Außerdem erhebt er Anklage gegen diverse Kirchhainer Bürger, die sich an den Plünderungen und der Zerstörung der Synagogeneinrichtung beteiligt hatten.
Hadding erklärt, dass die Aktion nicht Ausdruck einer Volksempörung gewesen sei, sondern "von den höheren und örtlichen Parteistellen planmäßig inszeniert" worden sei. Die Planung der Aktion durch Biedermann sei mit der SS-Standarte abgesprochen gewesen.
Die Misshandlung der örtlichen jüdischen Einwohner Plaut, Wertheim, Haas und Stern sei unter dem Kommando Otto Teichmanns gestanden.
Ein Teil der Angeklagten habe dann die Synagoge im Innern beschädigt.
Nach Beendigung der "offiziellen" Aktion seien durch "eine über hundertköpfige Menge" weitere Zerstörungen, Plünderungen und Verwüstungen der Synagoge und Wohnhäusern jüdischer Einwohner Kirchhains vorgenommen worden. Gegen diese gemeinschaftliche Aktion sei von den örtlichen Polizeibehörden auf Befehl zunächst kein Widerstand erfolgt.
"Der intellektuelle Urheber und Anstifter der gesamten Aktion" sei Walter Biedermann.
Aufgrund seines Ranges und dem damit verbundenen Einfluss sei auch Ernst Teichmann "in besonderer Weise verantwortlich," ebenfalls Otto Teichmann.
Bürgermeister Metzler wirft Hadding vor, wider besseres Wissen die ihm unterstandenen Polizeikräfte nicht eingesetzt zu haben.
Eine Strafverjährung schließ Hadding aus, weil gegen die vom NSDAP- Gaugericht Kurhessen (siehe Dokument) benannten Täter "aus politischen Gründen" kein Strafverfahren eingeleitet worden ist, "weil die damaligen Staatsorgane entweder das Geschehene billigten oder aber eine Blosstellung des Nationalsozialismus durch Aufdeckung der Beteiligung der nationalsozialistischen Täter, insbesondere der SS-Angehörigen, verhindern wollten".
Aus technischen Gründen ist das Dokument in vier Abschnitte geteilt:
Abschnitt 1 siehe Dok 16.0.
Abschnitt 2 siehe Dok 16.1.
Abschnitt 3 siehe Dok 16.2.
Anklageschrift des Oberstaatsanwaltes Hadding in Marburg/L. betreffend Beteiligung an der Kirchhainer "Judenaktion" am 8. November 1938, 15. Dezember 1949 [Dokumentabschnitt 2]
Oberstaatsanwalt Hadding klagt bei der Strafkammer des Landgerichts Marburg/ L. u.a Walter Biedermann, Ernst Teichmann, Otto Teichmann und Hermann Mandt "des schweren Landfriedensbruchs in Tateinheit mit schweren Hausfriedensbruchs und gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung in mehreren Fällen" an.
Außerdem erhebt er Anklage gegen diverse Kirchhainer Bürger, die sich an den Plünderungen und der Zerstörung der Synagogeneinrichtung beteiligt hatten.
Hadding erklärt, dass die Aktion nicht Ausdruck einer Volksempörung gewesen sei, sondern "von den höheren und örtlichen Parteistellen planmäßig inszeniert" worden sei. Die Planung der Aktion durch Biedermann sei mit der SS-Standarte abgesprochen gewesen.
Die Misshandlung der örtlichen jüdischen Einwohner Plaut, Wertheim, Haas und Stern sei unter dem Kommando Otto Teichmanns gestanden.
Ein Teil der Angeklagten habe dann die Synagoge im Innern beschädigt.
Nach Beendigung der "offiziellen" Aktion seien durch "eine über hundertköpfige Menge" weitere Zerstörungen, Plünderungen und Verwüstungen der Synagoge und Wohnhäusern jüdischer Einwohner Kirchhains vorgenommen worden. Gegen diese gemeinschaftliche Aktion sei von den örtlichen Polizeibehörden auf Befehl zunächst kein Widerstand erfolgt.
"Der intellektuelle Urheber und Anstifter der gesamten Aktion" sei Walter Biedermann.
Aufgrund seines Ranges und dem damit verbundenen Einfluss sei auch Ernst Teichmann "in besonderer Weise verantwortlich," ebenfalls Otto Teichmann.
Bürgermeister Metzler wirft Hadding vor, wider besseres Wissen die ihm unterstandenen Polizeikräfte nicht eingesetzt zu haben.
Eine Strafverjährung schließ Hadding aus, weil gegen die vom NSDAP- Gaugericht Kurhessen (siehe Dokument) benannten Täter "aus politischen Gründen" kein Strafverfahren eingeleitet worden ist, "weil die damaligen Staatsorgane entweder das Geschehene billigten oder aber eine Blosstellung des Nationalsozialismus durch Aufdeckung der Beteiligung der nationalsozialistischen Täter, insbesondere der SS-Angehörigen, verhindern wollten".
Aus technischen Gründen ist das Dokument in vier Abschnitte geteilt:
Abschnitt 1 siehe Dok 16.0.
Abschnitt 3 siehe Dok 16.2.
Abschnitt 4 siehe Dok 16.3.

Der zweite Ausstellungsraum zum "Landfriedensbruch Kirchhain" dokumentiert die ersten Gerichtsverfahren in der Bundesrepublik gegen Urheber und Beteiligte an der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938.
Ausgangspunkt für diese Gerichtsverfahren bildeten die Voruntersuchungen der Spruchkammer (siehe Dok 87.12.0) und die Anklage durch den Marburger Oberstaatsanwalt Hadding (siehe Dok 87.16.0).
Die aufgrund von Plünderungen und Verwüstungen in Villa Plaut und Synagoge angeklagten Kirchhainer Bürger wurden zu Beginn des ersten Verfahrens entlastet, Ermittlungen gegen sie eingestellt (siehe Dok 88.1), sodass sich das weitere Verfahren auf die Beteiligten an der die "Aktion" vorbereitenden Sitzung örtlicher SS-Mitglieder sowie den Bürgermeister Metzler konzentrierte. Im ersten Urteilsspruch wurden die Angeklagten weitgehend entlastet, da ihre Urteilskraft durch jahrelange Indoktrinierung und die Erwartungshaltung der nationalsozialistischen Behörden an sie getrübt gewesen sei. Hauptverantwortliche oder Rädelsführer wurden nicht ermittelt (siehe Dok 88.3.0).
Auch in der zweiten Verhandlung, die sich nur noch auf die Angeklagten Walter Biedermann, Hermann Mandt sowie Ernst und Otto Teichmann bezog, wurde eine Rädelsführerschaft eines der Angeklagten entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht nachgewiesen und das Verfahren eingestellt (siehe Dok 88.6.0).
Doch auch dieses zweite Urteil wurde wieder aufgehoben. Der Bundesgerichtshof sah es als erwiesen an, dass die vier angeklagten Rädelsführer gewesen seien und billigte somit die Revision (siehe Dok 88.8.0).
Ein endgültiges Urteil brachte schließlich erst die vierte Verhandlung im Dezember 1954, die in Ausstellungsraum 3 dokumentiert ist (siehe Ausstellungsraum 3).
MP
Beschluss der III. Strafkammer des Landgerichts Marburg betreffend Einstellung des Verfahrens gegen Beteiligte der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 17. März 1950.
Im Zuge des Verfahrens gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" (Anklageschrift siehe Dok 87.16.0) werden diverse Kirchhainer Bürger, die sich während der "Judenaktion" vom 8.11.1938 an Plünderungen beteiligt haben, vom Vorwurf des schweren Landfriedensbruchs freigesprochen.
Urteil des Landgerichts Marburg im Prozess gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 5. Juni 1950 [Dokumentabschnitt 4].
Den u.a. wegen schweren Landfriedensbruchs infolge der Kirchhainer "Judenaktion" Hauptangeklagten Friedolin Gruß, Walter Biedermann, Ernst Teichmann, Otto Teichmann, Hermann Mandt, Konrad Neebe und Heinrich Wisker wird Straffreiheit gewährt; die Angeklagten Heinrich Metzler und Paul Bohl werden aus Mangel an Beweisen frei gesprochen.
Das Urteil bezieht sich auf die Ausschreitungen am 8. November in Kirchhain, Schweinsberg, Niederklein und Neustadt. Bei einer Versammlung der örtlichen SS-Angehörigen am Abend des 8.11. sei der gemeinsame Entschluss gefasst worden, "mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten" an Kirchhainer Juden zu begehen. Die Versammlung sei von W. Biedermann einberufen worden. Die Entschließung zur Kirchhainer "Judenaktion" sei unter dem Eindruck der nationalsozialistischen Propaganda getroffen worden, Anstifter und Rädelsführer seien unter den Angeklagten nicht auszumachen gewesen. Die Erwartungshaltung höherer Parteibehörden habe die Aktion begünstigt und befördert. Der allgemeinen Erwartungshaltung seitens staatlicher Behörden und der Bevölkerung gegenüber seien die lokalen Ordnungskräfte machtlos gewesen. Die jahrelange Indoktrinierung habe zudem die Urteilskraft der Angeklagten getrübt und sie verhindert, das Ausmaß ihrer Aktion zu begreifen.
Daher sei nur ein Strafmaß in Höhe von sechs Monaten angemessen gewesen, dass aufgrund der aktuellen Gesetzgebung (siehe Gesetz zur Straffreiheit 31.12.1949) durch die Interierungsstrafe der Angeklagten unter alliierter Besatzungsherrschaft verbüßt sei.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in fünf Abschnitte unterteilt worden.
Abschnitt 1 siehe Dok 88.3.0
Abschnitt 2 siehe Dok 88.3.1
Abschnitt 3 siehe Dok 88.3.2
Abschnitt 5 siehe Dok 88.3.4
Urteil des Landgerichts Marburg im Prozess gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 5. Juni 1950 [Dokumentabschnitt 5].
Den u.a. wegen schweren Landfriedensbruchs infolge der Kirchhainer "Judenaktion" Hauptangeklagten Friedolin Gruß, Walter Biedermann, Ernst Teichmann, Otto Teichmann, Hermann Mandt, Konrad Neebe und Heinrich Wisker wird Straffreiheit gewährt; die Angeklagten Heinrich Metzler und Paul Bohl werden aus Mangel an Beweisen frei gesprochen.
Das Urteil bezieht sich auf die Ausschreitungen am 8. November in Kirchhain, Schweinsberg, Niederklein und Neustadt. Bei einer Versammlung der örtlichen SS-Angehörigen am Abend des 8.11. sei der gemeinsame Entschluss gefasst worden, "mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten" an Kirchhainer Juden zu begehen. Die Versammlung sei von W. Biedermann einberufen worden. Die Entschließung zur Kirchhainer "Judenaktion" sei unter dem Eindruck der nationalsozialistischen Propaganda getroffen worden, Anstifter und Rädelsführer seien unter den Angeklagten nicht auszumachen gewesen. Die Erwartungshaltung höherer Parteibehörden habe die Aktion begünstigt und befördert. Der allgemeinen Erwartungshaltung seitens staatlicher Behörden und der Bevölkerung gegenüber seien die lokalen Ordnungskräfte machtlos gewesen. Die jahrelange Indoktrinierung habe zudem die Urteilskraft der Angeklagten getrübt und sie verhindert, das Ausmaß ihrer Aktion zu begreifen.
Daher sei nur ein Strafmaß in Höhe von sechs Monaten angemessen gewesen, dass aufgrund der aktuellen Gesetzgebung (siehe Gesetz zur Straffreiheit 31.12.1949) durch die Interierungsstrafe der Angeklagten unter alliierter Besatzungsherrschaft verbüßt sei.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in fünf Abschnitte unterteilt worden.
Abschnitt 1 siehe Dok 88.3.0
Abschnitt 2 siehe Dok 88.3.1
Abschnitt 3 siehe Dok 88.3.2
Abschnitt 4 siehe Dok 88.3.3
Abschnitt 5 siehe Dok 88.3.4
Urteil des Landgerichts Marburg im Prozess gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 5. Juni 1950 [Dokumentabschnitt 3].
Den u.a. wegen schweren Landfriedensbruchs infolge der Kirchhainer "Judenaktion" Hauptangeklagten Friedolin Gruß, Walter Biedermann, Ernst Teichmann, Otto Teichmann, Hermann Mandt, Konrad Neebe und Heinrich Wisker wird Straffreiheit gewährt; die Angeklagten Heinrich Metzler und Paul Bohl werden aus Mangel an Beweisen frei gesprochen.
Das Urteil bezieht sich auf die Ausschreitungen am 8. November in Kirchhain, Schweinsberg, Niederklein und Neustadt. Bei einer Versammlung der örtlichen SS-Angehörigen am Abend des 8.11. sei der gemeinsame Entschluss gefasst worden, "mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten" an Kirchhainer Juden zu begehen. Die Versammlung sei von W. Biedermann einberufen worden. Die Entschließung zur Kirchhainer "Judenaktion" sei unter dem Eindruck der nationalsozialistischen Propaganda getroffen worden, Anstifter und Rädelsführer seien unter den Angeklagten nicht auszumachen gewesen. Die Erwartungshaltung höherer Parteibehörden habe die Aktion begünstigt und befördert. Der allgemeinen Erwartungshaltung seitens staatlicher Behörden und der Bevölkerung gegenüber seien die lokalen Ordnungskräfte machtlos gewesen. Die jahrelange Indoktrinierung habe zudem die Urteilskraft der Angeklagten getrübt und sie verhindert, das Ausmaß ihrer Aktion zu begreifen.
Daher sei nur ein Strafmaß in Höhe von sechs Monaten angemessen gewesen, dass aufgrund der aktuellen Gesetzgebung (siehe Gesetz zur Straffreiheit 31.12.1949) durch die Interierungsstrafe der Angeklagten unter alliierter Besatzungsherrschaft verbüßt sei.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in fünf Abschnitte unterteilt worden.
Abschnitt 1 siehe Dok 88.3.0
Abschnitt 2 siehe Dok 88.3.1
Abschnitt 4 siehe Dok 88.3.3
Abschnitt 5 siehe Dok 88.3.4
Urteil des Landgerichts Marburg im Prozess gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 5. Juni 1950 [Dokumentabschnitt 2].
Den u.a. wegen schweren Landfriedensbruchs infolge der Kirchhainer "Judenaktion" Hauptangeklagten Friedolin Gruß, Walter Biedermann, Ernst Teichmann, Otto Teichmann, Hermann Mandt, Konrad Neebe und Heinrich Wisker wird Straffreiheit gewährt; die Angeklagten Heinrich Metzler und Paul Bohl werden aus Mangel an Beweisen frei gesprochen.
Das Urteil bezieht sich auf die Ausschreitungen am 8. November in Kirchhain, Schweinsberg, Niederklein und Neustadt. Bei einer Versammlung der örtlichen SS-Angehörigen am Abend des 8.11. sei der gemeinsame Entschluss gefasst worden, "mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten" an Kirchhainer Juden zu begehen. Die Versammlung sei von W. Biedermann einberufen worden. Die Entschließung zur Kirchhainer "Judenaktion" sei unter dem Eindruck der nationalsozialistischen Propaganda getroffen worden, Anstifter und Rädelsführer seien unter den Angeklagten nicht auszumachen gewesen. Die Erwartungshaltung höherer Parteibehörden habe die Aktion begünstigt und befördert. Der allgemeinen Erwartungshaltung seitens staatlicher Behörden und der Bevölkerung gegenüber seien die lokalen Ordnungskräfte machtlos gewesen. Die jahrelange Indoktrinierung habe zudem die Urteilskraft der Angeklagten getrübt und sie verhindert, das Ausmaß ihrer Aktion zu begreifen.
Daher sei nur ein Strafmaß in Höhe von sechs Monaten angemessen gewesen, dass aufgrund der aktuellen Gesetzgebung (siehe Gesetz zur Straffreiheit 31.12.1949) durch die Interierungsstrafe der Angeklagten unter alliierter Besatzungsherrschaft verbüßt sei.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in fünf Abschnitte unterteilt worden.
Abschnitt 1 siehe Dok 88.3.0
Abschnitt 3 siehe Dok 88.3.2
Abschnitt 4 siehe Dok 88.3.3
Abschnitt 5 siehe Dok 88.3.4
Urteil des Landgerichts Marburg im Prozess gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 5. Juni 1950 [Dokumentabschnitt 1].
Den u.a. wegen schweren Landfriedensbruchs infolge der Kirchhainer "Judenaktion" Hauptangeklagten Friedolin Gruß, Walter Biedermann, Ernst Teichmann, Otto Teichmann, Hermann Mandt, Konrad Neebe und Heinrich Wisker wird Straffreiheit gewährt; die Angeklagten Heinrich Metzler und Paul Bohl werden aus Mangel an Beweisen frei gesprochen.
Das Urteil bezieht sich auf die Ausschreitungen am 8. November in Kirchhain, Schweinsberg, Niederklein und Neustadt. Bei einer Versammlung der örtlichen SS-Angehörigen am Abend des 8.11. sei der gemeinsame Entschluss gefasst worden, "mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten" an Kirchhainer Juden zu begehen. Die Versammlung sei von W. Biedermann einberufen worden. Die Entschließung zur Kirchhainer "Judenaktion" sei unter dem Eindruck der nationalsozialistischen Propaganda getroffen worden, Anstifter und Rädelsführer seien unter den Angeklagten nicht auszumachen gewesen. Die Erwartungshaltung höherer Parteibehörden habe die Aktion begünstigt und befördert. Der allgemeinen Erwartungshaltung seitens staatlicher Behörden und der Bevölkerung gegenüber seien die lokalen Ordnungskräfte machtlos gewesen. Die jahrelange Indoktrinierung habe zudem die Urteilskraft der Angeklagten getrübt und sie verhindert, das Ausmaß ihrer Aktion zu begreifen.
Daher sei nur ein Strafmaß in Höhe von sechs Monaten angemessen gewesen, dass aufgrund der aktuellen Gesetzgebung (siehe Gesetz zur Straffreiheit 31.12.1949) durch die Interierungsstrafe der Angeklagten unter alliierter Besatzungsherrschaft verbüßt sei.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in fünf Abschnitte unterteilt worden.
Abschnitt 2 siehe Dok 88.3.1
Abschnitt 3 siehe Dok 88.3.2
Abschnitt 4 siehe Dok 88.3.3
Abschnitt 5 siehe Dok 88.3.4
Revision des Oberstaatsanwaltes in Marburg betreffend Urteil vom 5.6.1950 im Prozess gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 26. September 1950.
Oberstaatsanwalt Hadding legt Revision gegen das Urteil vom 5.6.1950 ein, in dem die als Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938 Angeklagten freigesprochen worden waren, bzw. ihnen Straffreiheit gewährt wurde (siehe Dok88.3.0).
Von der Revision ausgeschlossen sind die Urteile gegen Paul Bohl, Heinrich Wisker und Heinrich Metzler.
Die Angeklagten Walter Biedermann, Ernst Teichmann und Otto Teichmann hätten als Rädelsführer angesehen werden müssen, ebenso der Angeklagte Hermann Mandt. Die maßgeblich von den Angeklagten Friedolin Gruß und Konrad Neebe begangenen Auschreitungen in Schweinsberg, Niederklein und Neustadt seien als Landfriedensbruch zu werten.
Vgl. Urteil vom 14.8.1951 (siehe Dok 88.6.0) und Urteil vom 14.12.1954 (siehe Dok 89.3.0).
Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt/M. betreffend Aufhebung Urteil vom 5.6.1950 gegen Walter Biedermann, Ernst und Otto Teichmann, Hermann Mandt als Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 25. April 1951.
Das Oberlandesgericht entspricht dem Antrag des Marburger Staatswanwalts Hadding auf Revision (siehe Dok 88.4) des Urteils vom 5.6.1950 gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938 (siehe Dok 88.3.0) und hebt die Urteile gegen Hermann Mandt, Walter Biedermann sowie Ernst und Otto Teichmann auf.
Urteil des Landgerichts Marburg im Prozess gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 14.August 1951 [Dokumentabschnitt 1].
Die Angeklagten Otto und Ernst Teichmann sowie Walter Biedermann und Hermann Mandt hätten sich zusammen mit anderen SS-Mitgliedern versammelt und haben sich "in der Absicht, mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten gegen Personen zu begehen, öffentlich zusammengerottet und gegen die jüdischen Einwohner Wertheim und Stern auch Gewalttätigkeiten begangen." Obwohl Biedermann die Versammlung einberufen habe und Ernst und Otto Teichmann örtliche SS-Autoritäten gewesen seien, sei ihnen eine Rädelsführerschaft nicht nachzuweisen. Außerdem sei den Angeklagten keine eigenhändige Teilnahme an den Ausschreitungen nachzuweisen, sodass sie betreffend Körperverletzung nur Mittäter seien.
Biedermann habe sich des einfachen Landfriedensbruches in Tateinheit mit schwerem Hausfriedesnbruch schuldig gemacht, die übrigen Angeklagten seien zudem der gefährlichen Körperverletzung schuldig. Die Angeklagten seien in "überaus gemeiner und niederträchtiger Weise vorgegangen" und hätten eine "gewisse moralische Verantwortung" für die weiteren, von der Kirchhainer Bevölkerung begangenen Ausschreitungen zu tragen, hätten aber unter dem Einfluss des Nationalsozialismus gestanden, der die "Judenaktion" "gebilligt und sogar gefördert" habe. Weil für keinen der Angeklagten die zu fällende Strafe über sechs Monate anzusetzen sei, hätten diese die Taten durch die anzurechnende Internierungshaft unter alliierter Besatzung bereits versühnt. Das Verfahren wird eingestellt.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in drei Abschnitte unterteilt worden:
Abschnitt 2 siehe Dok 88.6.1
Abschnitt 3 siehe Dok 88.6.2
Urteil des Landgerichts Marburg im Prozess gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 14.August 1951 [Dokumentabschnitt 3].
Die Angeklagten Otto und Ernst Teichmann sowie Walter Biedermann und Hermann Mandt hätten sich zusammen mit anderen SS-Mitgliedern versammelt und haben sich "in der Absicht, mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten gegen Personen zu begehen, öffentlich zusammengerottet und gegen die jüdischen Einwohner Wertheim und Stern auch Gewalttätigkeiten begangen." Obwohl Biedermann die Versammlung einberufen habe und Ernst und Otto Teichmann örtliche SS-Autoritäten gewesen seien, sei ihnen eine Rädelsführerschaft nicht nachzuweisen. Außerdem sei den Angeklagten keine eigenhändige Teilnahme an den Ausschreitungen nachzuweisen, sodass sie betreffend Körperverletzung nur Mittäter seien.
Biedermann habe sich des einfachen Landfriedensbruches in Tateinheit mit schwerem Hausfriedesnbruch schuldig gemacht, die übrigen Angeklagten seien zudem der gefährlichen Körperverletzung schuldig. Die Angeklagten seien in "überaus gemeiner und niederträchtiger Weise vorgegangen" und hätten eine "gewisse moralische Verantwortung" für die weiteren, von der Kirchhainer Bevölkerung begangenen Ausschreitungen zu tragen, hätten aber unter dem Einfluss des Nationalsozialismus gestanden, der die "Judenaktion" "gebilligt und sogar gefördert" habe. Weil für keinen der Angeklagten die zu fällende Strafe über sechs Monate anzusetzen sei, hätten diese die Taten durch die anzurechnende Internierungshaft unter alliierter Besatzung bereits versühnt. Das Verfahren wird eingestellt.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in drei Abschnitte unterteilt worden:
Abschnitt 1 siehe Dok 88.6.0
Abschnitt 2 siehe Dok 88.6.1
Urteil des Landgerichts Marburg im Prozess gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 14.August 1951 [Dokumentabschnitt 2].
Die Angeklagten Otto und Ernst Teichmann sowie Walter Biedermann und Hermann Mandt hätten sich zusammen mit anderen SS-Mitgliedern versammelt und haben sich "in der Absicht, mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten gegen Personen zu begehen, öffentlich zusammengerottet und gegen die jüdischen Einwohner Wertheim und Stern auch Gewalttätigkeiten begangen." Obwohl Biedermann die Versammlung einberufen habe und Ernst und Otto Teichmann örtliche SS-Autoritäten gewesen seien, sei ihnen eine Rädelsführerschaft nicht nachzuweisen. Außerdem sei den Angeklagten keine eigenhändige Teilnahme an den Ausschreitungen nachzuweisen, sodass sie betreffend Körperverletzung nur Mittäter seien.
Biedermann habe sich des einfachen Landfriedensbruches in Tateinheit mit schwerem Hausfriedesnbruch schuldig gemacht, die übrigen Angeklagten seien zudem der gefährlichen Körperverletzung schuldig. Die Angeklagten seien in "überaus gemeiner und niederträchtiger Weise vorgegangen" und hätten eine "gewisse moralische Verantwortung" für die weiteren, von der Kirchhainer Bevölkerung begangenen Ausschreitungen zu tragen, hätten aber unter dem Einfluss des Nationalsozialismus gestanden, der die "Judenaktion" "gebilligt und sogar gefördert" habe. Weil für keinen der Angeklagten die zu fällende Strafe über sechs Monate anzusetzen sei, hätten diese die Taten durch die anzurechnende Internierungshaft unter alliierter Besatzung bereits versühnt. Das Verfahren wird eingestellt.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in drei Abschnitte unterteilt worden:
Abschnitt 1 siehe Dok 88.6.0
Abschnitt 3 siehe Dok 88.6.2
Revision des Oberstaatsanwaltes in Marburg betreffend Urteil vom 14.8.1951 im Prozess gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 12. Dezember 1951.
Oberstaatsanwalt Dr. Rahn legt gegen das Urteil vom 14.8.1951 (siehe Dok 88.6.0) gegen die als Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938 angeklagten Walter Biedermann sowie Ernst und Otto Teichmann Revision ein.
Die Rädelsführerschaft der drei Personen sei zu Unrecht verneint worden.
Beschluss des Bundesgerichtshofes betreffend Aufhebung Urteil vom 14.8.1951 gegen Walter Biedermann, Ernst und Otto Teichmann, Hermann Mandt als Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 25. Februar 1954 [Dokumentabschnitt 1].
Der Bundesgerichtshof entspricht dem Antrag des Marburger Staatswanwalts Dr. Rahn auf Revision (siehe Dok 88.7) des Urteils vom 14.8.1951 gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938 (siehe Dok 88.6.0) und hebt die Urteile gegen Hermann Mandt, Walter Biedermann sowie Ernst und Otto Teichmann auf, weil es die Angeklagten entgegen des bestehenden Urteils als Rädelsführer ansieht.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in zwei Abschnitte geteilt:
Abschnitt 2 siehe Dok 88.8.1
Beschluss des Bundesgerichtshofes betreffend Aufhebung Urteil vom 14.8.1951 gegen Walter Biedermann, Ernst und Otto Teichmann, Hermann Mandt als Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 25. Februar 1954 [Dokumentabschnitt 2].
Der Bundesgerichtshof entspricht dem Antrag des Marburger Staatswanwalts Dr. Rahn auf Revision (siehe Dok) des Urteils vom 14.8.1951 gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938 (siehe Dok) und hebt die Urteile gegen Hermann Mandt, Walter Biedermann sowie Ernst und Otto Teichmann auf, weil es die Angeklagten entgegen des bestehenden Urteils als Rädelsführer ansieht.

Der Ausstellungsraum 3 dokumentiert den abschließenden Prozess gegen Walter Biedermann, Hermann Mandt und Ernst sowie Otto Teichmann.
Im Urteil wird die Hauptverantwortlichkeit Walter Biedermanns für die Ausschreitungen ermittelt; die Täter erhalten Haftstrafen von einem bis zwei Jahre (siehe Dok 89.3.0).
Die Mitangeklagten hatten im Prozess die Rädelsführerschaft Biedermanns bestätigt, insgesamt die "Aktion" aber als von oberen Parteibehörden angeordnet dargestellt (siehe Dok 89.2.0). Das Urteil wurde vom Bundesgerichtshof bestätigt.
Ein Schlüsseldokument für die Rekonstruierung des Tathergangs ist die Zeugenaussage von Selma Plaut, die eindringlich den Vorgang von Plünderung und Verwüstung ihres Hauses schildert (siehe Dok 89.1).
Durch das erfolgreiche Gnadengesuch Walter Biedermanns wurde das Urteil später abgemildert (siehe Dok 92.5).
MP
Zeugenaussage von Selma Plaut betreffend Tathergang der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 8. Oktober 1954.
Das Haus von Julius und Selma Plaut wurde im Zuge der Kirchhainer "Judenaktion" vom 8.11.1938 verwüstet und geplündert. Nach dem Novemberpogrom wanderte die Familie nach Detroit aus und trat daher zuvor nicht als Zeuge auf.
Zunächst sei ein Gruppe von 6-8 Personen gewaltsam in ihr Haus eingedrungen und habe die Inneneinrichtung verwüstet. Frau Plaut und ihr Hausmädchen seien brutal geschlagen worden. Sie bezeugt, dass Ernst Teichmann, Otto Teichmann, Hermann Mandt und ein gewisser Hesse an der Tat beteiligt gewesen seien.
Später am Abend habe sich eine zweite Menschenmenge Zutritt zum Haus verschafft und die Inneneinricjtung geplündert. Laut ihrem Mann, Julius Plaut, habe einer der Gebrüder Teichmann bei dieser Aktion das Kommando geführt.
Prozessaufzeichnung des Vefahrens gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938 vor dem Landgericht Kassel, 14.-16. Dezember 1954 [Dokumentabschnitt 1].
Unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Dr. Schiffler fand am 14.12.1954 der öffentliche Pozess wegen Landfriedensbruchs gegen Walter Biedermann, Ernst Teichmann, Otto Teichmann und Hermann Mandt statt.
Walter Biedermann gibt an, in Absprache mit der SS-Standarte in Kassel eine Dienstbesprechung in Zivil abgehalten und den Entschluss gefasst zu haben, "einige Juden vorzunehmen". Ausschreitungen und Plünderungen seien nicht geplant gewesen, lediglich eine "Abreibung". Die später am Abend durch breitere Massen vorgenommenen Auscchreitungen stünden nicht in Zusammenhang mit dem Vorgehen der SS, sondern seien von anderer Stelle, möglicherweise der HJ, initiiert worden.
Ernst Teichmann gibt an, die Kirchhainer "Judenaktion" sei von oberen Parteibehörden angeordnet worden. Er selbst sei nur als Mitläufer beteiligt gewesen und verweist auf ein NSDAP-Gerichtsverfahren, im Zuge dessen ihm mangelndes Engagement bei der Durchführung der Aktion vorgeworfen worden war (siehe Dok 87.1).
Otto Teichmann gibt an, über die nötige Befehlsgewalt verfügt zu haben, um die Aktion abzubrechen. Er sei an den Ausschreitungen aber nicht beteiligt gewesen. Die Aktion sei von Biedermann in Absprache mit der SS-Standarte initiiert worden.
Die örtlichen Polizeibeamten geben an, per Dienstbefehl am Abend der "Judenaktion" an einem Einschreiten gehindert worden zu sein. Der Urheber dieses Befehls bleibt unbekannt.
Die Angeklagten werden u.a. des schweren Landfriedens für schuldig befunden:
Biedermann: 2 Jahre Haft
E. Teichmann und O. Teichmann: je 1,5 Jahre Haft
Mandt: 1 Jahr Haft.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in drei Abschnitte unterteilt worden:
Abschnitt 2 siehe Dok 89.2.1
Abschnitt 3 siehe Dok 89.2.2
Prozessaufzeichnung des Vefahrens gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938 vor dem Landgericht Kassel, 14.-16. Dezember 1954 [Dokumentabschnitt 3].
Unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Dr. Schiffler fand am 14.12.1954 der öffentliche Pozess wegen Landfriedensbruchs gegen Walter Biedermann, Ernst Teichmann, Otto Teichmann und Hermann Mandt statt.
Walter Biedermann gibt an, in Absprache mit der SS-Standarte in Kassel eine Dienstbesprechung in Zivil abgehalten und den Entschluss gefasst zu haben, "einige Juden vorzunehmen". Ausschreitungen und Plünderungen seien nicht geplant gewesen, lediglich eine "Abreibung". Die später am Abend durch breitere Massen vorgenommenen Auscchreitungen stünden nicht in Zusammenhang mit dem Vorgehen der SS, sondern seien von anderer Stelle, möglicherweise der HJ, initiiert worden.
Ernst Teichmann gibt an, die Kirchhainer "Judenaktion" sei von oberen Parteibehörden angeordnet worden. Er selbst sei nur als Mitläufer beteiligt gewesen und verweist auf ein NSDAP-Gerichtsverfahren, im Zuge dessen ihm mangelndes Engagement bei der Durchführung der Aktion vorgeworfen worden war (siehe Dok 87.1).
Otto Teichmann gibt an, über die nötige Befehlsgewalt verfügt zu haben, um die Aktion abzubrechen. Er sei an den Ausschreitungen aber nicht beteiligt gewesen. Die Aktion sei von Biedermann in Absprache mit der SS-Standarte initiiert worden.
Die örtlichen Polizeibeamten geben an, per Dienstbefehl am Abend der "Judenaktion" an einem Einschreiten gehindert worden zu sein. Der Urheber dieses Befehls bleibt unbekannt.
Die Angeklagten werden u.a. des schweren Landfriedens für schuldig befunden:
Biedermann: 2 Jahre Haft
E. Teichmann und O. Teichmann: je 1,5 Jahre Haft
Mandt: 1 Jahr Haft.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in drei Abschnitte unterteilt worden:
Abschnitt 1 siehe Dok 89.2.0
Abschnitt 2 siehe Dok 89.2.1
Prozessaufzeichnung des Vefahrens gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938 vor dem Landgericht Kassel, 14.-16. Dezember 1954 [Dokumentabschnitt 2].
Unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Dr. Schiffler fand am 14.12.1954 der öffentliche Pozess wegen Landfriedensbruchs gegen Walter Biedermann, Ernst Teichmann, Otto Teichmann und Hermann Mandt statt.
Walter Biedermann gibt an, in Absprache mit der SS-Standarte in Kassel eine Dienstbesprechung in Zivil abgehalten und den Entschluss gefasst zu haben, "einige Juden vorzunehmen". Ausschreitungen und Plünderungen seien nicht geplant gewesen, lediglich eine "Abreibung". Die später am Abend durch breitere Massen vorgenommenen Auscchreitungen stünden nicht in Zusammenhang mit dem Vorgehen der SS, sondern seien von anderer Stelle, möglicherweise der HJ, initiiert worden.
Ernst Teichmann gibt an, die Kirchhainer "Judenaktion" sei von oberen Parteibehörden angeordnet worden. Er selbst sei nur als Mitläufer beteiligt gewesen und verweist auf ein NSDAP-Gerichtsverfahren, im Zuge dessen ihm mangelndes Engagement bei der Durchführung der Aktion vorgeworfen worden war (siehe Dok 87.1).
Otto Teichmann gibt an, über die nötige Befehlsgewalt verfügt zu haben, um die Aktion abzubrechen. Er sei an den Ausschreitungen aber nicht beteiligt gewesen. Die Aktion sei von Biedermann in Absprache mit der SS-Standarte initiiert worden.
Die örtlichen Polizeibeamten geben an, per Dienstbefehl am Abend der "Judenaktion" an einem Einschreiten gehindert worden zu sein. Der Urheber dieses Befehls bleibt unbekannt.
Die Angeklagten werden u.a. des schweren Landfriedens für schuldig befunden:
Biedermann: 2 Jahre Haft
E. Teichmann und O. Teichmann: je 1,5 Jahre Haft
Mandt: 1 Jahr Haft.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in drei Abschnitte unterteilt worden:
Abschnitt 1 siehe Dok 89.2.0
Abschnitt 3 siehe Dok 89.2.2
Urteil des Landgerichts Kassel im Prozess gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 16. Dezember 1954 [Dokumentabschnitt 4].
Die Angeklagten Walter Biedermann, Ernst Teichmann, Otto Teichmann und Hermann Mandt werden als Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938 verurteilt.
Haftstrafen: Biedermann 2 Jahre, E. Teichmann 1,5 Jahre, O. Teichmann 1,5 Jahre, Mandt 1 Jahr.
Ob die Aktion von der SS-Standarte angeordnet oder auf persönliches Betreiben der Angeklagten zurück ging, kann nicht geklärt werden. Dennoch sei Biedermann, auf dessen Geheiß sich die Angehörigen der Kirchhainer SS zusammen gefunden hätten, "geistiger Urheber" der Aktion gewesen. Seine Rede vor den Versammelten hat allen Beteiligten die innere Motivation zu Gewalttätigkeiten gestiftet.
Ernst und Otto Teichmann als oberste örtliche Repräsentanten der SS seien entgegen ihrer Äußerungen von der Aktion überzeugt gewesen und hätten die Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten innerlich gebilligt. Trotz der zivilen Kleidung der an der Aktion Beteiligten hätten sie über die Möglichkeit verfügt, qua ihrer Stellung innerhalb der SS die Aktion zu verhindern. Als Rädelsführer hätten sie stattdessen den inneren Kern einer sich über die Angehörigen der SS hinaus allmählich vergrößernden zusammengerotteten Menschenmenge gebildet und den "niederen Instinkt der Masse" geweckt. So konnte Menschen aus der Kirchhainer Bevölkerung im Schutz der anonymen Masse Gewalttaten begehen, derer sie sonst wahrscheinlich nicht fähig gewesen wären.
Der "Täterwille" der Angeklagten könne nicht geleugnet werden, unbhängig davon, in welcher Weise sie an den Ausschreitungen, Plünderungen und Misshandlungen selbst beteiligt gewesen sind. Der Unrechtmäßigkeit ihres Vorgehens seien die Angeklagten bewusst gewesen.
Weil Biedermann "in geistiger Hinsicht" hauptverantwortlich ist, übersteigt seine Strafe die von Ernst und Otto Teichmann, die als oberste örtliche SS-Repräsentanten als Rädelsführer anzusehen seien. Mandts Strafe ist geringer ausgefallen, weil er kein Amt der SS bekleidet habe.
Die seitens alliierter Besatzung den Angeklagten verhängte Internierungsstrafe müsse in Zusammenhang mit der "Judenaktion" stehen, sodass die dadurch verbüßte Haftzeit auf das Urteil anzurechnen sei. So reduziert sich die Haftstrafe bei Mandt, Ernst und Otto Teichmann um 1 Jahr, bei Biedermann um 5 Monate.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in fünf Abschnitte unterteilt worden:
Abschnitt 1 siehe Dok 89.3.0
Abschnitt 2 siehe Dok 89.3.1
Abschnitt 3 siehe Dok 89.3.2
Abschnitt 5 siehe Dok 89.3.4
Urteil des Landgerichts Kassel im Prozess gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 16. Dezember 1954 [Dokumentabschnitt 5].
Die Angeklagten Walter Biedermann, Ernst Teichmann, Otto Teichmann und Hermann Mandt werden als Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938 verurteilt.
Haftstrafen: Biedermann 2 Jahre, E. Teichmann 1,5 Jahre, O. Teichmann 1,5 Jahre, Mandt 1 Jahr.
Ob die Aktion von der SS-Standarte angeordnet oder auf persönliches Betreiben der Angeklagten zurück ging, kann nicht geklärt werden. Dennoch sei Biedermann, auf dessen Geheiß sich die Angehörigen der Kirchhainer SS zusammen gefunden hätten, "geistiger Urheber" der Aktion gewesen. Seine Rede vor den Versammelten habe allen Beteiligten die innere Motivation zu Gewalttätigkeiten gestiftet.
Ernst und Otto Teichmann als oberste örtliche Repräsentanten der SS seien entgegen ihrer Äußerungen von der Aktion überzeugt gewesen und hätten die Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten innerlich gebilligt. Trotz der zivilen Kleidung der an der Aktion Beteiligten hätten sie über die Möglichkeit verfügt, qua ihrer Stellung innerhalb der SS die Aktion zu verhindern. Als Rädelsführer hätten sie stattdessen den inneren Kern einer sich über die Angehörigen der SS hinaus allmählich vergrößernden zusammengerotteten Menschenmenge gebildet und den "niederen Instinkt der Masse" geweckt. So konnte Menschen aus der Kirchhainer Bevölkerung im Schutz der anonymen Masse Gewalttaten begehen, derer sie sonst wahrscheinlich nicht fähig gewesen wären.
Der "Täterwille" der Angeklagten könne nicht geleugnet werden, unbhängig davon, in welcher Weise sie an den Ausschreitungen, Plünderungen und Misshandlungen selbst beteiligt gewesen sind. Der Unrechtmäßigkeit ihres Vorgehens seien die Angeklagten bewusst gewesen.
Weil Biedermann "in geistiger Hinsicht" hauptverantwortlich ist, übersteigt seine Strafe die von Ernst und Otto Teichmann, die als oberste örtliche SS-Repräsentanten als Rädelsführer anzusehen seien. Mandts Strafe ist geringer ausgefallen, weil er kein Amt der SS bekleidet habe.
Die seitens alliierter Besatzung den Angeklagten verhängte Internierungsstrafe müsse in Zusammenhang mit der "Judenaktion" stehen, sodass die dadurch verbüßte Haftzeit auf das Urteil anzurechnen sei. So reduziert sich die Haftstrafe bei Mandt, Ernst und Otto Teichmann um 1 Jahr, bei Biedermann um 5 Monate.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in fünf Abschnitte unterteilt worden:
Abschnitt 1 siehe Dok 89.3.0
Abschnitt 2 siehe Dok 89.3.1
Abschnitt 3 siehe Dok 89.3.2
Abschnitt 4 siehe Dok 89.3.3
Urteil des Landgerichts Kassel im Prozess gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 16. Dezember 1954 [Dokumentabschnitt 1].
Die Angeklagten Walter Biedermann, Ernst Teichmann, Otto Teichmann und Hermann Mandt werden als Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938 verurteilt.
Haftstrafen: Biedermann 2 Jahre, E. Teichmann 1,5 Jahre, O. Teichmann 1,5 Jahre, Mandt 1 Jahr.
Ob die Aktion von der SS-Standarte angeordnet oder auf persönliches Betreiben der Angeklagten zurück ging, kann nicht geklärt werden. Dennoch sei Biedermann, auf dessen Geheiß sich die Angehörigen der Kirchhainer SS zusammen gefunden hätten, "geistiger Urheber" der Aktion gewesen. Seine Rede vor den Versammelten hat allen Beteiligten die innere Motivation zu Gewalttätigkeiten gestiftet.
Ernst und Otto Teichmann als oberste örtliche Repräsentanten der SS seien entgegen ihrer Äußerungen von der Aktion überzeugt gewesen und hätten die Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten innerlich gebilligt. Trotz der zivilen Kleidung der an der Aktion Beteiligten hätten sie über die Möglichkeit verfügt, qua ihrer Stellung innerhalb der SS die Aktion zu verhindern. Als Rädelsführer hätten sie stattdessen den inneren Kern einer sich über die Angehörigen der SS hinaus allmählich vergrößernden zusammengerotteten Menschenmenge gebildet und den "niederen Instinkt der Masse" geweckt. So konnte Menschen aus der Kirchhainer Bevölkerung im Schutz der anonymen Masse Gewalttaten begehen, derer sie sonst wahrscheinlich nicht fähig gewesen wären.
Der "Täterwille" der Angeklagten könne nicht geleugnet werden, unbhängig davon, in welcher Weise sie an den Ausschreitungen, Plünderungen und Misshandlungen selbst beteiligt gewesen sind. Der Unrechtmäßigkeit ihres Vorgehens seien die Angeklagten bewusst gewesen.
Weil Biedermann "in geistiger Hinsicht" hauptverantwortlich ist, übersteigt seine Strafe die von Ernst und Otto Teichmann, die als oberste örtliche SS-Repräsentanten als Rädelsführer anzusehen seien. Mandts Strafe ist geringer ausgefallen, weil er kein Amt der SS bekleidet habe.
Die seitens alliierter Besatzung den Angeklagten verhängte Internierungsstrafe müsse in Zusammenhang mit der "Judenaktion" stehen, sodass die dadurch verbüßte Haftzeit auf das Urteil anzurechnen sei. So reduziert sich die Haftstrafe bei Mandt, Ernst und Otto Teichmann um 1 Jahr, bei Biedermann um 5 Monate.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in fünf Abschnitte unterteilt worden:
Abschnitt 2 siehe Dok 89.3.1
Abschnitt 3 siehe Dok 89.3.2
Abschnitt 4 siehe Dok 89.3.3
Abschnitt 5 siehe Dok 89.3.4
Urteil des Landgerichts Kassel im Prozess gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 16. Dezember 1954 [Dokumentabschnitt 3].
Die Angeklagten Walter Biedermann, Ernst Teichmann, Otto Teichmann und Hermann Mandt werden als Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938 verurteilt.
Haftstrafen: Biedermann 2 Jahre, E. Teichmann 1,5 Jahre, O. Teichmann 1,5 Jahre, Mandt 1 Jahr.
Ob die Aktion von der SS-Standarte angeordnet oder auf persönliches Betreiben der Angeklagten zurück ging, kann nicht geklärt werden. Dennoch sei Biedermann, auf dessen Geheiß sich die Angehörigen der Kirchhainer SS zusammen gefunden hätten, "geistiger Urheber" der Aktion gewesen. Seine Rede vor den Versammelten hat allen Beteiligten die innere Motivation zu Gewalttätigkeiten gestiftet.
Ernst und Otto Teichmann als oberste örtliche Repräsentanten der SS seien entgegen ihrer Äußerungen von der Aktion überzeugt gewesen und hätten die Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten innerlich gebilligt. Trotz der zivilen Kleidung der an der Aktion Beteiligten hätten sie über die Möglichkeit verfügt, qua ihrer Stellung innerhalb der SS die Aktion zu verhindern. Als Rädelsführer hätten sie stattdessen den inneren Kern einer sich über die Angehörigen der SS hinaus allmählich vergrößernden zusammengerotteten Menschenmenge gebildet und den "niederen Instinkt der Masse" geweckt. So konnte Menschen aus der Kirchhainer Bevölkerung im Schutz der anonymen Masse Gewalttaten begehen, derer sie sonst wahrscheinlich nicht fähig gewesen wären.
Der "Täterwille" der Angeklagten könne nicht geleugnet werden, unbhängig davon, in welcher Weise sie an den Ausschreitungen, Plünderungen und Misshandlungen selbst beteiligt gewesen sind. Der Unrechtmäßigkeit ihres Vorgehens seien die Angeklagten bewusst gewesen.
Weil Biedermann "in geistiger Hinsicht" hauptverantwortlich ist, übersteigt seine Strafe die von Ernst und Otto Teichmann, die als oberste örtliche SS-Repräsentanten als Rädelsführer anzusehen seien. Mandts Strafe ist geringer ausgefallen, weil er kein Amt der SS bekleidet habe.
Die seitens alliierter Besatzung den Angeklagten verhängte Internierungsstrafe müsse in Zusammenhang mit der "Judenaktion" stehen, sodass die dadurch verbüßte Haftzeit auf das Urteil anzurechnen sei. So reduziert sich die Haftstrafe bei Mandt, Ernst und Otto Teichmann um 1 Jahr, bei Biedermann um 5 Monate.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in fünf Abschnitte unterteilt worden:
Abschnitt 1 siehe Dok 89.3.0
Abschnitt 2 siehe Dok 89.3.1
Abschnitt 4 siehe Dok 89.3.3
Abschnitt 5 siehe Dok 89.3.4
Urteil des Landgerichts Kassel im Prozess gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 16. Dezember 1954 [Dokumentabschnitt 2].
Die Angeklagten Walter Biedermann, Ernst Teichmann, Otto Teichmann und Hermann Mandt werden als Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938 verurteilt.
Haftstrafen: Biedermann 2 Jahre, E. Teichmann 1,5 Jahre, O. Teichmann 1,5 Jahre, Mandt 1 Jahr.
Ob die Aktion von der SS-Standarte angeordnet oder auf persönliches Betreiben der Angeklagten zurück ging, kann nicht geklärt werden. Dennoch sei Biedermann, auf dessen Geheiß sich die Angehörigen der Kirchhainer SS zusammen gefunden hätten, "geistiger Urheber" der Aktion gewesen. Seine Rede vor den Versammelten hat allen Beteiligten die innere Motivation zu Gewalttätigkeiten gestiftet.
Ernst und Otto Teichmann als oberste örtliche Repräsentanten der SS seien entgegen ihrer Äußerungen von der Aktion überzeugt gewesen und hätten die Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten innerlich gebilligt. Trotz der zivilen Kleidung der an der Aktion Beteiligten hätten sie über die Möglichkeit verfügt, qua ihrer Stellung innerhalb der SS die Aktion zu verhindern. Als Rädelsführer hätten sie stattdessen den inneren Kern einer sich über die Angehörigen der SS hinaus allmählich vergrößernden zusammengerotteten Menschenmenge gebildet und den "niederen Instinkt der Masse" geweckt. So konnte Menschen aus der Kirchhainer Bevölkerung im Schutz der anonymen Masse Gewalttaten begehen, derer sie sonst wahrscheinlich nicht fähig gewesen wären.
Der "Täterwille" der Angeklagten könne nicht geleugnet werden, unbhängig davon, in welcher Weise sie an den Ausschreitungen, Plünderungen und Misshandlungen selbst beteiligt gewesen sind. Der Unrechtmäßigkeit ihres Vorgehens seien die Angeklagten bewusst gewesen.
Weil Biedermann "in geistiger Hinsicht" hauptverantwortlich ist, übersteigt seine Strafe die von Ernst und Otto Teichmann, die als oberste örtliche SS-Repräsentanten als Rädelsführer anzusehen seien. Mandts Strafe ist geringer ausgefallen, weil er kein Amt der SS bekleidet habe.
Die seitens alliierter Besatzung den Angeklagten verhängte Internierungsstrafe müsse in Zusammenhang mit der "Judenaktion" stehen, sodass die dadurch verbüßte Haftzeit auf das Urteil anzurechnen sei. So reduziert sich die Haftstrafe bei Mandt, Ernst und Otto Teichmann um 1 Jahr, bei Biedermann um 5 Monate.
Aus technischen Gründen ist das Dokument in fünf Abschnitte unterteilt worden:
Abschnitt 1 siehe Dok 89.3.0
Abschnitt 3 siehe Dok 89.3.2
Abschnitt 4 siehe Dok 89.3.3
Abschnitt 5 siehe Dok 89.3.4
Abschnitt 5 siehe Dok
Schreiben des Rechtsanwaltes von Ernst Teichmann an das Landgericht Marburg betreffend Antrag auf Revision im Verfahren gegen die Beteiligter der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 10. Februar 1955.
Arthur Schmidt legt im Auftrag seines Mandanten Ernst Teichmann Revision gegen das Urteil vom 16.12.1954 (siehe Dok 89.3.0) ein. Die Vergehen Teichmanns seien von der damaligen Staatsführung gebilligt worden und hätten sich nicht außerhalb der gesetzlichen Regelungen befunden. Außerdem sei der Vorgang durch drei Jahre Internierungshaft ausreichend verbüßt.
Beschluss des Bundesgerichtshofes betreffend Zurückweisung der Revision von Walter Biedermann im Prozess um die Kirchhainer "Judenaktion" 1938, 15. Juni 1955.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshof weist die Revision Walter Biedermanns gegen das Urteil vom 16.12.1954 (siehe Dok 89.3.0) als "offensichtlich unbegründet" zurück.

Aufgrund des in dieser Ausstellung angewandten Provenienz-Prinzips enthält der vierte Ausstellungsraum lediglich ein Dokument.
Es handelt sich dabei um den noch in der Nacht vom 8.11. auf den 9.11.1938 vom Kirchhainer Bürgermeister als Ortspolizeibehörde verfassten Bericht über die Ausschreitungen. Aufgezählt werden die angerichteten Schäden, Angaben zu Tätern werden nicht gemacht.
MP
Bericht des Kirchhainer Bürgermeisters an den Landrat in Marburg betreffend Ausschreitungen gegen Juden in Kirchain am 8. November 1938, 9. November 1938.
In Kirchhain ist es am 8. November zu Ausschreitungen gekommen. Das jüdische Gemeindehaus und die Privathäuser von vier jüdischen Bürgern Kirchhains sind Ziel dieser Ausschreitungen geworden. Angaben über Verdächtige werden nicht gemacht.

Ausstellungsraum 4 zeigt Dokumente aus den Ersatzhandakten der Staatsanwaltschaft zum Prozess gegen die Urheber der Kirchhainer "Judenaktion" im August 1951.
An den Marburger Oberstaatsanwalt Rahn war die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft mit der Vermutung herangetreten, die Marburger Justiz könne in die Vorgänge des Novemberpogroms 1938 im Vorfeld informiert gewesen sein, die gesamte "Aktion" damit gebilligt und gedeckt haben. Derartige Vermutungen konnte Rahn mit seinen Materialien für den Kirchhainer Fall aber nicht bestätigen (siehe Dok 91.1).
Die weiteren Dokumente erörtern eine mögliche Revision gegen das Urteil vom 14. August 1951 (siehe Dok 88.6.0).
MP
Schreiben des Oberstaatsanwalts Marburg/L. an den Generalstaatsanwalt Frankfurt/M. betreffend mögliche Einweihung der Staatsanwaltschaft in die Kirchhainer "Judenaktion" vom 8. November 1938, 26. August 1951.
Oberstaatsanwalt Dr. Rahn kann nicht durch Zeugenaussagen bestätigen, dass die damalige Marburger Staatsanwaltschaft in die Vorgänge vom 8. November im Zuge der Kirchhainer "Judenaktion" eingeweiht gewesen sein könnte. Dieser Vorwurf war Bestandteil eines Ehrengerichtsverfahrens auf Anklage Josef Klibanskys.
Dr. Rahn verweist auf die Zeugenaussage von Adam Mai, der die Marburger Justiz für ihre fahrlässige Arbeit bei der Aufklärung der Kirchhainer "Judenaktion" rügt.
Josef Klibansky hatte bis 1923 in Marburg und Frankfurt Jura studiert und war seit 1928 Anwalt beim Oberlandesgericht Frankfurt/M. Mit dem "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7. 4. 1933 verlor er seine Anstellung. Nach 1945 vertrat er zahlreiche jüdische Kläger gegen den Nationalsozialismus, vgl. http://www.rechtsanwaltskammer-ffm.de/raka/rub_aboutus/archive/AnwaltOhneRecht/10_Klibansky.PDF.
Aufsehen erregte Klibansky im Zuge des sog. Auerbach-Prozesses. Im Oktober 1952 lief gegen ihn ein Ehrengerichtsverfahren. Er wurde als Vertreter der "Jüdischen Industrie- und Handelsank Frankfurt" u.a. der Untreue angeklagt und schließlich verurteilt, vgl. http://books.google.de/books?id=xJ8ounvAd5YC&pg=PA335&lpg=PA335&dq=josef+klibansky&source=bl&ots=M6Gwzp2kQ6&sig=4yuEqR5NUqyTKlM0ol2ShRSScDs&hl=de&ei=EJMKS4SUM4_K_ga34L3QBA&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=9&ved=0CCcQ6AEwCA#v=onepage&q=josef%20klibansky&f=false
Schreiben des Oberstaatsanwaltes in Marburg an den hessischen Justizminister betreffend Revision im Gerichtsverfahren der Kirchhainer "Judenaktion" 1938, 17. September 1951.
Über den Generalstaatsanwalt in Frankfurt/M., Erich Rosenthal-Pelldram, sendet Dr. Rahn dem hessischen Justizminister seinen Bericht zur Revision zu. Die Angeklagten Mandt, Ernst Teichmann und Otto Teichmann seien von dem Vorwurf der Rädelsführerschaft zu Unrecht freigesprochen worden.
Der Frankfurter Generalstaatsanwalt unterstützt dieses Ansinnen.
Schreiben des Rechtsanwaltes von Ernst Teichmann an das Landgericht Marburg betreffend Stellungnahme zum Antrag auf Revision im Verfahren gegen die Beteiligter der Kirchhainer "Judenaktion" von 1938, 20. Dezember 1951.
Arthur Schmidt erwidert als Rechtsanwalt von Ernst Teichmann auf den Revisionsantrag des Marburger Oberstaatsanwaltes (vgl. Dok 91.2), dass die bisherigen Verfahren eindeutig erwiesen hätten, dass Teichmann nicht als Rädelsführer in Frage komme, die Ausschreitungen sogar zu mildern versucht habe. Die Revision sei also unbegründet.

Im Ausstellungsraum 6 befinden sich die Dokumente des Vollstreckungsheftes des Marburger Staatsanwaltschaft betreffend Walter Biedermann.
Die Dokumente zeigen die Vollstreckung des Urteils vom 16. Dezember 1954 (siehe Dok 89.3.0) und das Bemühen Walter Biedermanns, über ein Gnadengesuch die Abmilderung dieses Urteils zu erwirken (siehe Dok 92.3).
Ohne nähere Angabe von Gründen wurde das Gnadengesuch schließlich nach vormaliger Zurückweisung angenommen (siehe Dok 92.5).
MP
Vollstreckung des Urteils des Landgerichts Kassel vom 16.12.1954 gegen Walter Biedermann betreffend Beteiligung an der "Judenaktion" vom 8. November 1938 in Kirchhain, 8. November 1955.
Das Urteil über zwei Jahre Gefängnishaft gegen Walter Biedermann wird vollstreckt.
Haftbefehl gegen Walter Biedermann nach Urteil des Landgerichts Kassel vom 16.12.1954 betreffend "Judenaktion" in Kirchhain am 8. November 1938, 17. Februar 1956.
Der Haftbefehl bezieht sich auf das Urteil des Landgerichts Kassel vom 16. 12. 1954 über zwei Jahre Gefängnisstrafe gegen Walter Biedermann. Er wird in die Strafanstalt Kassel-Wehlheiden verbracht.
Gnadengesuch von Walter Biedermann nach Verurteilung wegen Beteiligung an der Kirchhainer "Judenaktion vom 8. November 1938, 3. November 1955.
Nach der rechtskräftigen Verurteilung Walter Biedermanns durch die Strafkammer Kassel vom 16. 12. 1954 bittet sein Rechtsanwalt den hessischen Ministerpräsidenten um den Erlass der zu verbüßenden 19-monatigen Gefängnisstrafe.
An den Hauptausschreitungen am 8. November in Kirchhain sei Biedermann nicht maßgeblich beteiligt gewesen, außerdem sei durch "die damals herrschenden politischen Verhältnisse" seine Urteilskraft "erheblich getrübt" gewesen.
Er habe sein Verbrechen gesühnt und habe sich seither "in jeder Weise einwandfrei geführt".
Schreiben des hessischen Justizministers an den Oberstaatsanwalt in Marburg betreffend Ablehnung des Gnadengesuches von Walter Biedermann, Januar 1956.
Der hessische Justizminister lehnt das Gnadengesuch von Walter Biedermann (siehe Dok. 92.3) ab.
Schreiben des hessischen Justizministers an den Oberstaatsanwalt in Marburg betreffend Ablehnung des Gnadengesuches von Walter Biedermann, Januar 1956.
Der hessische Justizminister nimmt das Gnadengesuch von Walter Biedermann (siehe Dok. 92.3) an. Ihm wird eine Geldbuße von 600,- DM auferlegt.
Vernehmungsniederschrift mit der Aussage von Käthe Schreiber im Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch am 7./8. November 1938 in Bebra, 29. Dezember 1945
Die Zeugin beschreibt das Eindringen und Plündern in einer Wohnung in der Nacht vom 7. auf den 8. November 1938 wie auch die schweren Mißhandlungen von Siegfried Abraham in dessen Wohnung und das Eindringen in die Kellerräume in der Nacht vom 8. auf den 9. November 1938. "Die abziehende Menge war betrunken." Entwendete Möbel seien auf dem damaligen Adolf-Hitler-Platz zusammengebracht und anschließend abgebrannt worden.
Einige der Täter nennt die Zeugin namentlich.
Vernehmigungsprotokolle von fünf Beschuldigten im Fall der Ausschreitungen gegen Juden am 7./8. November 1938 in Bebra beim Amtsgericht in Rotenburg, 11. März 1938.
Zum Teil werden die Beschuldigungen zurückgewiesen, zum Teil zugegeben, wie die Zerstörung von Fensterscheiben und das Eindringen in Wohnungen.
Vernehmungsniederschrift des Zeugen Johannes Heerdt im Verfahren wegen Landfriedensbruchs am 7./8. November 1938 in Bebra, 13. März 1946
H. bestätigt die Anreise von SS-Männern aus Kassel und die Zerstörungen an der Wohnung eines jüdischen Bürgers. Ein Teil der Aussagen beruhen auf "Hörensagen".
Der Polizeimitarbeiter bewertet, dass die "Angaben der Wahrheit entsprechen" dürften.
Vernehmungsprotokoll mit der Aussage von Peter Guenther im Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch am 7./8. November 1938 in Bebra, im März 1946.
Der Zeuge berichtet über das Eindringen von SA-Männern in die Wohnungen von Juden in der Nacht vom 7. auf den 8. November 1938 wie vom Verbrennen von geraubten Inventar auf dem damaligen Adolf-Hitler-Platz in der Nach vom 9. auf den 10. November 1938. G. hatte die Beteiligten erkannt und mit Namen benannt.
Der Polizeimitarbeiter vermerkte, dass die Angaben "der Wahrheit entsprechen" dürften.
Vernehmungsniederschrift mit der Aussage von Berthold Neubelt im Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch am 7./8. November 1938 in Bebra, o. D. (März 1946)
Der Zeuge beschreibt das Eindringen von Männern in die Privatwohnungen von Juden und die Demolierung von Wohnungseinrichtungen. Einzelne Beteiligte benannte er mit Namen, darunter den NSDAP-Kreisleiter Erich Braun.
Vernehmungsniederschrift mit der Aussage von Merte Neubelt im Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch am 7./8. November 1938 in Bebra, o. D. (März 1946)
Die Zeugin beschreibt das Eindringen von Männern in der Wohnung der Familie Oppenheim und die anschließende Zerstörung der Wohnungseinrichtung wie auch das Abholen der restlichen Möbel am nächsten Morgen. Sie benannte einige der Eindringlinge mit Namen.
Nach Einschätzung des Polizeimitarbeiters "scheinen" die Angaben "der Wahrheit zu entsprechen".
Vernehmungsniederschrift mit der Aussage von Paul Zilch im Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch am 7./8. November 1938 in Bebra, o. D. (März 1946)
Der Zeuge, seinerzeit Nachtwächter, beschreibt die Zusammenrottung von etwa 15 Personen und das Zerschlagen von Fensterscheiben von Wohnungen, in denen Juden wohnten. Daneben berichtet er über den vergeblichen Versuch, die Polizei zu aktivieren.
"Die Angaben dürften der Wahrheit entsprechen" schreibt der Polizeimitarbeiter.
Einstellungsverfügung des Oberstaatsanwalts in Kassel an den Staatsanwalt in Hünfeld wegen Ermittlungen anlässlich der Zerstörung der Synagoge in Eiterfeld, 7. Mai 1947: die Zerstörung der Synagoge sei wegen der Baufälligkeit nicht strafverfolgungswürdig.
Urteil des Landgerichts Kassel in der Strafsache gegen Emil Kunkel, Otto Merten und Wilhelm te Lake wegen Brandstiftung der Synagoge in Fulda im November 1938.
Die Verhandlungen fanden unter Leitung von Landgerichtgsrat Uhse am 14. und 15. Juni 1950 statt. Gegenstand war die Brandstiftung an der Synagoge in Fulda in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. Angeklagt waren ehemalige Stadtbaurat Emil Kunkel, der frühere Kriminalobersekretär Merten und der ehemalige Kriminalsekretär te Lake. Als Haupttäter waren der frühere Bürgermeister und NSDAP-Kreisleiter Karl Ehser und der frühere SS-Sturmbannführer Grüner durch die Strafkammer bereits rechtskräftig verurteilt worden.
Der Angeklagte Kunkel wurde zu einer Gefängnisstrafe von 10 Monaten wegen Volltrunkenheit verurteilt. Die beiden anderen Angeklagten wurden freigesprochen.
Im Detail wird der Verlauf der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 beschrieben, wie nach einem ersten Brand in der späten nach ein zweiter Brand gelegt, durch SS-Leute "in auffallend abgetragenen Zivilkleidern ("Räuber-Zivil")". (Bl. 142) Nach Ausbruch des Brands wurde die Feuerwehr zurückgehalten. "Das Übergreifen des Brandes auf die angrenzenden Häuser - ... - wurde verhindert." (Bl.145)

Artikel aus der Oberhessischen Zeitung zur Vorbereitung der Boykottaktionen, 29. März 1933
Im Artikel "Gegenmaßnahmen" wird auf die Vorbereitungen zur Durchführung eines Boykotts von Geschäften mit jüdischen Inhabern hingewiesen. Betont wird, dass dies keine verordnete Aktion sei, sondern eine der "Erregung" über so genannte "Greuelpropaganda" im Ausland.
Titelblatt der Oberhessischen Zeitung mit der Schlagzeile "Der Boykott wird durchgeführt", 31. März 1933
Hier werden den Aufforderungen des "Zentralkomitees zur Abwehr der Boykotthetze" erläutert.
Titelblatt der Oberhessischen Zeitung mit der Schlagzeile "Boykott zunächst nur heute", 1. April 1933
Im Artikel wird eine Erklärung von Propagandaminister Joseph Goebbels referiert.
Titelblatt der Oberhessischen Zeitung mit der Schlagzeile "Der Erfolg der Boykottbewegung", 3. April 1933
Es wird auf den ruhigen, disziplinierten Verlauf hingewiesen wie auf eine veränderte Einstellung in England und Frankreich zu den Aktionen gegen die Juden in Deutschland.
"Spontane Aktionen im ganzen Land/Zahlreiche judenfeindliche Kundgebungen/Empörung über den feigen Meuchelmord" mit dem Verweis auf die Ermordung von Wilhelm Gustlhoff und der Ankündigung von administrativen Maßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung in Deutschland.
Artikel in der Fuldaer Zeitung zum Brand der Synagoge, 10. November 1938 mit den Überschirften: "Fuldaer Synagogen in Flammen/Antijüdische Demonstrationen als Antwort auf den Pariser Meuchelmord". Auch die Zerstörungen der jüdische Friedhöfe wird erwähnt.
Es wird eine Warnung an die jüdische Bevölkerung ausgesprochen.
Artikel in der Kurhessischen Landeszeitung zum Abriss der Synagoge in Kassel, 11. November 1938: "Die Synagoge wird abgerissen/Schandfleck in der Königstraße verschwindet sofort"
Am Ende heißt es: "Damit hat ein wesentliches Stück Hebräergeschichte in Kassel seinen Abschluss gefunden."
Artikel aus der Kurhessischen Landeszeitung mit der Ankündigung weitere Maßnahmen gegen die Juden in Deutschland, 14. November 1938
Der "Volkswille entscheidet Judenfrage" referiert eine Rede von Joseph Goebbels.
s. auch in derselben Ausgabe "Die Antwort an Juda" mit der Verkündigung, dass die Juden 1 Mrd. Mark Sühne zu zahlen hätten
Artikel "Die Antwort an Juda" aus der Kurhessischen Landeszeitung mit der Ankündigung der Einforderung von 1 Milliarde Reichsmark von den deutschen Juden, 14. November 1938
Einfügt: "Juden zahlen 1 Milliarde RM"
Artikel aus dem Rotenburger Tageblatt zur geplanten Ausschließung der Juden aus der deutschen Gesellschaft, 14. November 1938
u.a.
"Slowakei schiebt Juden ab"
"Scheidung zwischen Deutschen und Juden. Dr. Goebbels über die Judenfrage in Deutschland"
"Deutsche Juden völlig judenfrei. Anordnung des Reichserziehungsministers"'
"8 Milliarden Judenvermögen"
Titelseite des Rotenburger Tageblatts zur Geldbuße für die deutschen Juden, 14. November 1938
"Eine Milliarde RM als Buße"
"Wortlaut der Verordnung"
"Reichsminister Goebbels: 'Die Judenfrage wird gelöst'. Abrechnung mit der internationalen Judenhetze"
Titelseite und Ausschnitte aus der Hessischen Rundschau vom 22. November 1938: Titelschlagzeile: "Juden für Deutsch-Ostafrika".
Auf der ersten Seite ebenfalls Auszüge aus Luthers Schrift von 1543 "Von den Juden und ihren Lügen" unter der Überschrift: "Martin Luthers Rezept - Vorschläge zur Lösung der Judenfrage".